|Rezension| "Gelöscht" von Teri Terry


Ich renne.
Wir befinden uns im London des Jahres 2054, welches durch Lorder (Law & Order Agenten der Regierung) kontrolliert wird. Wie in einem totalitären Staat sind andersdenkende Menschen unerwünscht und mit einem bestimmten Verfahren, auch Slating genannt, werden die Erinnerungen und die Persönlichkeit von Straftätern und Terroristen durch eine Operation am Gehirn vollkommen ausgelöscht. Mit einem Gerät am Arm, dem Levo, das ihre Gefühle kontrolliert sind die so genannten Slater erkennbar. Auch Kyla ist eine von ihnen, doch Kyla ist anders. In ihren schrecklichen Albträumen sieht sie Dinge, die sie vorher nie gesehen hat, Dinge, die eigentlich längst durch das Slating gelöscht sein sollten. Als Kyla schließlich einer neuen Familie zugewiesen wird, beginnt sie immer mehr über die Welt, in der sie lebt, herauszufinden und muss schon bald feststellen, dass nicht immer alles so ist wie es scheint und dass man beinahe niemandem mehr vertrauen kann...
Die dystopische Geschichte um Kyla ist sehr solide und nachdenklich geschrieben, ohne dabei blumig oder verschnörkelt zu sein. Die Autorin versteht sich darauf mit ihrem Schreibstil eine unterschwellige Spannung zu erzeugen und Emotionen sehr gut rüberzubringen, auch wenn sich die Geschichte teilweise ein wenig distanziert angefühlt hat. Der leicht philosophisch-nachdenkliche Touch gibt der Geschichte viel Tiefe und sorgt dafür, dass man Kylas Innenleben immer gut nachvollziehen kann. Das Buch lässt sich flüssig, schnell und auch anspruchsvoll, was dafür sorgt, dass die Seiten nur so fliegen, denn die Geschichte hat mich direkt in ihren Bann gezogen und auch dann noch nicht so ganz losgelassen, als ich die letzte Seite aufgeschlagen hatte.
Es gibt zwei Arten von Dystopien; diejenigen, die von rasanter Action leben und diejenigen, die nachdenklich stimmen und mit ruhiger und unterschwelliger Spannung locken. "Gelöscht" zählt da eher zur zweiten Kategorie, auch wenn
ich mir vorstellen kann, dass sich das mit den Folgebänden zumindest ein wenig ändern wird. Zugegeben: Ich mag die zweite Kategorie sowieso viel lieber als Bücher, die sich von Actionszene zu Actionszene hangeln. Vielleicht liegt es also daran, dass "Gelöscht" mich derart fesseln konnte, obwohl die Handlung in der Mitte des Buches ein wenig durchhängt und leise dahinschleicht - was mich aber eben nur wenig störte. Die Geschichte lebt einfach von diesem durchgängigen Misstrauen jeder Figur gegenüber und versetzt den Leser in einen permanenten Zustand von Abwegen: Vertrauenswürdig? Oder nicht? Aber der Reihe nach...
Die Thematik von "Gelöscht" erfindet das Rad eigentlich nicht wirklich neu. Zwischenzeitlich erinnerte mich das ganze leicht an eine Mischung aus "Die Verratenen" von U. Poznanski und "Skinned" von R. Wasserman, aber trotz der ähnlichen Schiene, die "Gelöscht" fährt, hat die Autorin eine ganz eigene Welt geschaffen, die glaubwürdig und bedrückend wirkt. Womöglich liegt das gerade daran, dass man in diesem ersten Teil recht wenig über die Situation der Stadt und der Regierung erfährt, sondern - ebenso wie Kyla - direkt ins Geschehen hineingeworfen wird und sich fühlt, wie ein Kind, das gerade erst zu sprechen lernt. Hintergrundinformationen gibt es wenig und auch sonst geht man in diesem Buch ziemlich spärlich mit ihnen um - die wenigen Häppchen, die die Autorin jedoch ab und zu streut, reichen aus, um die Spannung konstant zu halten und meine Neugierde zu entfachen.
Ja, ich konnte sogar kaum aufhören zu lesen, obwohl zugegebenermaßen nicht sonderlich viel passiert. Aber das, was passiert, scheint sorgsam ausgewählt und sorgt für eine realistische Stimmung. Es ist diese düstere und unterschwellig spannende Atmosphäre, die mich in einen Zustand leichter Paranoia versetzte und diesem Buch das besondere und gewisse Etwas verleihen konnte. Davon abgesehen weiß die Autorin interessante und dreidimensionale Figuren zu zeichnen, die man erst im Laufe der Geschichte richtig kennenlernt. Protagonistin Kyla wirkte zu Beginn etwas distanziert, sodass es schwer fiel, sich hundertprozentig mit ihr zu identifizieren, doch je mehr der Funke in ihr entfacht wird und je mehr sie über sich selbst herausfindet, desto mehr erwacht sie zum Leben und wird immer interessanter - und das nicht nur für den Leser. Doch auch die Nebenfiguren wissen zu begeistern, jeder scheint sein eigenes kleines Geheimnis zu haben und ich bin mir sicher, dass wir im zweiten Teil noch einige verhängnisvolle Enthüllungen erleben werden.

