[Rezension] Für immer mein (Ellen Dunne)

Ellen Dunne: Für immer mein 
[Rezension] Für immer mein (Ellen Dunne)Dass ich auch den zweiten Roman aus der Feder von Ellen Dunne lesen würde, stand außer Frage. Doch als ich erfuhr, worum es darin gehen würde — nämlich um einen Autor auf der Suche nach sich selbst —, war ich umso angetaner. Denn Geschichten, welche das Sein eines Autors tangieren, in welcher Art und Weise auch immer, kann ich nur schwer widerstehen. Hm, warum nur?Noch eine Schippe wurde dieser Vorfreude aufgesetzt, als Ellen Dunne persönlich anbot, mir eines ihrer unlängst erschienenen eBooks zukommen zu lassen. Was sagt man dazu? Danke schön!!![Bildquelle: www.ellen-dunne.com]~ Rezension ~
Wenn die Antwort auf eine brennende Frage Öl ins Feuer gibt.
Er ist Autor geworden. Doch er schreibt weder Kriminalromane noch Fantasy. Es schreibt Biographien. Weshalb er, Tarek Waldmann, sich entschieden hat, gerade diesen schriftstellerischen Weg zu gehen? Weil er selbst als Adoptivkind seine Wurzeln nicht kennt und daher glaubt, keine eigene Geschichte zu haben. Deshalb erzählt er die der anderen. Doch als er einwilligt, die Lebensgeschichte der in Wien lebenden Helga in Worte zu fassen, ahnt er nicht, wie sehr er damit plötzlich doch der eigenen Vergangenheit, die bisher in diffusen Schatten gehüllt war, nahe kommen würde. Allerdings ist diese Mischung aus Vertrautheit und Unbehagen, die er Helga gegenüber empfindet, nicht sein einziges Problem. Denn auch die Begegnung mit seiner ersten Liebe und das Klammern seiner jetzigen Partnerin drängen Tarek dazu, Entscheidungen zu treffen, denen er sich nicht gewachsen fühlt. Mit einem Mal bringt ihn die Zentrifugalkraft des Lebens heftig ins Schlingern.Für ihr zweites Werk, Für immer mein, ließ es sich Ellen Dunne nicht nehmen, die Emotionalität eines Menschen aufs Feinste zu sezieren. Sie schreckte nicht davor zurück, eine historische Ära als Leinwand zu nutzen, die ein polarisierendes Gesellschaftsbild prägte. Sie beweist (erneut), dass ihr Herz für die Komplexität schlägt.Mit Tarek Waldmann erweckte Ellen Dunne eine Hauptfigur zum Leben, auf die wohl die Bezeichnung "harte Schale, weicher Kern" sehr idealtypisch zutrifft. Denn während er sich nach außen als abgeklärt, geläutert und geradlinig entschlossen gibt, brodelt es in ihm und Ungewissheit und Ruhelosigkeit bestimmen seine Berufung. Als Adoptivkind, das aus der ehemaligen DDR stammt, blieb ihm seit jeher seine Herkunft ungeklärt. Eine Tatsache, die ihre Spuren hinterlässt — möge er noch so behütet aufgewachsen sein.An dieser Stelle spielt die Autorin ihren ersten Trumpf aus: die intensive Auseinandersetzung mit einem Schicksal, das eine Stellvertreterrolle einnimmt, und die tiefgründige Reflexion dessen. Dementsprechend modellierte sie auch das übrige Figurenensemble mit großer Detailschärfe, wodurch dem Leser ein breit gefächertes Spektrum an Sichtweisen und Emotionen aufgezeigt wird.Um dies zu unterstreichen, wird die Geschichte abwechselnd aus der Perspektive Tareks, wobei hier ein außenstehender Erzähler ins Bild tritt, und aus dem Blickwinkel Helgas, die als Ich-Erzählerin agiert, wiedergegeben.Was mich sogar noch mehr als jener erste Schachzug Ellen Dunnes beeindruckt hat, ist ihr zweiter Streich. Dieser besteht in einer umwerfend guten Rhetorik, deren Spitze eine Bildmalerei im 3D-Format darstellt. Ob eine Kälte, die sich wie Scherben in die Fußsohlen bohrt, oder eine Zunge, deren Schärfe der eines Floretts gleichkommt — ich wurde schlicht und ergreifend mitgerissen.Hinsichtlich der Handlung kann festgehalten werden, dass der Spannungsbogen, der in einem mehr oder minder offenen Ende mündet, mit zunehmender Länge stets überzeugender wurde. Denn bei diesem Roman handelt es sich nicht nur um eine tragische Familiengeschichte, deren Klärung auf Messers Schneide steht, sondern ebenfalls um einen Krimi, der auf leisen, aber umso akribischer geplanten Sohlen daherschleicht. Clever.In der Summe ein Buch, der von den Bürden des Lebens und den unterschiedlichen Weisen, sich diesen zu stellen, erzählt. Innere Zerrissenheit, Grenzüberschreitung — in mehrfacher Hinsicht — und Endgültigkeit charakterisieren diesen Roman ebenso wie die Bereitschaft zu Neuanfängen. Wer an der Seite markanter Figuren eine Runde auf der Gefühlsachterbahn, deren Ausgang mitunter tödlich sein kann, drehen möchte, dem sei jenes Buch mehr als empfohlen.FZIT: Explosiv. Ergreifend. Eloquent.

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