In unserer Welt, die immer noch dem Mantra des Höher, Schneller, Weiter huldigt, vergeht kaum ein Tag, an dem nicht eine neue Hitliste das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Die schnellsten Autos, die höchsten Gebäude oder die teuersten Uhren – es gibt keinen Bereich unseres Lebens, der sich nicht in das Korsett eines Superlativs zwängen ließe. Nun sind Höchstgeschwindigkeiten und Höhenmeter objektiv messbare Größen und solange man sich akzeptabler Messverfahren bedient, bewegt man sich bei der Aufstellung eines solchen Rankings auf sicherem Terrain. Dünn wird das Eis jedoch, wenn Geschmack ins Spiel kommt. Wo es die teuerste Pizza der Stadt gibt, lässt sich leicht herausfinden – aber die beste? Ein Sprichwort sagt, dass man über Geschmack nicht streiten kann, doch dies ist natürlich nur eine Hilfskonstruktion, denn in Wahrheit kann man über Geschmack unendlich streiten bzw. diskutieren. Eine für Science-Fiction Fans interessante Lektüre und Diskussionsgrundlage bildet seit kurzem die Publikation Die besten Sci-Fi Filme und TV-Serien von eMedia, die seit dem 19. September 2013 im Handel ist.
Auf 180 Seiten behandelt das Heft insgesamt 16 Filme und 9 Serien, die nach Ansicht der Redaktion um Chefredakteur Wolfgang Koser die besten und wichtigsten Werke der Science-Fiction auf der großen Leinwand und in der Flimmerkiste repräsentieren. Da man gleichzeitig die Entwicklung des Genres dokumentieren möchte, präsentiert man keine definitive Rangfolge, sondern geht stattdessen chronologisch vor. Jedem vorgestellten Film bzw. jeder Serie widmen sich die Autoren sehr intensiv und äußerst detailliert, erzählen über die Entstehungsgeschichte, die Rezeption durch die Kritiker sowie das Publikum und erläutern zudem, warum das jeweilige Werk einen Platz im Olymp der SF in bewegten Bildern verdient hat. Alle Artikel haben ungefähr den gleichen Umfang und zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie zwar reich bebildert sind, der Text und die durch ihn transportierten Informationen jedoch eindeutig im Vordergrund stehen. Für Abwechslung während der Lektüre sorgen die Abstecher in jenen Bereich, den man heutzutage neudeutsch als Trivia bezeichnet.Wenn man am Backcover angekommen ist, hat man wahrlich viel gelesen, eine Menge erfahren und eine interessante Reise durch die Historie der SF unternommen, die dem Fan wieder einmal vor Augen führt, weshalb dieses Genre zu den spannendsten und abwechslungsreichsten überhaupt gehört.
Was die Auswahl der Filme angeht, so gibt es kaum Überraschungen. Metropolis, 2001, Planet der Affen, Star Wars: Episode IV, Die unheimliche Begegnung der dritten Art, Alien, Blade Runner, E.T. und The Terminator sind allesamt unbestrittene Klassiker der SF und man durfte erwarten, dass sie Eingang in dieses Kompendium finden würden. Auch Werken wie Tron, Robocop und Total Recall kann man einen gewissen Rang sicherlich nicht absprechen. Ob sie zu den besten SF-Filmen gehören, kann man hingegen durchaus diskutieren (Wie der Rezensent darüber denkt, behält er an dieser Stelle für sich). Es geht auch weniger darum, ob jene Filme in diese Übersicht gehören. Vielmehr erstaunt, was alles draußen bleiben musste. Geht es nach den Autoren, erschienen in den 1930ern, 1940ern, 1950ern und dem Großteil der 1960er Jahre (2001 und PdA liefen 1968 an) keine Filme, die zu den besten Filmen des Genres gehören. Das darf man mit Recht durchaus anders sehen – wie man auch die Ansicht nicht teilen muss, dass neben der Episode IV von Star Wars auch die Episoden V und VI zu den absoluten Highlights des Genres gehören. Eben Geschmackssache. Der Marsch durch die TV-Geschichte gestaltet sich hingegen sehr Star Trek-lastig, denn neben TOS und TNG hat man zudem auch noch Star Trek: Deep Space 9 und Star Trek: Voyager in die Hitliste mit aufgenommen. Akte X, Babylon 5 und Battlestar Galactica (die Neuauflage) durften durchaus verdient auch noch mit rein, wie auch V – Die außerirdischen Besucher kommen (die Originalserie) und - durchaus etwas überraschend - Der unglaubliche Hulk.
