[Rezension] Die Auslese – Nur die Besten überleben

Von Lenabosblog @LenaBorg

 

Bewertung

Meinung

Ich muss zugeben, dass ich nach den ersten Kapiteln von ‘Die Auslese – Nur die Besten überleben’ noch sehr skeptisch war. Denn über Parallelen zu bereits erfolgreichen Dystopien stolpert man in dieser Geschichte immer wieder. Doch als ich bereit war, diese Parallelen zu akzeptieren, erwartete mich eine Geschichte, die mich immer wieder überrascht und sprachlos zurückgelassen hat.

Schreibstil

Leider habe ich den Schreibstil der Autorin anfangs als sehr holprig empfunden. An manchen Sätzen bleibt man gezwungenermaßen hängen, weil sie falsch klingen. Besonders gut gefallen hat mir allerdings, dass es Joelle Charbonneau von Beginn an gelungen ist, den Leser an der Gefühlswelt der Protagonistin teilhaben zu lassen. Auch, wenn Cia zunächst sehr nüchtern über ihre Gefühle spricht, so kann man sich doch unerlässlich gut in ihre Situation hineinversetzen und das, obwohl ihre Welt so anders und fremd ist.
Die anfänglichen Schwierigkeiten mit der Sprache im Buch konnte ich nach den ersten Kapiteln ad acta legen. Je weiter die Handlung voranschreitet, desto angenehmer und fesselnder gestaltet sich auch der Schreibstil.

Handlung

Bevor die eigentliche Handlung beginnt, wird der Leser in die Gesellschaft, in der die Protagonistin lebt, eingeführt. Cias Heimat ist das Vereinigte Commonwealth,
dessen Regierungssitz in Tosu Stadt liegt. Nach einem verheerenden Krieg und diversen Aufständen steht das Land kurz vor dem Vorfall. Nur in einigen Regionen ist es der Bevölkerung gelungen, die Gebiete wieder bewohnbar zu machen. Doch trotzdem lebt die Menschheit nicht in Saus und Braus. Das Wasser ist knapp, die Meere sind verschmutzt. Benzin und Solarzellen stellen wertvolle und seltene Güter dar, unter den Menschen herrscht reger Tauschhandel, denn das Bezahlen von Geld ist den ‘besseren’ Menschen, die für die Regierung arbeiten, vorbehalten.
Welchem Rang ein Mensch innewohnt bzw. welches Alter er erreicht hat, ist für jedermann anhand der Kleidung sichtbar. So tragen beispielsweise schulpflichtige Kinder rosafarbene Kleidung, Erwachsene hingegen rote.

Das besonders fremdartige in Joelle Charbonneaus Roman ist allerdings die Auslese. In jedem Gebiet des Vereinigten Commonwealth findet jedes Jahr am Tag des Schulabschlusses eine Auswahlzeremonie statt. Psychologen und andere Fachmenschen beurteilen die jungen Menschen anhand ihrer bisherigen schulischen und sozialen Leistungen und entscheiden, ob sie an der Auslese teilnehmen dürfen. Für die Auslese ausgewählt zu werden hat für Cia und ihre Freunde eine besondere
Bedeutung; es heißt, das ärmliche Leben in ihren Familien aufzugeben und eventuell für ein Studium an der Universität ausgewählt zu werden.
Doch dem Leser wird genau wie Cia ziemlich schnell klar, dass das augenscheinliche Privileg nur ein Schein ist. Wird man für die Auslese ausgewählt, ist man per Gesetz dazu verpflichtet, sich den Prüfungen zu stellen. Eine Weigerung wird mit Hochverrat gleichgestellt und mit dem Tod bestraft.

