Fangen wir bei den Dingen an, die mich gestört haben - und das immens. "Halva" deutscht extrem herum, wenn ihr versteht, was ich meine. Es hat diese Art und Weise, an der man direkt merkt, dass dieses Buch von einer deutschen Autorin geschrieben wurde und das gerade im Hinblick auf das Verhalten Jugendlicher. Unauthentischer kann man die Jugend von heute eigentlich kaum darstellen, gerade was die Sprache betrifft. Ich kenne niemanden, weder Student, noch Schüler, noch Kind, der derart altmodisch und slanglos redet, wie es in diesem Buch der Fall ist. So verliert die Geschichte öfters mal an Glaubwürdigkeit und wirkte, als wäre es aus der Sicht eines achtzigjährigen geschrieben, wo wir auch direkt bei Protagonist Kai wären, der so ziemlich der aalglatteste und unglaubwürdigste Mensch ist, der mir literarisch je über den Weg gelaufen ist. Warum? Weil er unmenschlich, beinahe aufgesetzt und gekünstelt wirkt. Er verhält sich wie ein Jugendlicher und redet wie ein alter Mann, der schon alles vom Leben gesehen hat und auf seine letzten Tage noch einmal ein Abenteuer in Sachen Liebe erleben will.
Dabei fällt öfters mal auf, wie wenig man auf die Worte der Autorin vertrauen kann. Erst noch wird die Beziehung zwischen Kai und seinem Vater als schwierig dargestellt und plötzlich kommt der neunzehnjährige Kai mit Worten wie "Papa [...] Wenn du jemanden magst... ich meine, so richtig [so wie du Mama geliebt hast] magst. Soll man das gleich sagen?" (S. 116). Bitte? Welcher neunzehnjährige Student fragt denn so was seinen Vater, wenn er geistig auf der Höhe sein soll? Die zweite Protagonistin Halva jedenfalls ist in dieser Hinsicht ein wenig realistischer gezeichnet. Gerade ihren iranischen Hintergrund und generell die kulturellen Wissenseinschübe, die hier oft in den Text eingebaut werden, haben mir sehr gut gefallen und mich extrem interessiert. Die Autorin führt die
Und jetzt kommt das große ABER, denn die Geschichte hat mich ja doch berühren können, mich rasend gemacht und verdammt sauer, denn die familiäre Situation Halvas ist doch zu schockierend, als dass sie einen kalt lassen könnte. Es ist verblüffend, wie schnell Figuren, die man anfangs mochte, plötzlich zu jemand ganz anderem werden und man jegliche Sympathie für sie verlieren kann, aber Alpsten hat das definitiv geschafft. Geschickt und glaubwürdig präsentiert sie die kulturellen, wie moralischen Unterschiede zwischen dem Iran und Deutschland und hat mich damit so manches Mal sehr wütend gemacht. Die letzten hundertfünfzig Seiten des Buches bohrten sich in mein Herz und konnten so leicht nicht mehr herausgezogen werden; tausend kleine Widerhaken stecken noch immer dort fest und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dies auch noch eine Weile so bleiben wird. Die vielen Thematiken und Probleme, die Alpsten in das Zentrum der Geschichte stellt, sind einfach zu faszinierend und gerade in der kurzen Zeitspanne kaum zu lösen. So bleibt auch das Ende sehr unbefriedigend und schreit der Offenheit wegen gerade zu nach einer Fortsetzung, die aber wohl ausbleiben wird.
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Für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars bedanke ich mich sehr herzlich bei