Was der Autorin besonders gut gelungen ist, ist das Verwischen der Grenzen. Schwarz und Weiß vermengen sich zu einem facettenreichen, grauen Klumpen; was gut sein sollte scheint schlecht zu sein und was zuerst böse wirkt nimmt schließlich eine ganz andere Wendung. Doch auch andere Problematiken spielen eine Rolle, wie beispielsweise das Spielen mit Identität und Menschlichkeit. Zwischen den Zeilen erahnt man die Frage danach, ob geslatete Menschen wirklich Menschen sind
oder lediglich kontrollierte Spitzel der Regierung und diese etwas nachdenklich stimmende Seite des Buches hat mir ziemlich gut gefallen. Ebenso wie das Spiel mit Vertrauen und Misstrauen und der Regierung, die alles zu überwachen scheint. Die ständige Angst irgendwem irgendetwas falsches zu sagen, zieht sich durch das gesamte Buch und eskaliert gegen Ende.
Wo wir gerade beim Ende sind - da ging einiges dann doch ziemlich schnell und der Leser wird nicht nur mit dem ernüchternden Satz "Ende des ersten Bandes", sondern auch mit einem Fragenkatalog zurückgelassen, der ungefähr so dick wie das gesamte Buch erscheint. Es ist schade, dass es auf den letzten fünfzig Seiten plötzlich so zur Sache ging, während anfangs doch alles so ruhig verlief. Hier hat mich auch der männliche Gegenpart Ben sehr überrascht, der eigentlich sehr blass wirkte und plötzlich ein wenig zu farbübersättigt wirkte. In dem Fall bin ich absolut auf den zweiten Band gespannt, der hoffentlich etwas mehr Licht ins Dunkel bringt, zumindest auf ein paar Fragen Antworten hat und womöglich sogar noch rasanter als der erste Band wird.
Löscht dieses Buch auf gar keinen Fall von eurer Wunschliste, wenn ihr nachdenkliche Dystopien mit unterschwelliger Spannung und intelligente Unterhaltung mögt, denn dann könnte die Geschichte um Kyla und ihr Gedächtnis genau das richtige für euch sein. Auch wenn die Geschichte zwischenzeitlich ein wenig vor sich hinplätschert, war sie durchweg spannend und spielt mit den Grenzen zwischen Schwarz und Weiß, genauso wie mit dem Vertrauen gegenüber all den anderen Figuren. Mit einer distantierten Protagonistin, die sich im Laufe des Buches jedoch zum Sympathieträger entwickelt, bietet die Geschichte nicht nur interessante und spannende Unterhaltung, sondern macht zwischenzeitlich paranoid und regt zum Nachdenken an. Für mich ein absolutes Highlight, das ich nicht aus der Hand legen konnte und nun gespannt auf den zweiten Teil warte, der im Frühjahr 2014 erscheinen wird.

Die Autorin mit dem ungewöhnlichen Namen Teri Terry hat schon in Frankreich, Kanada, Australien und England gelebt - mehr Länder als sie zählen kann. Da sie als Kind so oft umgezogen ist, hat sie eine besondere Sicht auf das Leben und mag Charaktere, die nicht dazugehören oder sich an fremden Orten eingewöhnen müssen. Erst kürzlich hat sue ihren Job bei einer Bibliothek in England aufgegeben, um ihrer Leidenschaft Vollzeit nachzugehen: dem Schreiben.
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Für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars bedanke ich mich sehr herzlich bei und

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