Rezension | "Cop Town" - Karin Slaughter
Rezension | "Cop Town" - Karin Slaughter
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klein, verträumt, bis über beide Ohren verliebt in das Leben, musikbegeistert, büchersüchtig, kaffeeabhängig & Teeliebhaber ♥
„Für jeden Einzelnen von ihnen
bedeutet Atlanta etwas anderes. Sie alle fühlen sich als stolze Besitzer. Sie
alle haben das Gefühl, dass die Stadt ihnen gehört und dass die Stadt genau so
sein sollte, wie sie es sich vorstellen. Und deswegen haben sie das Bedürfnis,
sie zu verteidigen. Sie zu beschützen“
„Cop Town“ – Karin Slaughter
[S. 266]
Erster Satz:
Der Morgen dämmerte über der Peachtree Street.
November 1974. Ein brutaler
Mörder treibt in Atlanta sein Unwesen. Seine bevorzugte Opfergruppe:
Polizisten. Sein Spitzname: Der Shooter. Als auch Don Wesley, der Partner vom
Revierliebling Jimmy Lawson vom Täter skrupellos durch einen gezielten Schuss
hingerichtet wird, gerät das zuständige Polizeirevier immer mehr in Aufruhr.
Ein Schuldiger muss gefunden und gnadenlos bestraft werden. Mitten in den
Ermittlungen: Maggie Lawson, die kleine Schwester von Jimmy, sowie Kate Murphy,
ein Frischling. Eine rasante Jagd beginnt, doch die jungen Frauen haben nicht
nur mit der Suche nach dem Täter schwer zu kämpfen…
Wenn man bestimmte Autoren immer
und immer wieder liest, schmiegt sich ihr Schreibstil an, werden Buchfiguren zu
Vertrauten und Bücher ein zu Hause – als würde man, sobald man die erste Seite
eines ihrer Bücher aufschlägt, nach einer langen Reise endlich wieder in die
vertrauten vier Wände zurückkehren. Karin Slaughter ist für mich eine solche
Autorin und dies, obwohl ich sie erst im letzten Jahr für mich entdeckt habe.
Trotz allem hat mich ihr Schreibstil schon nach wenigen Seiten in seinen Sog
gezogen, haben mich Sara Linton und Jeffrey Tolliver sofort für sich gewinnen
können, war nach nur zwei Bänden, ein ganz vertrautes Gefühl vorhanden, wenn
ich in ein neues ihrer Abenteuer eingetaucht bin.
Die Erwartungen an „Cop Town“
waren hoch. Ein Einzelband einer meiner Lieblingsautorinnen, mit einer
vielversprechenden Inhaltsbeschreibung und fernab der Welt von Grant County. Und
„Cop Town“ ist besonders eines: In wirklich jeder Hinsicht anders, als die
gewohnten Schmöker der Schreiberin. Er kennzeichnet sich durch eine robuste,
direkte und atmosphärische Sprache, gut recherchierte Hintergründe und einer
gelungenen Grundidee. Die Zustände 1974 in Atlanta sind schwierig. Frauen haben
kaum bis keine Rechte, werden in keinster Form akzeptiert, besonders wenn sie
mit ihren zugedachten Rollen brechen. Der Konflikt mit Dunkelhäutigen hält an.
Die Atmosphäre der Stadt ist dunkel und düster. Drogenhändler und Prostituierte
an fast jeder Ecke und eine hohe Verbrechensrate. Schon während der beiden
ersten Kapitel gelingt es Frau Slaughter mühelos, die beschriebene Atmosphäre
und die kritischen Zustände fühlbar für den Leser zu umreißen. Dies gelingt
ihr besonders dadurch, dass sie zwei starke Frauen, Maggie und Kate, zu den
Heldinnen dieses Thrillers ernennt. Als Mitglieder einer Randgruppe, müssen diese
sich ständig in ihrem Job und besonders vor ihren männlichen Kollegen beweisen,
die ihnen das Leben wiederrum in keinster Weise erleichtern, sie weder
respektieren, noch sie als gleichwertig betrachten.
Neben der Mörderjagd, nehmen
dadurch auch Thematiken wie Frauenrechte, Gleichberechtigung, Akzeptanz und Rassismus eine große Rolle ein. Als Geschichtsstudentin kann ich
bestätigen, dass besonders für den letzten genannten Punkt, gute Recherchearbeit
geleistet wurde, was diesen Schmöker zusätzlich in seiner Dramatik und Spannung
bekräftigt.
Insgesamt ist das Buch in sich stimmig. Charaktere und Schreibstil passen perfekt zum robusten und harten Schauplatz Atlantas in den 74ern. Was ich jedoch kläglich vermisst habe, auch in Bezug auf andere Bücher der Autorin, war die richtige Portion Spannung, denn diese mag nur selten aufzukommen und bricht relativ schnell und jäh wieder ab. Selbst das große Finale, mag nicht über die fehlende Klimax hinwegzutrösten, dieses ist zwar gut, mitreißend und überraschend, hält jedoch nicht lang genug an, als dass man die letzte Seite einigermaßen zufrieden zuschlagen könnte. Zwar helfen diverse Perspektivwechsel immer wieder dabei, das Leseerlebnis etwas aufzulockern, so dass man die Freude daran nicht verliert, trotzdem hat man auf den ganzen ca. 550 Seiten ständig das Gefühl, dass irgendetwas fehlt.
"Cop Town" ist ein abwechslungsreicher, interessanter und harter Roman, der mit historischen Ereignissen und rauer Sprache spielt, trotzdem kann dieser Thriller nicht - wie sonst eigentlich von Frau Slaughter gewöhnt - auf voller Linie überzeugen. Der Spannungsbogen baut sich zu langsam auf, das Finale wiederrum ist zu schnell vorbei. Die Situation 1974 auf diese Weise, durch die Augen dieses Romans erleben zu können, macht zwar viel Freude, die fehlende Spannung kann jedoch nicht wettmachen, dass man sich wahrscheinlich nur beschwerlich an diesen Schmöker erinnern wird. Die Buchidee ist gut, die Umsetzung hätte jedoch einen Feinschliff vertragen können. Kein Lieblingsbuchstatus, aber immer noch Lieblingsschreiberling - Karin Slaughters Ideen sind - und bleiben wohl auch - einfach die Besten!
Das Buch in Worten:
gut recherchiert, rau, Frauen-Power, stimmig, mit zu wenig Höhepunkten
Blanvalet | eBook | November 2015 | 544 Seiten | € 11,99 |
Eingestellt von
Jen
am
8/14/2016 08:01:00 nachm.
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Labels:
Bewertung: 3 Herzen,
Einzelband,
Gelesen: 2016,
Karin Slaughter,
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