Rezension – Aline Kiner: Galgenmann

“Ein Strick für Kollaborateure?” (S. 12)

Rezension – Aline Kiner: Galgenmann

Inhalt:

Als Simon Dreemer im beschaulichen französischen Städtchen Metz ankommt, bleibt ihm nicht viel Zeit sich auszuruhen. Sein neuer Vorgesetzter Kommissar Kowalski nimmt ihn mit zu einem Leichenfundort. Die junge Frau liegt eingequetscht in einer Minenspalte, völlig verdreckt und mit einem Strick um ihren Körper gebundenen Strick.

Simon und seine junge Kollegin Jeanne entdecken bei ihren Ermittlungen einen Fall, der elf Jahre zurück liegt: Auch hier wurde ein junges Mädchen tot in einer Felsspalte gefunden. Die Ereignisse spitzen sich zu als eine dritte Leiche gefunden wird und ein merkwürdiges Zeichen auf dem örtlichen Friedhof der Gemeinde Varange, der die drei aktuellen Fälle mit einem Mord in Verbindung setzt, der fünfig Jahre zurückliegt.

Bewertung:

Dieser Kriminalroman fasziniert mich, denn er ist eingerahmt von Geschichte. Auf der einen Seite erfährt der Leser von den Umständen am Ende des 2. Weltkrieges um 1944, auf der anderen Seite bringt Aline Kiner die Ängste und Nöte der heute in Lothringen lebenden Familien näher, indem sie die einst vom Bergbau dominierte Region und die damit verbundenen Probleme in ihren Roman auf so kluge Art und Weise einbindet.

So wirken die Menschen des Dorfes Varange authentisch und aus dem Leben gegriffen, kein Wunder, bedenkt man, dass Kiner ihr Heimatdorf aus Kinderzeiten als Vorlange genommen hat. Und dieses kleine Dorf Varange aber vor allem die dort lebenden Menschen verbergen viele Geheimnisse. So wird die Ermittlung zu einem grausamen Puzzlespiel, mit Teilen, die durchdrungen sind von Hass, Liebe und Hoffnungslosigkeit. Insbesondere Armand Keller, der ortansässige Archivar, versucht die Verbindungen zwischen dem alten und den neuen Morden herzustellen. Doch auch er muss feststellen:

Namen bedeuten nichts [...] Das Gedächtnis, die Erinnerungen … Das ist alles verschwommen. Wechselhaft. Unverbindlich. Das Einzige, was zählt, ist das, was geschrieben steht.” (S. 127)

Und so tappen die Ermittler im Dunkeln, wohl wissend, dass sich der Mörder im Dorf befinden muss. Kiner versteht ihr Verwirrspiel gut, lange bleibt auch der Leser über die Verbindungen und den vermeindlichen Mörder im Unklaren. Und auch die Tatsache, dass sowohl Kommissar Kowalski als auch die junge Polizistin Jeanne mit ihrem Teil der Vergangenheit des Dorflebens konfrontiert werden, gibt den Ermittlungen eine interessante Note:

Jeanne gehörte zu den seltenen Wesen, die anscheinend vom Leben geformt worden waren, so wie der Boden hier, verletzt von inneren Bewegungen, sensibel für den kleinsten Lufthauch. (S. 207)

Der Fall selbst tritt für mich deshalb manchmal auch in den Hintergrund, weil die Geschichte dieses Dorfes, mit all den Details, die Kiner einbindet, oft faszinierender erscheint als der Fall selbst. Neu ist die Idee sicherlich nicht, die Umsetzung ist solide, das Ende nimmt noch einmal an Spannung und Fahrt zu. Dennoch lebt dieser Kriminalroman gerade durch sein Umfeld, dem kleinen Bergbaustädtchen, mit den längst verotteten Minen und den Rissen in der Landschaft. Dies macht diesen Kriminalroman für mich zu einem speziellen, den ich gerne weiterempfehle.

Fazit:

Ein solider Kriminalroman, dessen Besonderheit in der geschichtlichen und landschaftlichen Einbettung liegt.

AutorIn:

Rezension – Aline Kiner: Galgenmann

Aline Kiner ist als Tochter eines Minenarbeiters in einer Kleinstadt in Lothringen aufgewachsen. Sie hat Literaturwissenschaft studiert und arbeitet heute als Journalistin. Heute is sie Chefredakteurin einer der wichtigsten Wissenschaftszeitungen Frankreichs.

Weitere Informationen zur Autorin finden sich hier.

Daten:Rezension – Aline Kiner: Galgenmann

Aline Kiner: Galgenmann
Verlag: List Taschenbuchverlag
ISBN: 978-3548610887
Seitenzahl: 250Erscheinungsdatum: 10.08.2012
Originaltitel: Le jeu du pendu

Bewertung:

Rezension – Aline Kiner: Galgenmann



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