cbt | Hardcover | 448 Seiten | €17,99 | Kaufen?
Die 17-jährige Sara hat ihre Seele an die Hydra verkauft – jene düstere Unterwelt, für die sie als Meisterdiebin arbeitet und wertvollen Diamantschmuck aus den Villen der Reichen stiehlt. Was mit den Diamanten geschieht, interessiert Sara nicht – bis der mysteriöse Damir in den Katakomben der Unterwelt auftaucht. Die beinah magische Anziehungskraft zwischen den beiden weckt in Sara übermenschliche Fähigkeiten, von denen sie bisher nichts ahnte. Die Fähigkeiten einer Diamantkriegerin. Ein gefährlicher Wandlungsprozess setzt ein, an dessen Ende Sara sich entscheiden muss, auf welcher Seite sie steht: auf der des Lichts oder des Schattens.
Wo Bettina Belitz draufsteht, kann man sich einer Geschichte fernab des Mainstreams sicher sein. Das eckt sicherlich oft an, wirkt ab und an befremdlich und konnte auch mich bisher nicht immer überzeugen, doch insgesamt ist dieses Verlassen der Komfortzone jedes Mal aufs neue eine Erfahrung. Auch mit ihrem neuen Streich "Damirs Schwur", dem ersten Band der "Diamantkrieger-Saga" beweist Bettina Belitz Originalität, orientiert sich dabei stark an einer spirituellen Weltsicht und webt diese geschickt in ein fantastisches Szenario ein. Heraus kommt ein unterhaltsamer, vielschichtiger, überraschender, ungewöhnlicher und andersartiger Jugendroman, der durch die ein oder andere Wiederholung und viele repetitive Gedankengäge zwar nicht auf jeder Ebene überzeugt, dafür aber eindeutig Lust auf mehr macht.
Ob es für "Damirs Schwur" ein Genre gibt, weiß ich nicht - und im Grunde ist das ja auch völlig gleichgültig - beziehungsweise vielleicht sogar genau das, was das Buch ausmacht -, denn diese Verwischung der Grenzen sorgt dafür, dass der Leser permanent aktiv mitdenkt. Das liegt andererseits auch daran, dass von Anfang bis Ende ein ganzer Katalog an Fragen zusammengestellt wird, von dem sich zum Schluss nur ein Bruchteil beantworten lässt, doch gerade die Unklarheit bezüglich des Genres tut sein Übriges. Die Geschichte fängt wie ein Roman über eine kriminelle junge Frau mit einer besonderen Fähigkeit an und entwickelt sich dann im Laufe der Handlung zu etwas ganz anderem, von dem man die meiste Zeit nur erahnen kann, wohin es sich entwickeln wird. Ebenso das Setting bleibt lediglich erahnbar - nichts wird benannt, nur angerissen und umschrieben, sodass dem Leser viel Eigeninterpretation bleibt.
Protagonistin Sara ist eine der ersten Figuren aus Bettina Belitz Romanen, die mir wirklich - meistens zumindest - sympathisch ist. Durch ihr sehr schweres und düsteres Leben bleibt es nicht aus, dass manche ihrer Entscheidungen und Denkweisen nicht direkt verständlich sind und doch ist ihre direkte und toughe Art erfrischend und passend gewesen. Gerade das brutale Metier, in dem sie sich tagtäglich bewegt, lässt ihr kaum eine andere Wahl, sodass sie (bisher zumindest) nur wenig Sanftes an sich hat, auch wenn diese Seite ab und an durchblitzen konnte. Drogen, Gewalt, Vernachlässigung und Hass spielen hier eine große Rolle und schaffen einen rauen Ton und eine düstere Atmosphäre, die besonders dicht ist. Durch Saras Entwicklungsprozess, der sich im Laufe des Buches mehr und mehr zuspitzt, erfährt man relativ wenige über andere Figuren, was sich vermutlich in den Folgebänden ändern wird - hier ist vor allen Dingen ihre Bindung zu Damir interessant, die übrigens bis knapp zum Ende ohne Liebesgeschichte auskommt. Ebenfalls sehr erfrischend. Einzig Saras repetitive Gedankengänge, die letztlich immer auf die selben Fragen zurückkommt, sind auf die Dauer etwas ermüdend und die Zeit, die Protagonistin und Leser im Dunkeln gelassen werden, zieht sich irgendwann zu sehr hin, aber auch das lässt sich mit der kleinen Auflösung am Ende erklären - ein stetiger, sich entwickelnder Prozess eben.
"Damirs Schwur" ist eindeutig eine faszinierende Erfahrung, die mich unterhalten konnte und hat mitfiebern lassen. Auch wenn ich nicht hundertprozentig überzeugt bin und das Buch für mich einige kleinere Schwächen hatte, kann ich mir gut vorstellen, dass sich das mit dem nächsten Band ändern könnte, denn die Hintergrundidee bietet viel Potenzial und Originalität - von den vielen Fragen, die am Ende bleiben, gar nicht zu sprechen! Ein mutiger und ungewöhnlicher Jugendroman, in dem nichts so ist, wie es scheint.