Rezension: Erdapfel – Das Universalgenie – mit Teigtaschen als Dreingabe

Von Magentratzerl


Ich habe das ja schon oft genug erwähnt – ich komme urprünglich aus der Oberpfalz. In dieser relativ kargen Gegend im Nordosten Bayerns waren Kartoffeln schon immer eines der allerwichtigsten Nahrungsmittel. Kartoffeln gehören ganz selbstverständlich auf unseren Speisezettel – sie sind auf keinen Fall wegzudenken. Und so werde ich natürlich neugierig, wenn mir ein Kochbuch angeboten wird, dass sich einzig und allein mit der Kartoffel beschäftigt.

Das Buch kommt von Ulrike Haunschmid. Sie kommt aus Österreich und hat sich dort um die Kartoffel verdient gemacht. Lange Zeit führte sie in Grünau die erste Erdäpfelpension Österreichs. In dieser Pension hat sie ihre Gäste hauptsächlich mit Kartoffeln verköstigt. Sie bot im Prinzip eine Kur an: im Essen sollte die Kartoffel für Gewichtsverlust und Gesundheit sorgen. Auch viele äußere Kur-Anwendung waren im Angebot, mit denen Heilung für viele Krankheiten und Zipperlein angestrebt wurde. Ulkrike Haunschmid  war (ich bin versucht zu schreiben “leider”) auch politisch engagiert und unter anderem einige Jahre im österreichischen Bundesrat. Ihre politische Tätigkeit hat mich allerdings grübeln lassen, ob ich das Buch überhaupt vorstellen soll, denn sie war für die FPÖ aktiv. Und das finde ich, dezent ausgedrückt, in keiner Weise unterstützenswert. Letztendlich habe  ich mich zu einer Rezension durchgerungen, nachdem das Buch ja nicht politisch motiviert ist und sich einzig um die Kartoffel kümmert.

Genau, die Kartoffel: die ist die Hauptperson. Das Buch ist zweigeteilt. Im ersten Teil gibt Kartoffel-Theorie, im zweiten Teil die Rezepte.

Fangen wir also mit der Theorie an. Das ganze beginnt mit den Lebenserinnerungen der Autorin, die allesamt verknüpft sind mit der Kartoffel. Wir erfahren, durch welchen Zufall die Erdäpfelpension entstand und wie die Ideen für kartoffelbasierte Heilbehandlungen entstanden. Weiter geht es mit Ernährungsinformationen zur Kartoffel – und ihrer Heilkraft bei Krankheiten. Es folgen Gesundheits- und Wellnesstipps: so kann man Beschwerden von Verbrennungen durch das Auflegen von rohen Kartoffelscheiben mindern. Muss ich mal probieren, wenn ich wieder zu hitzig war. Das nächste Kapitel widmet sich dem Risikofaktor Übergewicht und wie man es durch eine Erdäpfelkur los wird. Des weiteren gibt es Tipps für die Therapie und Schönheitspflege mit Erdäpfelwickeln oder Erdäpfelbädern und anderen Anwendungen für den Hausgebrauch. Abgeschlossen wird das Kapitel mit Tipps zum Kartoffelanbau.

Jetzt zu den Rezepten: die sind knapp gefaßt und funktionieren im Allgemeinen gut. Eine Ausnahme sind da leider die Brotrezepte – von denen sollte man besser die Finger lassen. Der Rezeptteil startet mit Grundrezepten für Kartoffelteige: Backteig, Hefeteig, Blätterteig….alles ist vertreten. Die folgenden Rezepte sind nach der Speisefolge geordnet: Suppen, Vorspeisen, Hauptgerichte, klassische Beilagen wie Kartoffelpüree oder Knödel, kleine Gerichte, Nachtisch – alles mit Kartoffeln. Es gibt sogar süßes Konfekt oder Marmelade. Die Rezepte spiegeln, so behaupte ich mal, die österreichische Hausmannskost wider. Für viele Rezepte gibt es eine kalorienreduzierte Variante. Spannend ist der Abschluß des Rezeptteils: da kommt die österreichische Kochprominenz zu Wort. Es gibt so spannende Ideen wie Erdäpfel-Sushi von Manfred Buchinger, Interpretation von der Kärtner Nudel mit Kopfsalatcreme und Nussbutterschaum von Thomas Dorfer oder Buchweizen-Bärlauch-Gnocchi von Paul Ivic – steht alles noch auf meiner Liste. Aber ein bißchen was habe ich schon gekocht, bittesehr:

