dtv | Hardcover | 368 Seiten | €16,95 | A Study in Charlotte | Anja Garlic (Übers.) | Kaufen?
Als der junge Jamie Watson gegen seinen Willen auf das Sherringford Internat geschickt wird, kann er es kaum erwarten die charismatische Charlotte Holmes kennenzulernen, deren Vorfahre Sherlock Holmes seiner Zeit der beste Freund von Jamies Vorfahren John Watson gewesen ist. In seiner Fantasie hat der angehende Schriftsteller bereits spannende Fälle mit Charlotte gelöst - in der Realität scheint sie jedoch nicht viel für ihn übrig zu haben. Als dann jedoch ein Schüler des Internats unter mysteriösen Umständen ums Leben kommt und Jamie und Charlotte in das Visier der Ermittler geraten, machen sich die beiden auf die Suche nach der Lösung des Falls. Und kommen sich dabei viel näher als geahnt.
1. Durch die pinke Schrift, die den Buchdeckel ziert, lässt sich deuten, dass das Buch für eine weibliche Zielgruppe ausgelegt ist. 2. Im Gegensatz dazu gibt sich der Resz des Covers relativ schlicht, was die eben vermutete Aussage wiederlegen könnte. 3. Der beschädigte Rücken des Buches (siehe Bild) warnt davor, den Preisaufkleber unvorsichtig abzuziehen.
Zugegeben: Deduktion muss ich noch üben, das kann Charlotte Holmes weit besser als ich, wenn auch nicht derart überzeugend wie es der echte oder der Serien-Sherlock unter Beweis stellt. Was Punkt eins anbelangt: Jein, das Buch ist aus der Sicht des männlichen Jamie Watson geschrieben, allerdings geht es neben der Mordaufklärung viel um seine Gefühle zu Charlotte und das ist stellenweise schon etwas schwülstig. "Holmes & ich" erzählt die altbekannte Geschichte des Sherlock Holmes neu und in die heutige Zeit versetzt, wobei es hier um die Nachfahren des berühmten Ermittlerpaares Holmes und Watson geht. Eine originelle, wenn auch naheliegende Idee, die weitesgehend funktioniert, dem Leser jedoch zwischenzeitlich das Gefühl der Repetition gibt. Zu sehr eifern die Figuren ihren Vorbildern nach, zu aufgesetzt wirkt die Entwicklung der Beziehung und die Handlung, wenn auch unterhaltsam und spannend, wirkt stellenweise viel zu konstruiert. Aber der Reihe nach.
Als Sherlock-Junkie (und bekennender Watsonfan!) musste ich "Holmes & ich" einfach lesen. Mit dem Schreibstil und der Perspektive weiß Brittany Cavallaro eindeutig zu überzeugen, auch wenn das Buch dann und wann ein wenig sprunghaft erzählt ist und die Handlung macht Spaß und weiß zu unterhalten. Was die Geschichte für mich teilweise unglaubwürdig gemacht hat, waren tatsächlich die Figuren selbst und einige Details, die Cavallaro sich hätte sparen können - oder zumindest feinfühliger hätte behandeln können. Da ist natürlich Jamie, der durch seine verträumte Art und seine schriftstellerischen Ambitionen leicht in die Schublade dieses typischen Träumerjungen hätte abrutschen können, wie man es in so vielen Jugendbücher kennt. Zwar zeigt er diese Eigenschaften hier und da, schafft es aber durch seine Persönlichkeit immer wieder die Balance zu halten. Trotzdem wurde ich nicht hundertprozentig warm mit ihm. Seine beinahe schon fanatischen Züge im Hinblick auf Charlotte konnte ich nicht verstehen - es wirkte so, als müssten die beiden befreundet sein, eben weil ihre Vorfahren Sherlock Holmes und John Watson waren. Die Beweggründe sind mir zu schwach und haben nicht ausgereicht zu verstehen, warum Jamie sich in Charlotte verliebt, auch wenn es natürlich seine Faszination verständlich macht.
Charlotte Holmes hingegen ist eine starke junge Frau, die sich nicht nur der Deduktion, sondern auch den Drogen versprochen hat und sich in vielerlei Hinsicht an ihrem Vorfahr Sherlock Holmes orientiert. Sie spielt Geige, ist ziemlich wirr, arrogant, eigenbrödlerisch und hochintelligent. Cavallaro hat wirklich jeden Register gezogen, um Charlotte dem literarischen Vorbild in jeglicher Hinsicht gleich zu lassen - und hier liegt auch schon das Problem, denn dadurch bleibt "Holmes & ich" einfach nur ein Sherlock Holmes Abklatsch ohne Eigenleben und orientiert sich zu stark an den bereits existierenden Remakes. Zudem hat mich die massive Verherrlichung von Charlottes Drogenproblem wirklich gewundert - für ein Jugendbuch wurde diese Thematik zu lasch behandelt und wirkt einfach nicht authentisch. "Holmes & Ich" hat mich trotz Kritik unterhalten können, doch wirklich überzeugen konnte mich das Buch nicht.