Rezension: Der Herr der Fliegen von William Golding


"Der Herr der Fliegen" ist der wohl bekannteste Roman des mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichneten Engländers William Golding. Ein Werk, das nicht von seiner Spannung, dafür aber umso mehr von seiner Symbolik und den Denkanstössen, die es liefert, lebt.
Der Atomkrieg ist ausgebrochen und eine Gruppe Englischer Schüler im Alter von sechs bis zwölf Jahren, überlebt einen Flugzeugabsturz über dem Pazifik. Sie finden sich auf einer einsamen Insel wieder und erkennen schnell, dass sie sich organisieren müssen, wenn sie überleben wollen. Die Kinder wählen Ralph zu ihrem Anführer. Sie beginnen zu jagen, Unterkünfte zu bauen und entfachen ein Feuer, mit dessen Rauch sie vorbeifahrende Schiffe auf sich aufmerksam machen wollen. Zuerst scheint alles wie am Schnürchen zu klappen. Doch je länger die Kinder auf der Insel sind, desto mehr Risse erhält die fragile soziale Struktur, die sich auf der Insel gebildet hat. Vor allem Jack versucht wiederholt, Ralphs Position als Anführer zu untergraben. Als der Streit zwischen den beiden eskaliert, nehmen die Dinge eine unerwartete Wendung. 
Teufel, Garten Eden und die Hölle William Goldings Werk habe ich gern gelesen, auch wenn es für mich kein Pageturner war, der mich gefesselt hat. Unterhaltsam war es allemal, obwohl sich gewisse Episoden im Buch wiederholt haben. Doch ich glaube, dass genau in der Wiederholung der Reiz dieses Werks liegt, denn damit schafft es Golding, die vielen kleinen und feinen Veränderungen zu beschreiben, die schliesslich dazu führen, dass die Kinder sich in Tiere verwandeln, die nicht einmal mehr vor Mord zurückschrecken.
Was bei dieser Entwicklung auffällt, ist, dass parallel zur Steigerung und Dramatisierung der Ereignisse sich auch die Beschreibung der Natur verändert. Am Anfang beschreibt Golding die Insel als Paradies, dann aber ziehen dunkle Wolken auf, ehe ein brutales Gewitter über die Insel zieht und am Ende zerstört ein Brand die gesamte Insel.  Diesen Veränderungen kann durchaus eine religiöse Referenz beigemessen werden. So zum Beispiel könnte das anfängliche Paradies als Garten Eden gesehen werden, der sich zur Hölle (Brand) entwickelt. Dies ist insofern passend, als dass das Ungeheuer, das die Kinder auf der Insel vermuten, als Herr der Fliegen bezeichnet wird, wie auch der Teufel teilweise genannt wird. 
Politisch und moralisch/ethischer Ansatz Doch die religiöse Interpretation ist nur einer von vielen möglichen Ansätzen, wie man das Werk von Golding deuten kann. Ein anderer wäre der politische Ansatz. Dabei spielt vor allem die Differenz zwischen Ralph und Jack ein wichtige Rolle. Ralph, der sich demokratisch hat zum Anführer hat wählen lassen, steht in diesem Deutungsansatz für die Demokratie. Jack hingegen, der von der Jagd und der Gewalt fasziniert ist, hält wenig vom strategischen Führungsstil von Ralph. Er bevorzugt mit seiner Gruppe, die sich von Ralph abgesplittet hat, einen totalitären und von Gewalt geprägten Führungsstil. Ein Konflikt zwischen Demokratie und Diktatur, der auch heute noch tagtäglich das Weltgeschehen beschäftigt.
Der dritte Ansatz geht in die moralisch/ethische Richtung. Dabei ist die Beobachtung zentral, dass auch die unschuldigen Kinder, wie sie in der Literatur ja oft symbolisch bezeichnet werden, nicht vor Mord und dem Bösen zurück schrecken. Das Böse steckt also in jedem von uns, selbst in den Kindern.
Dies sind die drei Denk- und Interpretationsansätze, die mir beim Lesen aufgefallen sind. Mich würde interessieren, ob euch weitere Dinge aufgefallen sind. Über entsprechende Bemerkungen in den Kommentaren würde ich mich freuen. (fba)


Bibliografische Angaben:

Titel: Der Herr der Fliegen (engl. The Lord of the Flies)
Autor: William Golding
Seiten: 336
Erschienen: 1954
Verlag: Fischer
ISBN-10: 3596512271
ISBN-13: 978-3596512270
Bewertung: Rezension: Der Herr der Fliegen von William Golding
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