[Bildquelle: Droemer]
~ Rezension ~
Wenn das Vergessen sich zwischen zwei Menschen stellt.
Der Sommer 1945 soll für Ria und Edwin alles verändern. Ihr gesamtes Leben. Denn in diesen Monaten, kurz nach dem Kriegsende, entflammt zwischen den beiden eine Seelenverwandtschaft, die Halt, Kraft und Liebe gibt. Doch Edwin hat das Eheversprechen vor seinem Kriegsdienst einer anderen gegeben und kann sein Wort nicht brechen. Jahre der Sehnsucht, des Schmerzes und der Reue beginnen
— für Edwin und für Ria. Dann, Dekaden später, führt sie das Schicksal erneut zusammen. Dieses Mal gibt Edwin seinem Mädchen sein Versprechen, sie niemals mehr zu verlassen. Ihr Glück scheint vollkommen. Bis Ria an Demenz erkrankt. Eine Diagnose, die sich als schleichendes Gift herausstellt und die Verbindung zwischen ihr und Edwin bis an einen Abgrund drängt, dessen Tiefen verbittert, kalt und unergründlich sind.In Das Versprechen erzählt die Journalistin Nadine Ahr die ergreifende Lebensgeschichte ihrer geliebten Großeltern. Dabei sprechen aus den Zeilen neben unendlicher Zuneigung und tiefem Ehrgefühl auch bittere Tragik und eine qualvolle Endlichkeit. Mit großem Einfühlungsvermögen und imposanter Persönlichkeit fasste die Autorin wertvolle Erinnerungen und Erkenntnisse, die auf ewig verändern, in Worte. Dabei stehen die Erzählungen und Erlebnisse Edwins, die er mit seiner Enkelin seit jeher teilte, im Mittelpunkt. Eine Lebensgeschichte, die voller Entschlossenheit und Beklommenheit zugleich steckt. Hinzu kommen Nadine Ahrs eigene Erinnerungen an die glücklichen Momente, die ihr von ihren Großeltern geschenkt wurden, sowie ehrliche aufwühlende Gedanken über das Leben, die Liebe und das Vergessen.Allein die schicksalsträchtige Lebensgeschichte bewegt. Doch eine unüberhörbare Botschafterfunktion erhält das Buch durch seine aufrichtige, schonungslos-mutige Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild Demenz. Eine Krankheit, die Ria, Edwin und ihre Angehörigen wie ein kalter Schauer erfasst, das Miteinander zu einer messerscharfen Zerreißprobe macht und mit unumgänglichen Gewissensfragen konfrontiert.Damit nimmt diese Erzählung von Nadine Ahr eine wichtige Stellvertreterrolle inmitten unserer Gesellschaft ein. Denn die geschilderte Hilflosigkeit, Verzweiflung und Willenskraft, von der man nach und nach erkennen muss, dass sie wie von Treibsand verschluckt wird, sind Empfindungen, die jedem, der direkt oder indirekt von dieser Diagnose betroffen ist, aus der Seele sprechen.
Zweifellos, die von Höhen und Tiefen geprägte Liebes- und Lebensgeschichte berührt. Doch der Schicksalsschlag, denen sich Ria und Edwin an ihrem Lebensabend stellen müssen, verursachte einen Kloß in meinem Hals, den ich einfach nicht runterschlucken konnte.
Dass am Ende einer endlich wiedergefundenen Liebe längst kein Happy End à la Hollywood stehen muss, unterstreicht dieses Buch. Unberechenbar spielt das wahre Leben. Was jedoch bleibt, ist das Bild zweier Menschen, die — solange es in ihrer Macht stand — füreinander gekämpft haben.Eine Geschichte, die persönlicher kaum sein könnte, deren Aussage unermesslichen Symbolcharakter hat, deren Autorin eine Hommage an das Leben zweier außergewöhnlich starker Menschen geschaffen hat. F★ZIT: Mutig. Wegweisend. Zerbrechlich.