Originaltitel: Bar Code Tattoo
Autor: Suzanne Weyn
Verlag: Sauerländer
erste Auflage: 2004
ISBN: 3-7941-7074-4
Leseprobe: deutsch
englisch
INHALT
Wir befinden uns im Jahre 2025. Immer mehr Menschen tragen ein Strichcode-Tattoo auf der Hand, das Versicherungs- und Kreditkarten ersetzt. Aber ist es wirklich nur ein Zahlungsmittel? Kayla zweifelt daran. Immerhin nahm ihr Vater sich das Leben, und ihre Mutter behauptet, das Tattoo sei schuld. Um die Wahrheit herauszufinden, schließt sich Kayla einer Gruppe von Bürgerrechtlern an, unter ihnen Zekeal, mit dem sie eine Affäre beginnt.
Als die Familie ihrer besten, reichen Freundin Amber schließlich auch noch ihr Geld verliert und sie überstürzt umziehen, wird ihr klar: Die grauenhaften Ereignisse sind kein Zufall.
Der Staat, mittlerweile fast vollkommen in Händen des weltweiten Nahrungsmittel-Monopols Global-1, will nicht nur die totale Überwachung. Er will Menschen aussortieren.
Kayla und ihre Freunde müssen es verhindern. Doch wem können sie trauen und wie können sie sich gegen die Übermacht des Staates und der absoluten Kontrolle zur Wehr setzen?
EIGENE MEINUNG
Ich bin auf das Buch bei einem Streifzug durch unsere Bibliothek gestoßen. Mich hat das relativ düstere Cover in Verbindung mit dem Rückentext neugierig gemacht.
Ehrlich gesagt bin ich sehr zwiegspalten, was dieses Buch angeht.
Es ist - wie viele andere Bücher im Moment auch - eine Dystopie. Vom heutigen Standpunkt aus sind wir dieser Zukunft noch 12 Jahre hinterher. Es wurde allerdings bereits 2004 geschrieben, was man auch merkt bei der Erwähnung von Zeitdaten - 2011 hat Global-1 alles übernommen, seit 2010 ist das Tattoo in China und Japan Pflicht, seit 2012 im Vereinigten Europa. Das ist natürlich auf den ersten Blick ein bisschen irritierend, aber alles kein Problem.
Das Thema finde ich sehr aufrüttelnd, da es nicht weit in der Zukunft spielt, und damit jeden Leser automatisch fragen lässt: Was würdest du machen, wenn es wirklich einmal so kommen sollte? Ist dieses Szenario überhaupt wahrscheinlich? Es ist in dem Sinne auch aktuell, da man sich auch heutzutage fragen sollte: Wer weiß was über mich? Inwiefern bin ich durch das Internet und sonstigem schon zum "gläsernen Bürger" geworden?
Die Verbindung dessen mit Genetik und Klonen passte gut in die Storyline, war allerdings meiner Meinung nach ein bisschen wie, gewollt und nicht gekonnt. Ich habe im Nachhinein den Eindruck, die Autorin wollte so viele gesellschaftlich umstrittene Themen in die Geschichte nehmen wie möglich.
Die Geschichte nimmt relativ schleppend Fahrt auf, trotzdem schafft die Autorin es nicht, die Charaktere genauer herauszuarbeiten. Selbst Kayla als Hauptperson bleibt - von ihrer Veranlagung zur Schizophrenie und ihrem künstlerischen Talent abgesehen - relativ flach. Ich wollte ihr die enge Bindung zu ihren Eltern nicht abkaufen, von der sie berichtete.
Auch die anderen Charaktere blieben nur relativ schemenhaft, das einzige, was man von den meisten wusste, war ihre meist "tragische" Geschichte bezüglich des Strichcodes. Damit hatte ich den Eindruck, dass dies ihre einzige Existenzberechtigung in der Geschichte ist: ihre Leidensgeschichte, um zu zeigen, wie böse und grauenhaft das Vorhaben von Global-1 ist.
