Bei der Konzeption einer Trilogie stellt der mittlere Teil für Autoren, Filmemacher usw. immer eine besondere Herausforderung dar, denn er kann einerseits im Gegensatz zu Teil 1 nicht damit punkten, den Einstieg in eine neue Geschichte zu bieten und kann andererseits keine Anziehungskraft aus der Tatsache entwickeln, das Finale der Handlung zu beinhalten. Dabei darf er vom Niveau her gegenüber dem Vorgängers nicht abfallen und muss das Publikum so in den Bann ziehen, dass es nicht vorzeitig von der Fahne geht. Keine einfache Ausgangsposition. Und in einer solchen befindet sich auch der Roman Garyln: Der Schattentanz von Dane Rahlmeyer, der im April 2014 in den Handel kam. Mit ihm legt der Autor den zweiten Band der Schattenraum-Trilogie vor – einem Spin-off der bekannten freien SF-Hörspielserie Rick Future, bei dem der ehemalige Weltraumpirat Garlyn im Zentrum steht. Etwas weniger als ein Jahr mussten die Fans auf diesen Roman warten und nachdem sich Band 1 Garlyn: Das Schattenspiel als Volltreffer herausgestellt hatte (siehe meine damalige Rezension), waren die Erwartungen natürlich riesengroß.
In Garlyn: Der Schattentanz schickt Dane Rahlmeyer Garlyn auf der Suche nach Überlebenden seines Volkes in den Schattenraum – eine Dimension, die neben dem Normal- und dem Hyperraum existiert. Nach einem gefahrvollen Flug erreicht der vielleicht letzte Crondar gemeinsam mit seiner Begleiterin Kirai die Gefängnissphäre Skaya – eine Hohlwelt, die im Sterben liegt. Dies hält jedoch zwei verfeindete Imperien nicht davon ab, einen seit Ewigkeiten tobenden Krieg mit aller Härte weiterzuführen. Garlyn und Kirai geraten zwischen die Fronten, denn beide Seiten sind hinter der Schattenhelix her - einer mächtigen Waffe, die sich in Garlyns Besitz befindet. Wer sie als erster in die Finger bekommt, dem winkt der Sieg in diesem Konflikt. Und für den Triumph sind den Kriegsparteien alle Mittel recht. Garlyns und Kirais Tod mit inbegriffen.
Während Garlyn und Kirai eine ganze Weile brauchen, um sich auf Skaya einigermaßen zurecht zu finden, weiß Dane Rahlmeyer wieder einmal ganz genau, welche Pfad er einschlagen muss, um das Publikum zu überzeugen. Problemlos hätte er der Versuchung erliegen können, die phantasievoll ausgestaltete Hohlwelt und den Konflikt zwischen den Reichen der Organiker und der Maschinisten zur Hauptveranstaltung zu machen – Potential dafür bieten diese Elemente des Romans zweifelsohne. Doch genau das tut der Autor nicht, sondern konzentriert sich stattdessen auf die Entwicklung seiner Protagonisten und stellt deren Beziehung in den Fokus. Indem er sie zwischenzeitlich trennt, zwingt er Kirai und Garlyn, über sich und den jeweils anderen zu reflektieren und sich dabei bewusst werden zu lassen, wie wichtig man inzwischen für einander geworden ist. Und auch Garlyns Reise zu sich selbst findet im Finale dieses Bandes ein Ende, als der letzte Crondar eine Entscheidung trifft, mit der er deutlich macht, dass er mehr ist als die Summe seiner Erbanlagen und Prägungen. Bis es jedoch soweit ist, haben Garlyn und Kirai eine Tour de Force zu bestehen, welche die beiden mehr als einmal an die Grenzen der Belastungsfähigkeit zwingt. Dem Leser kann es nur recht sein, denn dadurch bekommt er mit Garlyn: Der Schattentanz einen Roman mit sehr dichter Atmosphäre, einem hohen Erzähltempo sowie einer ganzen Reihe von spannenden Wendungen geboten, dem die Begriffe Action und Dramatik absolut nicht fremd sind.
Was Dane Rahlmeyer hingegen nicht kennt, ist überflüssige Verbalakrobatik. Wie schon der Vorgänger, so ist auch Band 2 der Schattenraum-Trilogie in einem unaufgeregten klaren Schreibstil verfasst, was ihn zu einer flüssigen und leichtfüßigen Lektüre mit Pageturner-Qualitäten macht. Es wäre beileibe keine Überraschung, wenn es weiten Teilen der Leserschaft so gehen würde wie dem Rezensenten: Diesen Roman aus der Hand zu legen, war keine Option. Und es spielte in diesem Zusammenhang keine Rolle dass Garlyn: Der Schattentanz mit 336 Seiten merklich länger ausgefallen ist als Band 1, denn die Handlung braucht diesen Umfang – Leerlauf sucht man vergeblich. Natürlich wäre es spannend gewesen, genauso viel über die Zivilisation der Maschinisten zu erfahren, wie Rahlmeyer über die Kultur der Organiker verrät, auf die er sich deutlich stärker konzentriert, doch was man über die verfeindeten Kräfte und ihre Beweggründe mitgeteilt bekommt, reicht so oder so aus um zu erkennen, wie bösartig sie sind und dass deren Blindheit die Hohlwelt Skaya zwangsläufig ins Verderben reißen muss. Über all dies verliert der Autor aber auch nicht aus dem Blick, dass er hier den zweiten Teil einer Trilogie erzählt und stellt beizeiten die Weichen für den abschließenden Band Garlyn: Das Schattenherz, der nicht nur die Reise des Crondars beenden wird, sondern auch das Schicksal der Hohlwelt und vielleicht sogar des gesamten Schattenraums entscheidet. Man darf gespannt sein, ob es Dane Rahlmeyer gelingt, die einzelnen Handlungsstränge zu einem gemeinsamen Abschluss zu bringen. Optimismus ist auf jeden Fall angebracht.
Garlyn: Der Schattentanz kann das Niveau des ersten Bandes problemlos halten und lässt die Protagonisten in deren Charakterentwicklung ein ganzes Stück vorankommen. Der Roman erweitert außerdem die Mythologie rund um die Crondar um einige wichtige Elemente und mit ihm bereitet Dane Rahlmeyer das Feld für das Finale der Schattenraum-Trilogie, die nicht nur eine packende Lektüre für bestehende Fans des Rick Future-Universums ist, sondern vielmehr spannende Unterhaltung für alle Anhänger phantasievoller und spannender Science-Fiction bietet. Selten hat mir ein Buch von der ersten bis zur letzten Seite solch einen Spaß gemacht.
Die Fakten:
Titel: Garlyn - Der Schattentanz Autor: Dane Rahlmeyer
Umfang (Printversion): 336 Seiten
Formate: E-Book, Taschenbuch Erscheinungsjahr: 2014 Preise: € 4,99 (E-Book), € 12,99 (Taschenbuch) Bezugsmöglichkeit: Amazon