Nach einigen recht guten Bewertungen im Internet und dem Lesen des Rückentextes war es also beschlossen, dass ich endlich mal wieder einen Thriller aus deutschen Landen lesen. Und nach ‚Splitter’ von Sebastian Fitzek war ich nicht nur davon überzeugt, dass diese Romane richtig gut sein können, ich war auch für das Thema „Was-Dein-Hirn-Dir-vorspielen-kann“ „heiß“ gemacht worden.
Denn auch Arno Strobels Roman behandelt dieses Thema.
Sybille Aurich wacht in einem Kellerzimmer, das wie ein Krankenhauszimmer eingerichtet ist auf und weiß außer ihrer Personendaten, wie Name und Adresse nur noch, dass das letzte was sie sah die Entführung ihres kleinen Sohnes war.
Nachdem sie sich bemerkbar gemacht hat, wird ihr von einem zwielichtigen Doktor mitgeteilt, dass sie in den letzten zwei Monaten im Koma lag, nachdem sie überfallen worden war.
Sybille glaubt ihm diese Fakten zwar, jedoch nicht, dass er ein Doktor ist und flieh hals über Kopf.
Nach und nach sucht sie Freunde, bekannte und Verwandte auf, die ihr helfen sollen. Doch keiner scheint sich an Sybille zu erinnern. Zumindest nicht an SIE als Sybille. Alle – sogar ihr Ehemann behaupten, sie sei ein völlig anderer Frau, obwohl sie so rede und sich so verhalte, wie die angeblich echte Sybille, die nie einen Sohn hatte…
Wer ist Sybille nun? Wieso erkennt sie keiner, obwohl sie alle beim Namen kennt und auch andere Fakten, ohne weiteres weiß?
Das Geheimnis hinter dieser Story hatte mich wirklich angefixt. Ich wollte wissen, was passiert war und was die logische Auflösung hinter dem war was so unlogisch klang.
Leider wurde ich sehr enttäuscht.
Gut fand ich im Roman, die zwischengeschobenen, kurzen Kapitel aus der Sicht einer der Verfolger Sybilles. Doch leider ist das schon fast alles gewesen.
Leider passiert generell im gesamten Buch relativ wenig. Als ich während des Lesens einmal auf die Seitenzahl schaute, erschrak ich, weil ich schon zwei Drittel geschafft hatte, ohne dass die Geschichte wirklich vorangeschritten war.
Das Buch spielt vor allem viel in den Gedanken Sybilles. So versucht Arno Strobel dem Leser ihre Gefühle, ihre Verzweiflung näher zu bringen. Doch leider denkt Sybille die gesamte Zeit immer nur dasselbe. Ohne Strobel etwas unterstellen zu wollen, schätze ich, dass er einfach Schwierigkeiten damit hatte, die Beziehung von einer Mutter zu ihrem Kind gerecht einschätzen und darstellen zu können.
Trotz der ständigen Einsichten in die Gedanken von Sybille, handelt die Protagonistin für den Leser zum Teil sehr unlogisch und unangebracht für eine junge Frau ihren Alters. Mag man letzteres eventuell noch als Charaktereigenschaft unter Stress abfertigen können, so aber nicht die Tatsache, dass sie zusätzlich denselben Fehler mehrfach begeht, und das aus unerfindlichen Gründen.
Auch handeln andere Figuren aus sehr einfachen und teils nicht nachvollziehbaren Gründen, bzw Gründen, die einfach einen „normalen“ Menschen keine derartige Motivation gäbe, sich in derlei Gefahren zu bringen.
Zum Ende des Buches – etwa ab dem letzten Viertel – nimmt die Geschichte etwas mehr Fahrt auf. Doch zu viele vorhersehbare Twists und ein unbefriedigendes Ende lassen nach den gut 350 Seiten einen bitten Geschmack auf der Zunge des geneigten Thriller-Liebhabers.
Und das ärgert mich. Denn man hätte so viel mehr aus der Geschichte, dem Ablauf oder wenigstens dem Ende machen können. Statt dessen, eine nicht nachvollziehbare und eine angedeutete Liebesgeschichte am viel zu einfachen und unbefriedigenden Ende, das eigentlich noch mehr Fragen aufwirft, als es vorher gab.
Strobel hat mit „Der Trakt“ leider nicht das geschaffen, was er wollte. Nämlich einen Psychothriller. Die Story ist zu vorhersehbar und zu flach, die Charaktere zu unglaubwürdig und oberflächlich, die Stilmittel zu plump und als solche zu erkennen und durchschaubar.
Für all diejenigen, die selten Thriller lesen, wird das Buch sicher interessant sein können. Für jemanden, der oft in diesem Genre unterwegs ist allerdings, wird es nicht viel Freude parat haben. Für mich ist Arno Strobels „Der Trakt“ Die Pro7-Produktion unter den Thrillern – eine gute Idee, die eher mäßig umgesetzt wurde.
Und warum sollten sich Genre-Neulinge dann mit weniger zu frieden geben, wenn sie doch von Beckett, McFadyen oder eben Fitzek so viel mehr haben könnten?
Das, liebe Leser, weiß ich auch nicht.
Ich habe auf Lokuszeit 5 Bewertungspunkte, damit ich gegebenen Falls auch mal die goldene Mitte auswählen kann.
Leider schrammt Strobel mit seinem Buch an der Mitte vorbei, so dass ich leider die bisher negativste Bewertung von ‚Lokuszeit’ geben muss:
Bewertung: 2/5
„Der Trakt“ (Arno Strobel)
Taschenbuch, 368 Seiten
ISBN: 978-3596186310
Verleger: S. Fischer
Preis: 8.95 EUR
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