Ihr wisst ja….salzige Knabbereien, damit kriegt man mich. Die Erdapfelstangerl bestehen im Prinzip aus einem mit zerstampften Kartoffeln versetzten Mürbeteig. Der Teig war gut zu bearbeiten und ging ihm Backrohr schön blättrig auf. Und eine feine Knabberei sind die Stangen auch. Volle Punktzahl. Einen Abzug in der B-Note gibt es aber für die akute Suchtgefahr.

Richtig gut gefallen haben mir auch die Kartoffel-Blini. Der Hefeteig besteht tatsächlich in der Hauptsache aus gekochten, zerstampften Kartoffeln. Sonst ist nur ganz wenig Mehl dran, etwas Crème fraîche und Ei. Ich war angetan davon, wie die Blini in der Pfanne zu luftigen kleinen Küchlein aufgingen – mit etwas Crème fraîche und Räucherlachs ein nettes kleines Essen.

Das Rezept für den Pizzaboden stammt aus dem Teil mit den Grundrezepten für Kartoffelteig. Geriebene Kartoffeln werden mit Ei und etwas Mehl vermengt, dünn auf ein Blech gestrichen, vorgebacken und dann belegt. Im Ergebnis war das nicht schlecht – allerdings ließ meine Tochter es nicht als Pizza durchgehen. Ein Foto gibt es nicht…..die “Pizza” ging nach dem Backen eine innige Verbindung mit dem Backpapier und konnte nur in Fetzen abgerupft und verspeist werden….

Wenn es irgendwo ein Rezept für Kartoffelbrot gibt, werde ich gleich hellhörig. Am Kartoffel-Roggenbrot habe ich mir die Zähne ausgebissen. Das Rezept im Buch besteht aus 400 gr. Kartoffeln, 250 gr. Roggenmehl, 375 ml Wasser und einer Packung Frischhefe. Dass das so nicht funktioniert, war mir klar – viel zu viel Flüssigkeit. Mein erster Versuch mit knapp 200 ml Wasser endete als klitschiger Brotfladen. Beim zweiten Mal habe ich nur noch knapp 50 ml Wasser verwendet. Ein Fladen wurde es dann zwar nicht, aber richtig aufgegangen ist das Brot leider auch nicht. Ich vermute mal, dass der Kartoffelanteil einfach zu hoch ist. Geschmacklich waren mir die Kartoffeln auch zu sehr im Vordergrund. Eigentlich wollte ich noch die Kartoffel-Dinkelsemmeln backen. Aber nachdem das Rezepte auf 300 gr. Dinkelmehl und 300 gr. Kartoffeln insgesamt 500 ml Wasser vorsieht, ist mir an dieser Stelle etwas die Lust vergangen.

Das Kartoffelrisotto war ein nettes, einfaches Essen: gewürfelte Kartoffelstückchen werden mit Brühe gekocht wie ein Risotto. Abgeschmeckt wird das ganze mit etwas Balsamico und Parmesan. Da kann man nichts verkehrt machen – und geschmeckt hat das “Risotto” auch allen. Das wird sicher in Zukunft öfter auf den Tisch stehen.

Richtig klasse waren die Kartoffelnockerl aus dem Beilagenteil: hierfür werden gekochte durchpassierte Kartoffeln mit einem Brandteig vermischt. Die Nockerl werden in heißem Fett ausgebacken. Das ist eine wirklich schöne Beilage – außen knusprig, innen weich und luftig. Wir hatten einfach gebratene Pfifferlinge und etwas Soße dazu, aber die Nockerl passen sicher auch zu Fleischgerichten.