Als Leser kommt man nicht umhin, als die Parallelen zur erfolgreichen Panem Trilogie sofort zu erkennen. Es gibt verschiedene Regionen im Vereinigten Commonwealth, eine alljährliche Zeremonie, die über die Zukunft der Jugendlichen entscheidet. Lebt man vor der Auslese häufig in ärmlichen Verhältnissen, so verbessert sich diese Lage augenblicklich, sobald man Tosu Stadt erreicht. Weitere Parallelen aufzuzählen würde den Rahmen sprengen und auch schon einiges vom Verlauf der Handlung verraten. Ich kann an dieser Stelle nur so viel sagen, als dass ich vermute, dass Leser die Gemeinsamkeiten entweder lieben oder als negativen Kritikpunkt sehen werden.

Doch es gibt auch einen gewaltigen Unterschied zur Panem Trilogie. Während Katniss und Co stets um die Gefahr der Hungerspiele wissen und kein Hehl daraus gemacht wird, dass nur ein Sieger aus dem Kampf hervorgehen kann, sieht das in Cias Welt ganz anders aus. Die Kinder und Jugendlichen wachsen in dem Wissen auf, dass es eine Ehre ist, in der Auslese für einen der wenigen begehrten Plätze an der Universität ausgewählt zu werden. Schließlich werden die Studenten dazu ausgebildet, dass Vereinigte Commonwealth vor dem weiteren Verfall zu bewahren. Man könnte also sagen, dass die jungen Menschen wie Cia bis zu ihrem Schulabschluss darauf hinarbeiten, für die Auslese ausgewählt zu werden. Schafft man es schließlich, nach Tosu Stadt eingeladen zu werden, ist es wie ein Traum, der in Erfüllung geht. Erst während der Auslese selbst wird den Jugendlichen klar, dass diese Prozedur ganz anders ist, als sie ihr Leben lang angenommen haben.

Figuren

Cia ist die tragende Figur in der Geschichte. Eine tolle Protagonistin, die vielleicht das ein oder andere Mal nicht vorbildlich oder logisch handelt, aber trotzdem durch ihre harte Schale und gleichzeitig sensible Ader überzeugen kann.
Weitere Figuren sorgen für unterschiedlichste Akzente in der Handlung. Ob romantische Gefühle, die ich nicht unbedingt gebraucht hätte, doch sind sie eine schöne Beigabe, die mich sogar noch mehr an die Geschichte gefesselt haben, oder Figuren, die eingebaut wurden, um den Leser an der Nase herumzuführen. Dank dieser Figuren schleicht sich stets sehr vorsichtig eine Gefahr von hinten heran und erscheint dann für die Protagonistin und für den Leser mit einem großen Knall.

Blick in die Zukunft

‚Die Auslese – Nur die Besten überleben‘ ist der erste Band einer Trilogie. Der zweite Teil soll im Januar 2014 auf Englisch erscheinen und wird den Namen ‚Independent Study‘ tragen. Über den dritten Band ist noch nichts bekannt. Der zweite Teil soll im Sommer 2014 bei Penhaligon erscheinen.
Im April ist außerdem die Kurzgeschichte ‚The Testing Guide‘ auf Englisch erschienen, die die Vorgeschichte des ersten Teils erzählt.

Wenige Tage bevor das Buch in den USA erschienen ist, hat sich Paramount Pictures bereits die Rechte an der Verfilmung gesichert.

Fazit

‘Die Auslese’ ist eine Empfehlung für alle Fans von ‘Die Tribute von Panem’, die bereit sind, Gemeinsamkeiten zu Suzanne Collins Werk zu akzeptieren. Denn lässt man sich auf die Parallelen ein, so erkennt man, dass es in ‘Die Auslese’ auch einige Facetten zu entdecken gibt, die die Geschichte von anderen Dystopien abhebt. Es sind nämlich auch vor allem die vielen Figuren, die immer wieder für eine Überraschung gut sind und teilweise auch für pures Entsetzen sorgen. Der Wechsel zwischen mittelalterlichen Verhältnissen und fortgeschrittener Technologie im Vereinigten Commonwealth war ein weiterer Punkt, der innerhalb der Geschichte immer wieder für Abwechslung gesorgt hat.
Taucht man in Cias Geschichte ein, so darf man auf eine rasante, gefährliche, dramatische, erschreckende, aber auch sehr gefühlvolle Reise gespannt sein.

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