| cbt | Hardcover | 464 Seiten | €17,99 | Amazon |
Alyssa kann Blumen und Insekten flüstern hören, eine Gabe, die schon ihre Mutter um den Verstand brachte. Denn sie sind die Nachfahrinnen von Alice Liddell – besser bekannt als Alice im Wunderland. Als sich der Zustand ihrer Mutter verschlechtert, kann Alyssa ihr Erbe nicht mehr leugnen, sie muss jenen Fluch brechen, den Alice damals verschuldet hat. Durch einen Riss im Spiegel gelangt sie in das Reich, das so viel finsterer ist, als sie es aus den Büchern kennt, und zieht dabei ihren besten Freund und geheime Liebe Jeb mit sich. Auf der anderen Seite erwartet sie jedoch schon der zwielichtige und verführerische Morpheus, der sie auf ihrer Suche leitet. Aber wem kann sie wirklich trauen?
Sie funktioniert. So viel kann ich schon einmal sagen. Zwar wurde die Geschichte viel mehr in eine phantastische Richtung gedrängt, in der Wunderland eher eine Art Elfenreich ist (ohne dabei die typische Wunderlandatmosphäre zu verlieren) und sehr viel düsterer erzählt, aber Howards Version funktioniert. Allein die Idee hinter der Geschichte und die Storyline mit all ihren unvorhersehbaren Plottwists, bei denen man bald nicht mehr zwischen Realität und Fiktion unterscheiden kann, ist definitiv gelungen. So folgt die Geschichte zwar halbwegs der Wunderlandchronologie, die man bereits aus "Alice im Wunderland" kennt, aber doch auf eine ganz andere Art und Weise. Dabei wird auch die 'wahre' Geschichte von Alice Liddell erzählt und faszinierend ausgeschmückt und das auf ein so lebendige und erfrischende Art, dass man oftmals beinahe hofft, dass all das wirklich real ist.
Ein wenig schwammig bleiben die Charaktere, die auf der einen Seite sehr starke Merkmale und Macken haben, auf der anderen Seite aber durch ihre Aktionen eher blass bleiben. Ein gutes Beispiel hierfür ist Protagonistin Alyssa, die aus Insektenleichen Mosaike herstellt, damit sie die Insekten nicht mehr hören muss (was Teil ihres Fluchs ist) - eine Eigenschaft, die direkt auf den ersten Seiten genannt wird und direkt einen skurrilen Eindruck gemacht hat. Aber irgendwie passt das nicht zu Alyssa und ihrer eigentlichen Art, die sich zwar im Laufe des Buches ab und zu anpasst, im Grunde aber eher blass bleibt. Sie wirkt viel mehr naiv und gutgläubig - und, wie gesagt, blass. Ähnliches gilt auch für Jeb, ihren besten Freund, der durch einen dummen Zufall ebenfalls in Wunderland landet. Er ist zwar sicherlich ein guter Freund und hat seine Berechtigung in der Geschichte, aber auch er war zu glatt und schien nicht wirklich einen festen Platz zu haben.
Dem entgegen steht Morpheus, eine Figur, die mich wirklich beeindruckt hat und unheimlich charismatisch ist. Wer genau er ist, muss jeder selbst herausfinden, aber alles schien auf ihn hinauszulaufen, als würde sich "Dark Wonderland" prinzipiell nur um seine Figur drehen und das merkt man auch. Er taucht ständig auf, spielt immer eine Rolle und wird auch in den Folgebänden vermutlich noch einmal groß rauskommen. Morpheus ist eine Figur, der man nicht vertrauen kann - bis zum Ende nicht. Alles, was er sagt und tut, scheint ein einziges Spiel für ihn zu sein und dann auch wieder nicht. Seine Figur ist schwer in Worte zu fassen und in bester Wunderlandmanier gezeichnet. Neben den anderen Hauptfiguren ist er daher der große Lichtblick der Geschichte, wobei ich sagen muss, dass allein die Welt und die vielen Bewohner Wunderlands das Buch für mich absolut lesenswert gemacht haben.