Autor/in: Gerit Bertram
Verlag: Blanvalet
Seitenzahl: 500 Seiten
Genre: Historischer Roman
Kälte kroch ihm in die Glieder, während er auf das beinahe heruntergebrannte Feuer blickte. Nicht nur die abendliche Kühle, sondern vor allem die Nähe des Todes ließ ihn frösteln. Seit vergangenem Sommer wütete die heimtückische Krankheit in seiner Heimatstadt. Unzählige Menschen waren ihr bereits erlegen, und der Schwarze Tod machte vor niemandem halt.
- S. 18
Inhalt in einem Satz:
Nürnberg im Jahr 1522: Nach dem schrecklichen Pesttod ihrer Eltern werden die Geschwister Anna und Sebastian auseinandergerissen, denn Anna soll im Kloster leben und Sebastian schließt sich den Anhängern eines selbsternannten Propheten an, doch beide geraten auf der Suche nach einander in große Gefahr…
Sich seine Schwester im Kloster vorzustellen, fiel ihm immernoch schwer. Selbst in seinen Träumen verfolgte ihn der Ausdruck in Annas Augen, als sie sich voneinander verabschieden mussten. Wie eine leere Hülle hatte sie auf ihn gewirkt, maskenhaft und ohne jene Stärke, auf die er sich stets hatte verlassen können.
- S. 121
Meine Meinung:
Bisher habe ich nicht viele historische Romane gelesen, doch die hier verarbeiteten Themen interessierten mich sehr, sodass ich damit gerne in das Genre einsteigen wollte. Der Klappentext versprach einen Einblick in die Zeit der Pest, der Reformationsbewegung durch Luthers Lehren und eine spannende Familiengeschichte im historischen Nürnberg.
Mit dem Schreibstil wurde ich schnell warm, denn trotz der alten Begriffe, die hier vorkommen, ist das Buch in einer einfachen und verständlichen Schreibweise verfasst, und die ungekannten Wörter kann man im Glossar nachschlagen. Den Lerneffekt hierbei fand ich super.
Anna und Sebastian erleben in ihrem jungen Leben sehr viele einschneidende Veränderungen, sodass in Das Lied vom Schwarzen Tod immer was los ist. Spannung habe ich allerdings leider bis kurz vor dem Ende vergeblich gesucht. Denn die vielen Ereignisse sind zwar interessant beschrieben und bauen häufig aufeinander auf, doch andere sind für die Geschichte auch überhaupt nicht relevant, sodass sich der Roman für mich nur sehr zäh lesen ließ und ich wirklich lange daran zu knabbern hatte. Hätte man die unnötigen Kapitel und Passagen gekürzt, wäre der 500-seitige Roman sicher viel prägnanter gewesen und hätte einen größeren Lesesog entwickelt. So kam er mir trotz der vielen, vielen unerwarteten Wendungen im Leben der Protagonisten dennoch sehr ruhig und langatmig vor.
Was ich hingegen toll fand, war, dass man Einiges über die Zeit lernen konnte, und hiermit meine ich nicht nur die alten Ausdrücke, die ich zu Anfang erwähnt habe. Ich persönlich kannte mich mit dem 16. Jahrhundert bisher kaum aus und fand es deshalb sehr informativ, dass die damaligen Berufe, die kirchliche Situation zu Luthers Zeit und nicht zuletzt auch die Malerei tragende Rollen spielten. Denn Sebastian schließt sich dem Weltuntergangs-Prediger Pankratius an, der sich für einen Propheten Gottes hält und die Verbreitung von Luthers Lehren aufhalten will. Gleichzeitig freundet sich Anna mit der Gattin des berühmten Malers Albrecht Dürer an, den man ebenfalls hautnah kennenlernt. Wie auch im Nachwort ausführlich erklärt wird, werden an verschiensten Stellen wahre Begebenheiten und reale Personen eingeflochten.
Ein Aspekt hat mich noch sehr verwundert, und zwar, dass die Pest an sich überhaupt keine Rolle spielte. Titel und Klappentext ließen mich in diesem Glauben und weckten dadurch mein Interesse, doch Annas und Sebastians Eltern sterben zwar vor Beginn der Geschichte am “schwarzen Tod”, doch danach ist von der Krankheit überhaupt nicht mehr die Rede. Sehr schade, denn darüber hätte ich wirklich gerne mehr erfahren.
Der Gestank der eitrigen Pestbeulen und der fiepende Laut, wenn der letzte Lebenshauch aus den zerstörten Lungen gepresst wurde.
Menschen, die wie Gespenster umherschlichen, mit Augen, die zu viel Leid gesehen und ihren Glanz verloren hatten.
Wer wusste schon, ob sich die Pestilenz nicht bereits neue Opfer suchte?
Lass Sebastian nicht unter ihnen sein, hörte sie sich nach vielen Wochen, während denen sie mit Gott gehadert hatte, zum ersten Mal wieder beten.
- S. 173
Fazit:
Das Lied vom Schwarzen Tod zu bewerten, fällt mir gar nicht so leicht. denn im Grunde handelt es sich um eine abgerundete und informative historische Geschichte, die dem Leser einen Einblick in das 16. Jahrhundert gewährt. Ich hätte mir jedoch mehr Spannung und Prägnanz erhofft und gerne etwas über die Pest erfahren. Fans von ruhigeren historischen Romanen werden hier aber sicher mehr auf ihre Kosten kommen. :)
Bewertung: 📖 📖 📖 (3/5)
Vielen herzlichen Dank an Blanvalet und das Bloggerportal, die mir freundlicherweise dieses Rezensions-Exemplar zur Verfügung gestellt haben. :)