Rezension: Arrival City (Doug Saunders)

Von Maxmustermann


Die Metropolen dieser Welt wachsen und wachsen. Millionen Menschen suchen — legal oder illegal — ein besseres Leben in der Großstadt. Doug Saunders ist den Ursachen dieser Entwicklung auf den Grund gegangen und gibt beunruhigende Ausblicke auf eine Welt, in der Megacities noch gigantischere Ausmaße annehmen werden.

Arrival City– und doch nicht angekommen

Im Mai dieses Jahres berichtete das ZDF Auslandsjournal über die katastrophalen Lebensumstände in Hongkong. Tausende Menschen können die horrenden Mieten nicht mehr zahlen und müssen wie Tiere in Käfigen leben. Und in den Slums und “Problemvierteln” von Städten wie São Paulo oder Kibera sind die Lebensbedingungen ähnlich unwürdig.

Vielschichtige Betrachtung

In Arrival City nähert sich Saunders der Komplexität von Megacities über mehrere Kategorien: Historie, soziale Umbrüche, die Explosion suburbaner Gebiete, Migration und aktive Umgestaltung. Dabei verfällt Saunders zu keiner Zeit in die Lamoryanz eines Nicht-Betroffenen, im Gegenteil: Der Autor hebt gezielt die positiven Entwicklungen hervor, anstatt einen apokalyptischen Abgesang auf unsere Welt zu zelebrieren.

Und das ist vielleicht die große Schwäche, die Arrival City anhaftet: Als Leser kommt man nicht daran vorbei, ja man soll unbedingt anerkennen, wie zielführend, wie zweckdienlich die Urbanisierung auf dem Globus vonstatten geht.

Man kann Saunders nicht den Vorwurf machen, aus einem sicheren Hafen heraus seine Analysen zu schreiben. Er ist selbst zu den sogenannten sozialen Brennpunkten gereist, hat intensiv recherchiert und liefert hier eine gut durchdachte, konzentrierte Fallstudie.

Die urbane Spezies

Doug Saunders’ Analyse steuert konsequent auf eine These zu: In nicht allzu ferner Zukunft werden wir Dörfer nicht mehr kennen. Wir sind dann der homo urbanicus, der Mensch im Großstadtdschungel.

Saunders sucht in der Geschichte nach einer Begründung: Der Sturm auf die Bastille, die Proteste gegen den iranischen Schah — diese Bewegungen gingen von der Landbevölkerung aus und daraus leitet der Autor eine Art Gesetzmäßigkeit ab.

Doch an diesem Punkt wird Die neue Völkerwanderung - Arrival City" target="_blank">Arrival City gefährlich. Selbst wenn die Landflucht positive Auswirkungen hätte, stehen dem unkontrollierten Anwachsen von Ballungsräumen zahlreiche negative Auswirkungen gegenüber: Fehlender Wohnraum, mangelnde Wasser– und Stromversorgung, Kriminalität, Seuchen, Armut, Korruption, etc. Diese Probleme werden nicht nur bestehen, sie werden angesichts der anschwellenden Megacities wuchern.

Fazit

Doug Saunders’ Buch gewährt einen tiefen Einblick in die Welt der Mega-Städte und erschüttert. Doch ist Saunders’ Hypothese allzu optimistisch geprägt und verzerrt die negativen Folgen einer durchgehenden Urbanisierung der Welt. Arrival City möchte, wie der Name schon sagt, dass wir alle in Städten ankommen. Doch wäre es nicht besser, das Leben auf dem Land, dem natürlichen Ursprung unseres Seins, lebenswerter zu machen und die Verteilung von Reichtum auf der Welt auszugleichen?

SAUNDERS, DOUG: Arrival City. Pantheon Verlag, München 2013, 576 S., 16,99 €