Die besten Sci-Fi Filme und TV-Serien versteht sich als Kompendium und ist gerade für jene eine Fundgrube an Informationen, die sich mit der Historie des Genres vertraut machen wollen. Da ist es schade, dass sich durchaus Fehler, Ungereimtheiten und Skurriles eingeschlichen haben. So wird beispielsweise Fritz Langs inzwischen widerlegtes PR-Märchen, die Idee zu Metropolis sei ihm beim Anblick der Skyline von New York gekommen, ein weiteres Mal erzählt. Im Artikel zu Planet der Affen werden die Titel der Nachfolgefilme verwechselt und mal heißt es, John Carpenter hätten für Das Ding aus einer anderen Welt 10 Mio. Dollar zur Verfügung gestanden, später ist von 15 Mio. die Rede. Dass Der erste Kontakt angeblich einer der besten Star Wars-Filme ist, kann man angesichts des Borg-Gemetzels, das Picard und Co. anrichten, vielleicht tatsächlich so sehen, dennoch ist es sachlich falsch. Wer übrigens in der Redaktion auf die Idee gekommen ist, ein Foto, auf dem dem Kirk und Spock ihre Phaser auf Horta (TOS-Episode: Horta rettet ihre Kinder) abfeuern, mit dem Satz "Toleranz und Verständnis sind die vorherrschenden Themen" versehen hat, ist entweder Zyniker oder besitzt ein sehr spezielles Verständnis von Ironie. Angesichts der hohen Informationsdichte halten sich die "Fehler" allerdings in Grenzen. Auch sprachliche Aussetzer finden sich nur wenige, wenngleich sie vorhanden sind. Zurückzuführen sind sie auf den gerade auch im Internet grassierenden Trend, Begriffe aus dem Englischen Eins zu Eins ins Deutsche zu übertragen, wenn man sich ihrer Bedeutung nicht ganz sicher ist, oder einfach ein (unpassendes) Fremdwort zu verwenden. Ein für alle Mal: Star Trek erhielt seinen Namen in Anlehnung an die Pionierzeit in Amerika, Roddenberry hat darum gerne von einem Waggon Train to the Stars gesprochen. Das hat nichts mit einem Güterwaggons-Konzept zu tun! Captain Kirk befehligt ein Raumschiff und keine Dampflok! Und ganz nebenbei: Was ist eine hospitalisierte Crew (zu finden im Artikel zu Das Ding aus einer anderen Welt)? Der Film spielt in der Arktis und nicht in der Schwarzwaldklinik!
Die besten Sci-Fi Filme und TV-Serien ist für Fans des Genres durchaus eine lohnenswerte Anschaffung, denn man bekommt für seine 12,90 Euro ein Heft mit 180 (weitgehend werbefreien) Seiten randvoll mit Informationen und damit ein Kompendium an die Hand, auf das man auch später immer wieder gut zurückgreifen kann. Zudem regt es durchaus dazu an, sich den einen oder anderen Film noch einmal oder vielleicht sogar erstmals anzuschauen, um für sich selbst zu entscheiden, oder dieser oder jener Streifen für einen selbst auch zu dem Klassikern gehört. Keine Angst: Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Oder doch?
Die Fakten:
Titel: Die besten Sci-Fi Filme und TV-Serien Erschienen bei: eMedia (Heise Medien Gruppe) Erscheinungsdatum: 19. September 2013 Umfang: 180 Seiten (vollständig farbig) Preis: 12,90 Euro Erhältlich über: Stationären Handel oder online über www.heise-shop.de