Richtig Spaß hatten wir mit den Eräpfelteigtaschen mit Kräuter-Käse-Fülle. Dazu wird der Teig für Erdäpfeltaschen aus dem Grundrezepte-Teil mit einer Füllung aus Frischkäse und Kräutern zusammengebracht. Ich bin ja schon manches Mal an Kartoffelteigen gescheitert, aber dieser hier war klasse: wunderbar zu bearbeiten. Bloß die Füllung war viel zu knapp bemessen; ich hatte sehr viel Teig übrig. 200 gr. Frischkäse sollten reichen. Geschmeckt haben uns die Taschen sehr gut; beim nächsten Mal würde ich aber mehr Füllung vorbereiten. In der Variation gibt es Taschen mit Blutwurst – da soll ein Kilo Blutwurst in die Füllung – bei gleicher Teigmenge.

Ein Fazit? Das Buch liefert im ersten Teil recht viel Wissenswertes über die Kartoffel; viele der Anwendungen und Heilwirkungen waren mir neu. Wer darauf neugierig ist, bekommt gute Ideen und Anleitungen. Die Rezepte sind in Ordnung. Teilweise war ich erstaunt, was mit Kartoffeln alles möglich ist. Ein Großteil der Rezpte ist in der klassischen Hausmannskost beheimatet; wer raffinierteres sucht, freut sich über die Ideen der österreichischen Starköche.

Kartoffelfans können das Buch über den Stocker Verlag bestellen.

Mein Lieblingsrezept? Ganz klar, die Kartoffeltaschen. Bei meiner Vorliebe für Teigtaschen ist das ja kein Wunder….hier ist die Kartoffel im Teig. Die Füllung besteht aus Frischkäse und Kräutern und ist schön frisch und würzig.

Im Original ist die Füllung etwas knapp bemessen; ich habe die Mengen angepasst.

Für den Teig:

  • 400 gr. mehlig kochende Kartoffeln
  • 100 gr. Mehl
  • 1 EL Weizengriess
  • 50 gr. Kartoffelstärke
  • 1 Prise Salz
  • 2 Eigelb

Für die Füllung:

  • 1 Zwiebel
  • 1 Zehe Knoblauch
  • 300 gr. Frischkäse
  • 1 Bund gemischte Kräuter  - nach Gusto, oder was der Garten hergibt
  • 30 gr. Butter
  • Salz, Pfeffer aus der Mühle
  • Basilikum und frisch geriebener Parmesam zum Servieren

Die Kartoffeln waschen, gar dämpfen, dann noch heiß schälen und durch die Kartoffelpresse drücken. Rasch mit allen anderen Zutaten zu einem glatten Teig verarbeiten.

Für die Füllung Zwiebel und Knoblauchzehe abziehen und fein hacken. Von den Kräutern die Blätter abzupfen und diese ebenfalls fein hacken.

Ein wenig Butter in einer Pfanne erhitzen, Zwiebel und Knoblauch darin glasig dünsten, dann die Kräuter unterrühren. Von der Hitze nehmen und den Frischkäse einrühren. Alles mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Teig nochmals kurz mit Mehl bestäuben und rasch durchkneten. Dann auf der leicht bemehlten Arbeitsfläche ca. 3 mm dünn ausrollen und Kreise ausstechen. In die Mitte jeder Scheibe 1 TL Füllung geben, dann die Scheiben zu Halbkreisen zusammenklappen und die Ränder mit einer Gabel zusammendrücken.

In einem großen Topf Salzwasser zum Kochen bringen. Die Teigtaschen einlegen und, wenn nötig, portionsweise, in ca. 10 min garziehen lassen.

Die restliche Butter schmelzen.

Zum Servieren die Teigtaschen mit der geschmolzenen Butter beträufeln und mit in Streifen geschnittenen Basilikumblättchen und Parmesan (ich habe den vergessen….) bestreuen.