Rezension | „All die schönen Dinge“ von Ruth Olshan

Von Nightingale @nightingale78

Autorin: Ruth Olshan / 304 Seiten / Hardcover / Verlag: Oetinger Verlag / Alterfreigabe: ab 13 Jahren / auch erhältlich bei: Bücher.de, mayersche.de

Der Plot…

Tammie hat eine Vorliebe für Pistazieneis. Und für Grabsteinsprüche. Ein etwas ungewöhnliches Hobby für eine 16-Jährige? Weniger ungewöhnlich, sobald man erfährt, dass Tammie ein Aneurysma im Kopf hat. Das hat es sich dort inmitten ihrer Synapsen bequem gemacht und kann jeden Moment hochgehen. Oder eben auch nicht. Das ist die entscheidende Frage und um die kreist ziemlich viel in Tammies Leben. Als Tammie auf dem Friedhof einen Jungen kennenlernt, der an Grabsteinen rüttelt, kommt sie jedoch ins grübeln.

Mein Resumé…

„All die schönen Dinge“ von Ruth Olshan ist die ideale Mädchenlektüre für alle, die John Green & Co lieben.

Mit diesem Satz wird das erste Jugendbuch von Ruth Olshan gekonnt beworben. Meine Aufmerksamkeit wurde durch den Klappentext ebenfalls geweckt. Ein Mädchen, das gerne auf Friedhöfen nach dem perfekten Spruch für ihren eigenen Grabstein Ausschau hält?! Ja, es ist reichlich kurios und ziemlich makaber so einer Leidenschaft nachzugehen. Aber es ist zunächst der einzige Weg für Tammie, sich mit ihrer >Bombe im Kopf< abzufinden. Und wenn sie sich nicht gerade auf dem Friedhof rumtreibt, oder sich mit ihrer lebensfrohen, quirligen, besten Freundin trifft, entrümpelt Tammie buchstäblich ihr Leben. Während ihre Eltern nur schwer loslassen können, fliegt alles was bei dem todkranken Mädchen nicht niet- und nagelfest ist, in die Tonne. Es ist ihre Art, sich zu verabschieden.

Für einige dürfte dieses Verhalten mehr als seltsam sein, aber was ist schon normal, wenn man faktisch sein Leben auf Raten lebt. Ein Aneurysma ist nun mal eine tickende Bombe. So kann dieses zum Einen blockieren im weiteren Planen und Genießen des Lebens, oder aber man lässt es krachen und nimmt alles mit. Tammies Gedanken sind für ihr Alter ansprechend und sehr nachvollziehbar. Dinge, die sie in Aufregung versetzt – und dabei spielt Intimität eine sehr große Rolle – sind für das Teenagermädchen undenkbar. Ich bekam, obwohl sie sehr brachial mit ihrer Umgebung umgeht (Entrümpelung, Ausmisten etc.) nie das Gefühl, dass sie sich selbst bemitleidet.
Eine nachvollziebare Wende macht Tammie, als sie Fynn (natürlich) auf dem Friedhof trifft. Symbolisch gesehen ist es nicht allzu weit daher geholt, dass Fynns Job ausgerechnet „Grabsteinrüttler“ ist. Vielleicht bin ich auf dem Holzweg, aber im nachhinein habe ich den Eindruck, dass die Autorin damit eine Art symbolisches >Gegengewicht< zu Tammies Hobby einbrachte. Fynn empfand ich als sehr angenehme Figur und ich verliebte mich sofort in seinen Hund ‚Okay‘.

Nebenfiguren, wie Tammies beste Freundin und die Eltern, wurden sehr gelungen gezeichnet. Auch deren Ängste wurde gut transportiert. Allerdings hatte ich, genau wie Tammie und ihre Eltern, Probleme mit dem Verhalten des älteren Bruders. Hier hat mir noch mehr Aufklärung gefehlt. Auch die Hintergrundgeschichte zu Tammies Krankheit wurde nur blass beschrieben. Mit ein paar mehr Buchseiten, wären diese Makel ganz sicher verschwunden.

Für mich persönlich hat die Autorin den Fokus irgendwann zu sehr auf andere Figuren versetzt. So wurde sich sehr viel mehr mit Fynns Hund beschäftigt, als wie mit Tammie. Das empfand ich als schade, denn so hatte ich wieder das Gefühl, dass die Hauptfigur sich nicht wirklich IHREM Leben stellt.

Am Erzählstil in sich habe ich nichts zu bemängeln. Die Seiten flogen im nu an mir vorbei.

Tacheles…

Ruth Olshan schreibt dicht und flößt ihren Figuren jede Menge Leben ein. An der Ausarbeitung in der Handlung haperte es für meinen Geschmack noch. Auch das der Fokus bisweilen zu sehr von der Hauptfigur wegging, empfand ich als schade. ALL DIE SCHÖNEN DINGE bietet nichtsdestotrotz fiel Potenzial und schenkte mir ein sehr kurzweiliges Lesevergnügen.