Die einzige Ausnahme war Mfumbe, über dessen sinnlosen, unaussprechlichen Namen ich jetzt keinen Kommentar abgeben will, wir leben ja in der Zukunft, vielleicht sind solche Namen ja normal. Er, auf jeden Fall, ist ein Schwarzer und obwohl sein Vater durch den Strichcode gesellschaftlich aufgestiegen ist und dieser ihm wahrscheinlich auch nur nützen würde, ist ER nicht so egoistisch, sieht das große, gefährliche Ganze und hilft weiterhin den Widerständlern.
Ein weiterer großer Knackpunkt war für mich die Affäre mit Zekeal: Bis auf ein, zwei Mails, in denen sie Amber von ihm erzählt, bleibt sie vollkommen unerwähnt. Ich lese, dass Zekeal sie zum geheimen Widerständler-Treffen mitnimmt und dann kommt die Mail an Amber, sie sei heimlich mit Zekeal zusamen. Ich wollte ich dem Ganzen nicht so wirklich trauen. Ich dachte, die beiden Mädchen hätten vielleicht irgendwie einen Geheimcode, um nicht übers Internet offen kommunizieren zu müssen.
Am meisten gestört hat mich aber die Naivität, mit der Kayla, aber auch die gesamte Gruppe an die Sache herangehen. Sie surfen ganz offen auf regierungskritischen Websites, schreiben sich Mails und scheinen sich vollkommen unwissend darüber zu sein, dass man dadurch so leicht auf deren Spur kommen könnte, sollte sich die Situation verschärfen. Ich mein, hallo???
Kayla allerdings war die Krönung. Sie ist auf der Flucht vor der Regierung und der Polizei und von jedem Computer aus, an dem sie vorbeikommt, schreibt sie eine Mail an Amber. Beim ersten Mal war man noch geneigt, ihr zu verzeihen und zu sagen, ist okay, sie ist halt durch den Wind, aber beim zweiten Mal war ich wirklich fassungslos. Ich mein, schön, wenn sie eine Null in Informatik ist, aber SOO dumm kann sie doch nicht sein oder?
Dass durch ihr Verhalten die ganze Gruppe und viele Menschen in Gefahr kommen und ihr trotzdem keiner böse ist, ist für mich eins der größten Mysterien dieses Buches.
Mich genervt hat auch die Esoterik, die auf den letzten Seiten Einzug hielt. Ich will an diesem Punkt auch nicht alles verraten, aber manches davon erschien mir seeeehr suspekt. Damit driftete das Buch ziemlich weit in den Fantasy-Bereich ab.
Das Ende war sehr abrupt und lässt Raum für eine Fortsetzung, die bis jetzt noch nicht gekommen ist. Allerdings dürfte diese wohl sehr fantasy-mäßig ausfallen.
COVER & GESTALTUNGDas deutsche Cover finde ich toll, es ist durchwegs in blau gehalten, das Foto des Mädchens im Hintergrund finde ich sehr ausdrucksvoll - sie hat etwas gehetztes, unruhiges an sich. Auch der Bar Code, der ihr Gesicht zur Hälfte überdeckt, passt wundervoll zum Buch.
EMPFEHLUNGIch empfehle dieses Buch allen, die gerne Dystopien lesen und die sich für das Thema Datenschutz / Genetik interessieren. Es ist ein interessanter Entwurf einer Zukunft, die nicht sehr weit hergeholt scheint.
BEWERTUNGAlles in allem liegt dem Buch mit dem Barcode Tattoo eine tolle Idee zugrunde. Es regt zum Nachdenken an und ist erschreckend nah an der Realität, doch die Grundidee wurde nicht sehr gut umgesetzt und es gibt viele gute Ansätze, die aber nie weiter ausgearbeitet wurde. Schade.
Entschuldigt bitte die Länge der Rezension, es ist ein bisschen länger geworden, ich hoffe, dass ihr nicht davon abgeschreckt werdet. Wenn ich einmal anfange, kann ich nicht wirklich aufhören :DD