|Rezension| "Der Engelsbaum" von Lucinda Riley

| Goldmann | Klappbroschur | 650 Seiten | €9,99 | Amazon |


Dreißig Jahre sind vergangen, seit Greta Marchmont das Herrenhaus verließ, in dem sie einst eine Heimat gefunden hatte. Nun kehrt sie zurück nach Marchmont Hall in den verschneiten Bergen von Wales – doch sie hat keinerlei Erinnerung an ihre Vergangenheit, denn seit einem tragischen Unfall leidet sie an Amnesie. Bei einem Spaziergang durch die winterliche Landschaft macht sie aber eine verstörende Entdeckung: Sie stößt auf ein Grab im Wald, und die verwitterte Inschrift auf dem Kreuz verrät ihr, dass hier ein kleiner Junge begraben ist – ihr eigener Sohn! Greta ist zutiefst erschüttert und beginnt sich auf die Suche zu machen nach der Frau, die sie einmal war. Dabei kommt jedoch eine Wahrheit ans Licht, die so schockierend ist, dass Greta den größten Mut ihres Lebens braucht, um ihr ins Gesicht zu blicken ...

Lucinda Rileys Geschichten sind ein bisschen wie klirrend kalte Winterabende in einer Hütte in den Bergen. Die Vorstellung daran ist romantisch und schön, aber die Stunden vergehen langsam und die Zeit scheint dehnbar wie Kaugummi. Zumindest wenn man nicht in der richtigen Stimmung dafür ist. Oder wenn man den falschen Abend erwischt. In diesem Fall war es wohl eine Mischung aus beidem, denn "Der Engelsbaum" ist nicht Lucinda Rileys bestes Buch, allerdings war ich auch nicht in der Stimmung für eine Geschichte, die sich so langsam entwickelt und eigentlich sogar noch viel mehr Zeit gebraucht hätte, um sich zu entwickeln. Ein kleiner Widerspruch, ja, aber wahr. Einerseits ging mir in dieser Geschichte alles viel zu schnell - die Entwicklungen wurden wie im Zeitraffer erzählt und wirkten teils unverständlich und platt, während die Geschichte selbst nur langsam voranschritt. Erst auf den letzten hundertfünfzig bis zweihundert Seiten konnte mich die Geschichte wirklich packen - ein paar Seiten zu spät.
In seiner Idee ist "Der Engelsbaum" faszinierend und gruselig zugleich. Eine Geschichte, die eine Familie über Generationen begleitet und deren Geheimnisse erst am Ende ans Licht kommen. Themen wie Ruhm und Hollywood, sowie unerfüllte Liebe und düstere Geschehnisse spielen einen große Rolle und vereinen sich im Laufe der Geschichte immer mehr zu einem zusammenhängenden großen Ganzen, untrennbar aneinandergeschweißt. Riley schafft es einmal mehr eine Geschichte wie ein Mosaik Stück für Stück zusammenzusetzen und die Figuren entwickeln sich mehr und mehr selbstständig, in völlig andere Richtungen als man es am Anfang dachte. Allerdings gelingt es Riley nicht immer diese Entwicklungen nachvollziehbar zu gestalten. Mehr als einmal waren diese unverständlich oder gingen viel zu schnell. Die Hauptfiguren sind etwas distanziert, da beispielsweise die Protagonistin Greta ihr Gedächtnis verloren hat und dieses erst im Laufe der Geschichte wiedererhält.
Mit einer düsteren Stimmung und einer dichten Atmosphäre lässt sich das Buch dann aber doch genießen. Auch wenn die erste Hälfte sich etwas zäh liest, so wird man am Ende doch belohnt und spannend unterhalten werden. Die psychischen und menschlichen Abgründe, die sich auftun sind größtenteils wirklich grausam und gut inszeniert, sodass die anfangs fehlende Spannung definitiv aufgeholt werden kann. "Der Engelsbaum" ist eine Lektüre für kalte Winterabende, an denen man Lust auf einen dicken Schmöker hat, der ruhige Töne anschlägt. Hat man nicht allzu viele Erwartungen kann man hier sicherlich überrascht werden, ansonsten gibt es natürlich einige kitschige Wendungen, viel Familiensaga und in der zweiten Hälfte dann auch einiges an Spannung.

"Der Engelsbaum" ist nicht der beste Roman, den Riley geschrieben hat und unterscheidet sich qualitativ sehr von beispielsweise "Die Mitternachtsrose". Die Familiensaga wirkt unausbalanciert und ist an manchen Stellen zäh wie Kaugummi. Auch die Entwicklungen der Figuren wird teilweise zu schnell abgehandelt, an anderen Stellen unglaubwürdig erzählt, sodass stellenweise eine große Distanz zu den Charakteren entsteht, die einem nicht richtig ans Herz wachsen können. Man muss schon in der richtigen Stimmung für diesen Roman sein, aber selbst dann entwickelt er nicht denselben Sog wie andere Geschichten des Genres. Insgesamt eine nette Geschichte, die erst am Ende ins Rollen kommt, aber auch dann nicht auf ganzer Linie zu überzeugen weiß.

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