{Rezension} Das Mädchen, das in der Metro las von Christine Féret-Fleury

{Rezension} Mädchen, Metro Christine Féret-Fleury {Rezension} Das Mädchen, das in der Metro las von Christine Féret-Fleury

Jeden Morgen sitzt Juliette in der Metro auf dem Weg zu ihrer eintönigen Arbeit in einem Maklerbüro und taucht ein in die Welten ihrer Romane. Mal begibt sie sich mit Marcel Proust auf die Suche nach der verlorenen Zeit, mal begleitet sie Hercule Poirot im Orientexpress Richtung Istanbul - manchmal beobachtet sie auch einfach die Menschen um sich herum, die in ihre Lektüre vertieft sind. Es sind die Bücher, die Juliettes Leben Farbe verleihen. Als sie eines Tages beschließt, zwei Stationen früher auszusteigen, begegnet sie dem schrulligen Soliman, der mit seiner Tochter Zaïde inmitten seiner Bücherstapel lebt. Soliman glaubt, dass jedes Buch, wenn es an die richtige Person übermittelt wird, die Macht hat, ein Leben zu verändern. Auserwählte Boten liefern für ihn diese kostbare Fracht aus, an die, die sie nötig haben. Bald wird Juliette zu einer Botin, und zum ersten Mal haben die Bücher einen wirklichen Einfluss, auch auf ihr Schicksal.

Der Klappentext des Romans "Das Mädchen, das in der Metro las" der französischen Schriftstellerin Christine Féret-Fleury klingt aller Wahrscheinlichkeit nach im Ohr eines jeden Buchliebhabers sehr wohltönend und verführerisch. Denn gibt es etwas besseres als ein Buch über die Lese-Leidenschaft (eines anderen Menschen) und die Macht der Bücher und wie sie dadurch Leben verändern können?

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Doch meine Freude auf die Geschichte über die junge Frau Juliette wurde von Seite zu Seite immer mehr getrübt. Ich nahm an, dass Juliette die meiste Zeit lesend verbringt, doch weit gefehlt! Juliette hat zwar auf der täglichen Metrofahrt zu ihrer Arbeit als Immobilienmaklerin ein Buch dabei, doch sie beobachtet viel lieber andere Menschen beim Lesen ihrer Lektüren als ihre Nase selbst in ein Buch zu stecken. Da gibt es die Dame mit dem immer gleichen italienischen Kochbuch, der Herr mit Hut und seiner Insekten-Lektüre oder die junge Frau die immer auf Seite 247 in Tränen ausbricht. Zudem irritierte mich die regelrechte Hortung von Büchern in Juliettes kleiner Wohnung - denn sie gibt einfach jedem Buch, ob sie es einmal lesen wird oder nicht, ein Zuhause. Da spielt es auch überhaupt keine Rolle, ob sie der Inhalt des Buchs eigentlich gar nicht interessiert. Es macht eher den Anschein, als wolle Juliette allen verlorenen Büchern ein Heim bieten um ihrem Leben wenigstens etwas Farbe zu verleihen.

Der für sie immer enger werdenden Lebensraum entzieht Juliette jedoch die Luft zum atmen. Auch der Leser wird etwas durch die Trostlosigkeit von Juliettes tristen Leben angesteckt.

Ende am Licht des Tunnels zieht erst auf als Juliette eines Tages beschließt zwei Stationen früher aus der Metro auszusteigen und den restlichen Weg zur Arbeit zu Fuß zu gehen. Das Schicksal führt sie an diesem Tag direkt zu dem kuriosen Buchvermittler Soliman und seiner Tochter Zaïde.

Die lang ersehnte Kehrtwende ist somit eingetreten und das wirklich Interessante an dem dünnen Büchlein beginnt sich sacht zu entfalten. Auch ein Hauch französischer Charme schwingt nun zwischen den Zeilen mit. Es wird romantisch verträumt - allerdings nicht in dem Sinne der Verliebtheit in einen anderen Menschen, sondern im Sinne eines aufblühenden Lebenslaufs. Juliette beginnt endlich zu lesen und findet zu sich selbst. Leider ist auch hier nicht alles ganz rund für mich, aber der Ansatz hat mir richtig gut gefallen und es hat mir Freude bereitet mitzuerleben wie Juliette endlich aufblüht und sich in das Abenteuer ihres Lebens stürzt.

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Ich bin wirklich ein bisschen traurig darüber, dass diese Geschichte und ich nicht ganz zueinander gefunden haben. Der Ansatz über die Buchkuriere, wie sie Menschen beobachten um ihnen ein Buch auf den Weg mitzugeben das ihr Leben verändern kann hat jede Menge Potential. Vielleicht hätte die Story auch nur etwas mehr Raum benötigt um sich mit mehr Details und Tiefe einen Weg in mein Leserherz zu bahnen. Aus den Charakteren hätte schließlich so viel werden können, doch vor allem die interessanten Nebendarsteller verkommen zu blassen Statisten. Schlussendlich bleibt bei mir nur der hübsche blaue Schal von Juliette und ein gelb gestrichener Bus in Erinnerung.

Trotz romantisch-verträumten französischen Charme und einem gelungenen Ansatz lies diese Geschichte mein Herz nicht schneller schlagen.

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Christine Féret-Fleury arbeitete viele Jahre als Lektorin in einem französischen Verlagshaus, bevor sie sich dem Schreiben widmete. Sie hat mehrere Jugendbücher und Erwachsenenromane geschrieben, die prämiert und in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden.


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