*Rezension* Der Meisterkoch / Saygin Ersin

Von Superlesehelden

Zu historischen Romanen greife ich eher selten. Nur dann, wenn mich das Thema des Buches anspricht und so richtig neugierig auf den Inhalt macht. Wie bei diesem Titel.

„Der Meisterkoch" gehört zur Kategorie der historischen Romane. Aber: Hier dreht sich alles ums Kochen und Genießen. Um die Zubereitung von exotischen Speisen und um Gaumengenüsse. Es ist also ein Buch für Genießer (wie ich es bin). Ob „Der Meisterkoch" auch für literarischen Genuss sorgen kann, könnt ihr in meiner Besprechung nachlesen. Guten Appetit!

Der Küchenmeister von Istanbul

Der türkische Schriftsteller Saygιn Ersin entführt uns in die zauberhafte Welt des Osmanischen Reiches, ins Istanbul des 17. Jahrhunderts. Hier lebt ein junger Mann, der mit einer außergewöhnlichen Gabe geboren wurde: dem perfekten Geschmackssinn. Ein junger Mann, der bereits als Kind in der Lage war, einzelne Zutaten und Gewürze eines Gerichts herauszuschmecken. Und hier, in Istanbul, arbeitet ebendieser junge Mann als Küchenmeister. Wie er zu einem wahren Meisterkoch ausgebildet wurde, welche Wege und Mühen er dafür in Kauf nehmen musste und warum er bald zum gefragtesten Küchenmeister des Topkaki-Palastes werden soll, erzählt Ersin in seinem Roman.

Von der Kunst des Kochens - und des Schreibens

Saygιn Ersin erzählt vom Leben und von der Liebe des jungen Küchenmeisters. Davon, wie er die Bewohner des Sultanpalasts mit seinen perfekt abgeschmeckten Köstlichkeiten und kulinarischen Kreationen geradezu verzaubert. Von der sagenhaften Wirkung, die seine Speisen sowohl auf den Gaumen als auch auf den gesamten Menschen haben. Und der Autor versteht sein Handwerk ebenso gut wie der Küchenmeister die Kochkunst beherrscht. Ersin schreibt lebendig und mitreißend - und sinnlich. Er beschreibt die Vorgänge in der Sultansküche so anschaulich, dass uns das Wasser im Mund zusammenläuft, die Zubereitung der orientalischen Gerichte so detailliert, dass wir deren Düfte wahrzunehmen meinen. Den Duft von Zimt und Safran, Zitrone und Minze, Knoblauch und Koriander, frisch gekochtem Pilaw, Lammragout mit Datteln und gebratenen Auberginen. Köstlich!

Einem orientalischen Geschichtenerzähler steht der türkische Autor dabei in nichts nach. Vielmehr fühlt man sich aufgrund seiner temperamentvollen Erzählweise, der farbenprächtigen Sprache und zauberhaften Formulierungen direkt hineinversetzt ins Reich der Osmanen. Man spürt das pulsierende Leben am Hof des Topkapi-Palastes, das geschäftige Treiben in den Palastküchen und die teilweise beklemmende Atmosphäre in den Haremsgemächern.

Literarische Reise in den Orient

Diese literarische - und kulinarische - Reise ins Osmanische Reich hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich verfolgte den Werdegang des Küchenmeisters voller Spannung, genoss es, ihm bei der Zubereitung der exquisitesten Speisen über die Schulter zu blicken und wurde angesteckt von seiner Liebe zur Kochkunst. Auch die kleine feine Liebesgeschichte, die geschickt in den Roman verwoben ist, las ich mit Genuss. Besonders interessant fand ich, dass der Name des Meisterkochs erst gegen Ende des Buches genannt wird. Vorher lernen wir ihn nur als „der Küchenmeister" kennen. Dies mag zunächst etwas befremdlich und ungewöhnlich wirken, wird jedoch am Schluss absolut deutlich und erweist sich im Endeffekt als geschickt eingesetzter Schachzug des Autors.

„Der Meisterkoch" ist ein rundum gelungener Roman über einen faszinierenden jungen Mann, der die Kochkunst aufs Feinste beherrscht und alles daran setzt, sich selbst und anderen Menschen mit seiner Kunst zum Glück zu verhelfen. Meisterhaft erzählt und sauber recherchiert verbreitet die Geschichte eine ordentliche Portion Orient-Atmosphäre, eine Prise Romantik aus 1001 Nacht sowie die köstlichsten Wohlgerüche aus der Küche des Morgenlandes. Ein vorzüglicher Lesegenuss!

Weitere Besprechungen

Buchsichten * Die Wortspielerin * Sharon Baker liest

Inhalt: Istanbul um 1600, Blütezeit des Osmanischen Reichs. Im Topkapi-Palast kommt ein außergewöhnliches Kind zur Welt, der junge Pascha verfügt über einen absoluten Geschmackssinn. Als der Sultan all seine männlichen Verwandten ermorden lässt, überlebt der Junge das grausame Massaker mithilfe des Küchenchefs. Ihm gelingt die Flucht, und er beginnt seine Lehrjahre. In Bagdad studiert er Sternen- und Naturheilkunde, auf der Insel Hormus unterweist ihn die Herrin der Aromen in Gewürzkunde, und die symbolische Meisterschaft verleiht ihm ein Bibliothekar in Alexandria. Als Meisterkoch kehrt er zurück nach Istanbul, wo er seine große Liebe Kamer, die begnadete Tänzerin, wiederfinden will. Und er hat sich geschworen, Rache zu nehmen für die Ungerechtigkeiten, die ihm als Kind widerfahren sind. Schließlich wähnt er sich am Ziel seines Strebens: die legendäre Palastküche, Inbegriff aller kulinarischer Wonnen, raffiniertester Intrigen und gefährlicher Eifersucht ... (Quelle: Atlantik)