Inhalt
»Nach fünf künstlichen Befruchtungen – sowohl mit frischem als auch mit gefrorenem Sperma – haben wir unsere gesamten Ersparnisse aufgebraucht, und unsere Kreditkarten sind am Anschlag.«
Als ihre Ehe mit Max zerbricht, findet Zoe Trost in der Musik. Durch ihre Arbeit als Musiktherapeutin lernt sie Vanessa kennen. Aus der Freundschaft zwischen den beiden Frauen wird bald Liebe. Zoe will ihr Leben mit Vanessa teilen. Die beiden Frauen träumen von einem gemeinsamen Kind. Doch Max tut alles, um dieses Familienglück zu verhindern. Er sucht Rat bei einer radikalen christlichen Gemeinde. Diese kämpft seit Jahren gegen Homosexualität und will nicht zulassen, dass Max’ Zoe »in Sünde« lebt. Max und seine neuen Glaubensbrüder schmieden einen Plan. (Quelle: LübbeAudio)
Meine Meinung
Jodi Picoult ist bekannt für ihre brisanten und sozial-gesellschaftlich kritischen Themen und auch in "Ein Lied für meine Tochter" hält sie sich nicht zurück, uns in einen Topf aus Vorurteilen und Klischees zu werfen.
Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass ein lang ersehnter Kinderwunsch wohl vorerst unerfüllt bleibt, muss Zoe auch noch die Scheidung ihres Mannes Max hinnehmen und steht somit vor den Trümmern ihres Lebens. In Vanessa findet sie eine liebe- und verständnisvolle Freundin, die sie wieder aufbaut und ihr neuen Lebensmut schenkt. Aus Freundschaft wird nach und nach Liebe.
Max hingegen verliert sich in alten Mustern, kämpft um seine Existenz und landet letztendlich in der Kirchengemeinde seines Bruders, die ihn aufnehmen und ihn auf den Weg zu Gott und zu sich selbst begleiten.
Aus der Ehe und dem gemeinsamen Kinderwunsch von Zoe und Max verbleiben 3 eingefrorene Embryonen, die in der Kinderwunschklinik verwahrt werden. Zoe wünscht sich noch immer Kinder und bittet Max um die Erlaubnis, die drei Embryonen "verwenden" zu können. Und damit nimmt das Drama seinen Lauf, denn Max möchte sie ebenfalls, um seinem Bruder und dessen Frau ihren Wunsch nach einem Kind erfüllen zu können. Er verklagt Zoe und zieht vor Gericht, denn seiner Ansicht nach, darf ein Kind nicht von zwei Frauen in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft erzogen werden.
Auch nach dem Beenden dieses Hörbuchs saß ich noch länger vor mich hingrübelnd auf dem Sofa und konnte es kaum fassen, was die Autorin mir hier aufgetischt hat. Schon während des Hörens musste ich mich zusammenreißen, um nicht zwischendurch laut los zu schreien oder auf irgendwas einzuschlagen. Ich bin kein gewalttätiger Mensch, aber dieses weltfremde Denken, welches Max, dessen Anwalt und die oben erwähnte Kirchengemeinde an den Tag legen, ist unfassbar. Das prüde Amerika hängt in Sachen Gleichberechtigung für gleichgeschlechtliche Paare meiner Meinung nach sehr hinterher. Und deshalb würde es mich nicht wundern, wenn derartige Gerichtsverhandlungen, wie Jodi Picoult sie hier darstellt, tatsächlich vonstatten gehen.
Homosexualität, Glauben und Religion, künstliche Befruchtungen, unerfüllte Kinderwünsche, Musiktherapie - die Themenvielfalt in diesem Buch ist fast erdrückend. Dennoch kam es mir nicht so vor, denn viele der angesprochenen Themen gehören hier zusammen, gehen fließend ineinander über oder ergeben sich aus einem anderen. Oftmals ist es schwer, sich bei Prozessen in Jodi Picoults Büchern für eine Partei stark zu machen. Hier war es zu keinem Zeitpunkt unklar, welcher Partei ich mich zugehörig fühlte.
Die Verhandlung wird durch Max' Anwalt zu einer wahren Schlammschlacht. Er zieht sämtliche Fehltritte von Zoe und Vanessa an Land, ob legal oder illegal, um einen Sieg für Max davonzutragen. Mir kam es zwischenzeitlich so vor, als wäre Max lediglich Mittel zum Zweck, und zwar einen Präzedenzfall zu schaffen. Ich hab gehofft, dass Max vor Urteilsverkündung selbst dahinter kommt, was da auf seinem und Zoes Rücken für ein Spielchen gespielt wird. Wer die Autorin kennt, der weiß, dass man bis zum Ende nicht sicher sein kann, dass alles so kommt, wie es bis kurz vor Schluss scheint - und so war es auch hier.
Dank der drei unterschiedlichen Erzählperspektiven - aus der Sicht von Zoe, Max und Vanessa - konnte ich mich in jede Person gut hineinversetzen. Deren Ängste, Wünsche und Hoffnungen konnte man direkt miterleben, als säße man im Gerichtssaal hinter ihnen. Jodi Picoult schafft es immer wieder, meine Gefühlsebene anzusprechen. Auch hier war ich, wie oben schon mal erwähnt, richtig wütend, dazwischen immer wieder verzweifelt oder voller Hoffnung. Ein großes Lob gebührt den drei Sprechern Nicole Engeln, Matthias Köberlin und Sabina Godec, die allen drei Protagonisten Leben eingehaucht haben.
Fazit
Für mich war es genau der richtige Moment für dieses Hörbuch. Jodi Picoult deckt Themegebiete ab, die für einen Teil der Gesellschaft so normal sind, dass man sich darüber kaum Gedanken macht. Trotzdem ist es wichtig, auf die noch vorherrschenden Missstände aufmerksam zu machen, sodass jeder für sich darüber nachdenken kann, wie er zu diesen Themen stehen möchte und warum. Ein großartiges Hörbuch, welches mich sehr mitgenommen hat, welches dadurch an Unterhaltung aber nicht eingebüßt hat.