Rezension | "Die Magie der kleinen Dinge" von Jessie Burton

Rezension |

| Limes | Hardcover | 481 Seiten | €19,99 | The Miniaturist | Amazon |


Die junge Nella wird mit dem Amsterdamer Handelsmann Johannes Brandt verheiratet. Als sie sein herrschaftliches Haus an der Herengracht zum ersten Mal betritt, schlägt ihr kalte Abneigung von Seiten ihrer neuen Familie entgegen. Nur das Hochzeitsgeschenk spendet ihr Trost: ein Puppenhaus, das eine exakte Nachbildung ihres neuen Zuhauses ist. Doch bald werden Nella mysteriöse kleine Nachbildungen ihrer neuen Familienmitglieder geschickt – und Hinweise auf das, was diese verbergen. Nella beginnt zu ahnen, dass sich hinter der perfekten Fassade der Brandts tiefe Abgründe verbergen – und Geheimnisse, die sie alle in ihren Sog ziehen werden …
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Die Magie der ruhigen und leisen Geschichten liegt in ihrer Atmosphäre, denn auch wenn man meistens ein wenig länger braucht, um sich in ihnen zu verlieren, schaffen sie dafür meistens eine besonders dichte Stimmung, der man sich kaum entziehen kann. "Die Magie der kleinen Dinge" ist eine dieser Geschichten mit leisen Tönen und ebenfalls eine dieser Geschichten, die ein wenig Zeit brauchen. Aber sie ist auch eine jener Geschichten, die eine ganz besondere und spezielle Atmosphäre aufzubauen wissen. In diesem Fall ist das eine enorm düstere und beklemmende Stimmung, die mich oft bedrückt zurückgelassen hat - was aber in keinem Fall negativ zu verstehen ist. "Die Magie der kleinen Dinge" ist besonders. Magisch. Und bleibt im Verborgenen, sodass ich beim Lesen oft das Gefühl hatte, alles durch einen Nebelschleier zu beobachten. Zwar habe ich einige Kritikpunkte, doch insgesamt ist die Geschichte um Nella definitiv lesenswert und strahlt einfach eine ganz bestimmte Magie aus, in der man sich verlieren kann.
"Die Magie der kleinen Dinge" spielt in Amsterdam und ist allein deswegen schon besonders - bisher habe ich mich literarisch noch nie in der Stadt der Grachten aufgehalten und so empfand ich es als sehr schön, die Stadt im 17. Jahrhundert zu erkunden. Gemeinsam mit Nella kommt der Leser erstmals mit Amsterdam in Berührung und ist, ebenso wie Nella selbst, von Eindrücken überwältigt. Da ist einmal Nellas Schwägerin Marin, die anscheinend nicht begeistert von Nellas Ankunft ist, dann die vielen unterschiedlichen Gebräuche und Gedanken und die verschiedenen Menschen, deren Geheimnisse man noch nicht ergründen kann. "Die Magie der kleinen Dinge" ist vor allen Dingen ein Charakterroman und erzählt unter anderem von der Stellung der Frau im Amsterdam des 17. Jahrhundert, sowie von der doppelmoralischen Frömmigkeit, die einige soziale Problematiken mit sich zieht und gerade Nellas Schicksal stark beeinflussen wird. Dem Leser wird recht schnell klar, warum ihr frisch angetrauter Ehemann so desinteressiert an Nella ist und es war interessant zu sehen, wie diese Thematik im 17. Jahrhundert ausgearbeitet wurde.
Doch die Geschichte ist nicht nur ein Abbild der Gesellschaft, sondern beherbergt tatsächlich auch selbst ein kleines bisschen Magie. Gerade im Bezug auf die Miniaturistin, um die es noch dazu geht und die Nella Miniaturen ihres Lebens schickt und dabei immer vorhersagen kann, was geschehen wird - wenn auch ganz anders, als Nella es geglaubt hätte. Das Ende ist in diesem Zusammenhang - und auch generell gesehen - sehr abrupt gehalten, sodass man ein wenig aus dieser atmosphärischen Welt fällt. Die Geschichte beginnt sehr langsam, steigert sich dann und endet einfach viel zu schnell, sodass man sich nicht wirklich an die Begebenheiten gewöhnen kann, was ich ein wenig schade fand. Es bleibt einfach alles sehr offen und was so lange Thema war, ist plötzlich nicht mehr so relevant. Dafür sind jedoch die Figurenzeichnungen sehr speziell und faszinierend - gerade die Nebenfiguren, wenn man sie denn überhaupt so nennen kann, wie Marin, Johannes, Cornelia und Agnes sind sehr stark potraitiert und steuern ihren Teil zu der Atmosphäre bei. Auch Nella, die anfangs noch sehr naiv und ruhig wirkte, entwickelt sich im Laufe der Geschichte weiter, jedoch liegt der Fokus hier tatsächlich mehr auf den Nebenfiguren.
Rezension |
"Die Magie der kleinen Dinge" steckt nicht nur voller Magie, sondern bietet dem Leser auch einen faszinierenden Einblick in die Amsterdamer Gesellschaft des 17. Jahrhunderts. Mit einer dichten, aber auch sehr düsteren Atmosphäre erzählt Jessie Burton eine facettenreiche und tiefgehende Geschichte über Miniaturen, Frauenrollen und Moral, und schafft es dabei mit leisen Tönen zu überzeugen. Der schwierige Einstieg und das abrupte Ende sind dabei leider negativ anzumerken, doch insgesamt verliert man sich so sehr in dieser bunten und zugleich grauen Welt, dass man der Geschichte solcherlei Fehler gerne verzeiht. Wer gerne historische Romane liest und sich in einer magischen, wie düsteren Geschichte verlieren will, in der nicht alles so ist, wie es scheint, sollte einen Blick auf "Die Magie der kleinen Dinge" werfen.
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