[Rezension] Die halbe Stadt, die es nicht mehr gibt (Ulrike Sterblich)

Von Creativityfirst
Ulrike Sterblich: Die halbe Stadt, die es nicht mehr gibt 
Die Jahre des geteilten Deutschlands bieten einfach reichhaltigen Stoff für gute Bücher. Die Variation an Eindrücken und Erinnerungen ist schließlich kaum einzugrenzen - im Gegenteil zum Leben in der früheren DDR bzw. dem in ihr liegenden West-Berlin. Nahezu jede Familie verbindet Emotionen und Geschichten mit der Ost-West-Trennung. Da ergänzt dieses Buch von Ulrike Sterblich dieses Repertoire sehr zutreffend.Für mich war der Abstecher in die Vergangenheit an der Seite der jugendlichen Ulrike und ihrer Freunde eine (Lese-) Erfahrung der besonderen Art. Eine Erfahrung, deren Quintessenz es ist, dass es - egal, ob Ost oder West - wert ist, den Nostalgiegedanken durchaus aufrecht zu erhalten. Immerhin macht uns diese Vergangenheit ein Stück weit aus!~ Rezension ~Eine unterhaltsame Zeitreise ins längst vergangene BerlinUlrike Sterblich, Schriftstellerin und Rundfunkmoderatorin, verbrachte ihre Kindheit und Jugend vor der deutschen Wiedervereinigung in West-Berlin. Dort gab es – dem politischen Regime zum Trotz – eine Menge lebendiger, unvergesslich bunter und kurioser Eigenheiten zu erleben, die der Autorin in bester Erinnerung geblieben sind. Und ebendiese bringt Sterblich in diesem Werk auf den Punkt. Schildert sie in erfrischendem Stil unter anderem die illustren Nachmittage mit Freunden, das Abenteuer S-Bahn-Fahren und ihren Plan, als Austauschschülerin in die USA zu gehen.Die Autorin katapultiert den Leser in eine Zeit der Gegensätze. Dabei vermischen sich wahre Begebenheiten mit flippiger Fantasie und ergeben einen unterhaltsamen Cocktail aus Historie, Charme und Nostalgie.Der Leser darf sich einer Stadtführung der besonderen Art anschließen. Sind doch die einzelnen Kapitel überschrieben mit markanten Punkten und Sehenswürdigkeiten der Stadt und unterlegt mit einem Auszug aus dem Stadtplan. Des Weiteren begegnen einem Berliner Originale, die dem Esprit der Stadt und der wohl bekannten Berliner Mundart à la jottwede (j.w.d. = janz weit draußen) alle Ehre erweisen. Hinzu kommen die von der Autorin eingefügten interessanten und nicht selten witzigen Informationen und Fakten zur Stadt, ihrer Geschichte und ihren Menschen.Die halbe Stadt, die es nicht mehr gibt – Eine Kindheit in Berlin (West) kann meines Erachtens nach als Ode an eine Stadt, die so heute nicht mehr existiert, verstanden werden. Mich haben sowohl die von der Ulrike Sterblich kreativ und ausführlich beschriebene Lebensfreude als auch der jugendliche Leichtsinn mancher Situation direkt erreicht. Die überspitzte Darstellung der einen oder anderen Begebenheit machte die Geschichte für mich nur noch spritziger. Allerdings hat es ein wenig gedauert, bis ich mich in den Schwung der Handlung eingefunden hatte, was zumeist der geballten Anhäufung von Straßennamen, S-Bahn-Linien und sehenswerten Haltepunkten geschuldet war.Wer gern einmal in die eigene Vergangenheit abhauchen möchte oder ein Berlin, welches er in dieser Art nie wahrgenommen hat, kennen lernen möchte, der kann guten Gewissens zu diesem Erfahrungsbericht inklusive Augenzwinkerns greifen. Ohne die Widrigkeiten des geteilten Deutschlands infrage zu stellen, entführt Ulrike Sterblich auf unbeschwerte Weise in das turbulente (Jugend-) Leben West-Berlins.F★ZITÜbermütig. Gewandt. Historisch.