Rezension: Chromeo – White Women (Last Gang, 2014)

Erstellt am 27. Mai 2014 von Wavebuzz

Ein Jude und ein Araber aus Kanada vermengen gemeinsam europäischen Electro mit afro-amerikanischem Funk und Soul zur ultimativen Konsens-Tanzmusik: Das funktioniert auch auf Album Nummer vier von Chromeo hervorragend. Hippe Studiogäste, entspannte Rhythmen und Basslinien zum niederknien sorgen für stilvolle Unterhaltung und sommerliche Partylaune deluxe.

Patrick Gemayel und David Macklovitch, dessen jüngerer Bruder unter dem Pseudonym A-Trak (u.a. Teil von Duck Sauce) einer der grössten Namen der partygeilen DJ-Szene ist, haben sich vier Jahre Zeit gelassen für ihr viertes und bislang erfolgreichstes Studioalbum. Mit Recht, kann man es doch guten Gewissens als ihr bislang bestes Werk bezeichnen. Die zwölf Songs, die auf “White Women” zusammengefunden haben, beweisen auf konstantem hohem Niveau, mit welch traumwandlerischer Sicherheit es den Kanadiern gelingt, verschiedene Stilrichtungen zu einem stimmigen Ganzen zu vereinen. Dieses Ganze wird gemeinhin unter dem Titel Electro-Funk zusammengefasst, womit sicherlich zwei der Haupteinflüsse benannt sind, die Chromeos Sound ausmachen. Genauso deutlich ist der Blue-Eyed Soul herauszuhören: die Liebe zu diesem hat die Kanadier dereinst auch schon ins Haus von Daryl Hall (Hall & Oates) getrieben.

Vom Coverfoto des neuen Albums über die smoothen (negative Kritiken sagen vielleicht: seichten) Arrangements bis hin zu den Lyrics sind die beiden Kanadier tief in den Achtzigern verwurzelt. Der stilvoll aufgemöbelte Hedonismus ist das Hauptmetier des Duos. Und es fällt schwer dieser Attitüde zu widerstehen - it’s hard to say no, wie sie selbst proklamieren.

“White Women” ergeht sich vorwiegend in funky Electropop mit knackigen Basslinien, tighten Rhythmen, genretypischem Falsettgesang und eingängigen Melodien. Kommt mal ein etwas zeitgemässerer Electrosound ins Spiel, wie etwa im grossartigen “Frequent Flyer”, dauert es nicht lange bis die Geister der Vergangenheit wiederum ihren Einzug halten: in diesem Falle ist es ein prägnantes, von weiblicher Stimme gesungenes “Higher! Higher!”, das die gesamte 90er-Eurodance-Szene vor Schamesröte überkochen liesse, das dem Song seinen Retroschliff gibt.

Wie bereits erwähnt, liegt die grösste Stärke der Band aber im blauäugigen funky Electropop. Hervorzuheben sind in dieser Kategorie das unverschämt grossartige “Sexy Socialite” (no, I’m not! no, I’m not!), die Kollaboration mit Überhipster Toro y Moi “Come Alive” und das, wie man im Fachjargon sagt, Riesending “Play The Fool”, dessen Basslinie wohl sogar Altbasslinienmeister Nile Rodgers einen meterlangen Speichelfaden den Mundwinkel hinabrinnen lässt. Und der Refrain erst.

Mitgewirkt haben im weiteren Beyonces gar nicht so kleine Schwester Solange Knowles (wunderbarer Gesang in der wunderbaren Ballade “Lost On The Way Home”), Ezra Koenig von Vampire Weekend (Gesang im kurzen “Ezra’s Interlude”) und LCD Soundsystems Pat Mahoney (Drums auf “Over Your Shoulder”). Allesamt gelungene Gastauftritte, die das ansonsten schon edle Album zu einem der bisherigen Highlights des Jahres vervollständigen. Grosses Tischtennis!

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