REZENSION: Damon Albarn – Everyday Robots (Parlophone, Warner Brothers, XL, 2014)

Ob Konzeptalben afrikanischer Musik, ob chinesische Opern oder ob die Kreation virtueller Bands – Damon Albarn hat es alles gemacht. Der Brite scheint unkonventionelle Wege zu mögen und geht nun einen weiteren Pfad, der schon lange einmal fällig war, ginge es nach all den Blur-, Gorillazfans etc. „Everyday Robots“ heisst das seit 2011 angekündigte Solo-Album von Damon Albarn, Gastauftritte sind nicht auszuschliessen. Auf dem Album ebenso mitgeholfen haben unter anderem Natasha Khan (von Bat For Lashes), Brian Eno (der fast überall irgendwo ist) und ein Chor aus Harlem, New York.

Ein Hocker, ein weissgrauer Hintergrund und ein etwas depressiv anmutender Mensch (oder Roboter)

Ein Hocker, ein weissgrauer Hintergrund und ein etwas depressiv anmutender Mensch (oder Roboter). Das Cover von Damon Albarns “Everyday Robots” (2014)

Zum Thema Politik hat Damon Albarn eher eine resignierte Meinung, wie er der deutschen Zeitung DIE ZEIT erzählt. Auf die Frage hin, ob er Albarn Russland boykottieren wolle, aufgrund der gegebenen Umstände, sagte er: „Kulturelle Boykotte halte ich für Unsinn. Die treffen immer die Falschen. Man bestraft sein Publikum und nicht ein Regime. Mit den Gorillaz bin ich noch kurz vor dem Bürgerkrieg in Syrien aufgetreten. Das war ein tolles Konzert.“ (DIE ZEIT, 03.Mai 2014 ) Inhaltliche Themen sind deshalb nicht innerhalb der Politik zu finden. „Everyday Robots“ handelt vielmehr von der Technisierung und der verschwommenen Grenze zwischen Mensch und Roboter. Zeilen über Autos und Smartphones, die so normal wie unsere kleinen Finger geworden sind, werden im Titeltrack „Everyday Robots“ angesprochen:

 

„Little robots in ringback tones In the process of getting home“.

 

REZENSION: Damon Albarn – Everyday Robots (Parlophone, Warner Brothers, XL, 2014)

Screenshot aus dem Musikvideo “Heavy Seas Of Love”

„Heavy Seas of Love“ dagegen ist eine emotionalisierte Hymne, die das pandemisch verbreitete Gefühl der Liebe behandelt. Das Musikvideo dazu gibt es auch schon, es ist hier:

DAMON ALBARN – HEAVY SEAS OF LOVE (MUSIKVIDEO)

Hier haben wir also auf einer Seite die Technik und auf der anderen Seite, was die Menschheit nie loswerden wird, die Gefühle. Die Kollision der beiden, kühl und warm, werden in Perspektive gesetzt. Als eine Folge der Technik, insbesondere der sozialen Medien, zählt die gemeinsame Isolation. Menschen sitzen an ihren flimmernden Rechnern im Dunkeln und schauen sich Bilder von anderen Menschen an. Sie sind in einer anderen Welt zusammen, in dieser Welt allein. „Lonely Press Play“ handelt von dieser Form der Selbstisolation und dem Gefühl der Einsamkeit. Als Lösung, banal wie sie auch sein mag, keinerlei ein Neues, wird das eine gesehen, die Musik.

„When I´m lonely I press play“.

DAMON ALBARN – LONELY PRESS PLAY (MUSIKVIDEO)

“Hostiles” erinnert schüchtern an eine Suede-Ballade, dem geknickten 90er Britpop mit den starken Melodien und Instrumentierungen. Das Klavier in der Mitte des Liedes klingt nicht wie Kieselsteine, sondern – etwas cheesy gesagt vielleicht – wie Glitzer in der Nacht. Unsichtbar und schön. Im Stück geht es um Kommunikationsschwäche und Isolation, once more. Die Harmonien sind meist simpel und tragen die Signatur von Albarn. In einem weiteren Interview sagte er, er könne den Schaffensprozess eines Albums nicht davon unterscheiden, ob es ein Soloalbum oder ein Band-Album werden würde. Der Prozess sei immer derselbe. Ein Bluralbum kann also ein Damon Albarn Album sein. Ein Damon Albarn Album ein Bluralbum. Wie gesagt, die Harmonien sind eher simpel, hört man jedoch auf die vereinzelten Sound-Elemente wird einem möglicherweise etwas anders. Zwischen den Tönen öffnet sich eine zerbrochene Welt, die voller Fragezeichen ist. Dieser Gegensatz des simplen Wohlklangs und der Vielschichtigkeit, die sich durch zweites Hören erschliesst, macht den Reiz des Albums aus. Mit 12 Songs ist es kein kurzes und kein langes Werk. Spürbar ist gewiss der über 3 Jahre lange Schaffensprozess, so verschieden klingen Stücke wie “You & Me” oder “Mr Tembo”.

Albarn mag menschliche Gesellschaft nicht so sehr, mehr mag er (gemäss dem ZEIT Interview) Gymnastik und sein Bett. Musik findet er auch nicht ganz verkehrt. Wir wünschen ihm daher weitere Verrenkungen dieser Art und hoffen, dass er dennoch ein Smartphone benutzt, um all die positiven Every-Day-Robots-Reviews On The Go zu lesen, die über ihn geschrieben werden.

Hier das Album in voller Länge auf Spotify anhören:
KEEP BUZZIN und wir schliessen mit einer Lebensweisheit aus Ulk und Poesie:  “it`s hard to be a lover when the TVs on”


Tagged: Album Review, Blur, Damon Albarn, DIE ZEIT, Everyday Robots, Hostiles, Rezension

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