|Rezension| "Flavia de Luce 01: Mord im Gurkenbeet" von Alan Bradley


http://www.randomhouse.de/penhaligon/ http://www.amazon.de/Flavia-Luce-Mord-Gurkenbeet-Roman/dp/3442376246/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1383318117&sr=8-1&keywords=mord+im+gurkenbeet
Im Wandschrank war es so dunkel, und die Dunkelheit hatte die Farbe von altem Blut.
Als die elfjährige Flavia de Luce im Morgengrauen auf dem Anwesen ihrer Familie einen fremden, sterbenden Mann im hauseigenen Gurkenbeet findet, ist sie... fasziniert. Der Geruch nach Chemikalien, die letzten Worte des Mannes, all das findet Flavia furchtbar spannend - bis ihr Vater der Hauptverdächtige in diesem Mordfall ist. Um seine Unschuld zu beweisen, ermittelt Flavia auf eigene Faust und versucht den Mord um den vergifteten Mann aufzuklären - schließlich ist sie die große Giftmischerin, nicht ihr Vater. Schon bald jedoch muss sie erkennen, dass die Wahrheit manchmal ganz anders ist, als gehofft und das ein Mensch einige Geheimnisse bergen kann.
Britischer Humor, freche Sprüche und ausschweifende Überlegungen - das erwartet den Leser schreibstiltechnisch in "Flavia de Luce: Mord im Gurkenbeet", denn so klein Flavia auch ist - sie hat es faustdick hinter den Ohren. Ihre Gedanken und Überlegungen hätte Sherlock Holmes himself wahrscheinlich nicht besser denken können! So kommt es aber neben der bildreichen und beschreibenden Sprache auch zu einigen Längen, die sich stellenweise wie Kaugummi ziehen. Zwar passt das irgendwie zu der Geschichte, stoppen aber zeitweise doch den Lesefluss merklich. Ansonsten liest sich die Geschichte wunderbar amüsant und angenehm - und macht einfach Spaß.
Sie ist klein, sie trägt eine riesige Zahnspange, sie ist extrem schlau - und sie ist die weibliche und junge Antwort auf Sherlock Holmes! Zumindest fehlt es ihr nicht an dem typisch britischen Charme, noch dazu ist sie experimentierfreudig und liebt die Chemie über alles. Ja, Flavia de Luce ist definitiv eine Marke - und zwar eine mit Wiedererkennungswert. Und ebenso lässt sich auch ihr erster Fall (und das erste Buch) beschreiben: charmant, gewitzt und sehr britisch. Das die Spannung da manches Mal in den Keller geht und es einige Längen gibt, ist da fast gar nicht mehr so wichtig, denn dafür hat Flavia allzeit ihre schlagfertige Ironie bereit, mit welcher sie jedwede Länge in die Flucht zu schlagen weiß. Hinzu kommt diese behagliche Krimiatmosphäre und der Flair des vergangenen Jahrhunderts - warum das lesen sollte? Weil es nicht nur zuckersüß, sondern auch extrem unterhaltsam ist.
Titel und Cover verraten es schon: Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist keine Geringere als Flavia de Luce, die sich uns als freche kleine Göre mit viel Charme präsentiert. Ihre elf Jahre merkt man ihr nicht im Geringsten an, ganz im Gegenteil: ihre neunmalkluge Art daher zu reden und ihre neugierige und unerschütterliche Persönlichkeit machen sie zu einer Figur, mit der man sich gerne identifiziert und die man durch die Seiten weg sehr lieb gewinnen kann, wenn man sich auf die Geschichte einlässt. Auch die anderen Figuren jedoch lassen an behaglichen Charme nicht missen und präsentieren sich als liebevoll gezeichnete Persönlichkeiten, die einzigartig und selbstständig wirken. Jede einzelne scheint besonders für sich zu sein und fasziniert den Leser durchweg. Gerade was Flavias Familie anbelangt wird sich in den Folgebänden wohl (hoffentlich) noch viel tun, damit die verschiedenen Rollen noch besser zu verstehen lernt.

Der Mordfall an sich zieht sich stellenweise zugegebenermaßen ein wenig, einfach, weil Flavia sehr viel recherchieren muss und sich vieles nur theoretisch erarbeiten kann, dennoch gibt es vereinzelte Szenen, die ziemlich abgedreht und gruselig zugleich sind. Das liegt wahrscheinlich an Flavias unerschrockener Art (welche elfjährige ist erfreut über den Anblick einer Leiche? - Wohl nur Flavia) und dem skurrilen und schwarzen britischen Humor, der hier zeitweise durchblitzt. Amüsant ist das Ganze daher auch noch, zum Lachen aber auch wieder nicht. Die Balance zwischen Abgedroschenheit und Ironie wird gut getroffen und so driftet die Geschichte nie ins Unglaubwürdige ab, auch wenn eine Elfjährige, die einen Mordfall löst, unglaubwürdig genug sein dürfte. Es kommt einem dennoch irgendwie sehr natürlich vor.
Das Beste an der Geschichte ist für mich jedoch dieser unverkennbare Charme und dieses Wohlgefühl, dass man die ganze Zeit über beim Lesen hat. Das Buch liest sich einfach wunderbar "schmökerig" weg und versetzt den Leser in eine besondere Zeit, in der es so einiges zu erkunden gibt. Hier spielen auch gerade die liebevollen Details eine Rolle, wie beispielsweise Flavias Leidenschaft für Chemie, die immer wieder in die Geschichte eingebaut wird.
Wäre Sherlock Holmes in ihrem Alter, hätte er sich womöglich in Flavia de Luce verliebt - und nicht nur er, auch ich bin ganz vernarrt in die verrückte, elfjährige Giftmischerin mit der großen Klappe. Ein faszinierend skurriler Krimi und einer jungen und frechen Ermittlerin, der einfach Spaß macht und den man sich nicht entgehen lassen sollte, wenn man Sherlock Holmes (in weiblich und jünger) mag und Ironie zu schätzen weiß. Mit einigen Längen sollte man auch zurecht kommen, aber das tut dem Lesespaß nicht so viel Abbruch, dass ich die Geschichte nicht weiterempfehlen könnte. Der Charme des Buches und der Figuren jedenfalls hat mich sofort gefangen genommen und den Auftakt der Reihe um Flavia zu einem absoluten Comfortread gemacht.


Alan Bradley wurde 1938 geboren und ist in Cobourg in der kanadischen Provinz Ontario aufgewachsen. Nach einer Karriere als Elektrotechniker, die schließlich in der Position des Direktors für Fernsehtechnik am Zentrum für Neue Medien der Universität von Saskatchewan in Saskatoon gipfelte, hat Alan Bradley sich 1994 aus dem aktiven Berufsleben zurückgezogen, um sich nur noch dem Schreiben zu widmen. »Mord im Gurkenbeet« ist sein erster Roman und der in England, USA und Kanada bereits viel umjubelte Auftakt zur Serie um die außergewöhnliche Detektivin Flavia de Luce. Alan Bradley lebt zusammen mit seiner Frau auf Malta. [via Penhaligon]
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