Rezension | "After Passion" von Anna Todd

| Heyne | Klappbroschur | 700 Seiten | €12,99 | Amazon |

Tessa Young ist attraktiv und klug. Und sie ist ein Good Girl. An ihrem ersten Tag an der Washington State University trifft sie Hardin Scott. Er ist unverschämt und unberechenbar. Er ist ein Bad Guy. Er ist genau das Gegenteil von dem, was Tessa sich für ihr Leben wünscht. Und er ist sexy, gutaussehend und zieht Tessa magisch an. Sie kann nicht anders. Sie muss ihn einfach lieben. Und sie wird nie wieder die sein, die sie einmal war. 



Irgendwie ist das Genre "New Adult" ein bisschen, wie ein Unfall für mich. Ich versuche wirklich, wegzusehen, weil mir das, was ich sehe mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht gefallen wird, aber ich schaue trotzdem immer wieder hin - meistens mit dem erwarteten Resultat. Letztendlich sind diese Geschichten doch alle gleich - ein Bad Boy, der von einem Good Girl gezähmt wird, obwohl das kein Mädchen jemals zuvor geschafft hat. Und irgendeine intrigante Schlange, die nur darauf wartet, dass die beiden einen Fehler machen. Ein leicht zu durchschauendes Konstrukt ohne Innovationen und - sagen wir es doch einfach wie es ist - oft auch voller sexistischer Klischees, in denen die weiblichen Protagonistinnen meistens konservativ sind und von dem Mann zum wunderschönen Schwan gemacht werden. Zugegeben: Davor macht auch "After Passion" von Anna Todd nicht halt - ganz im Gegenteil: Jede Frau, die sich so von einem Mann behandeln lässt, ist in meinen Augen nicht ganz richtig. Serviert bekommt man also eine Geschichte, die grausig anfängt, voller Klischees steckt, einen polarisierenden männlichen Hauptcharakter und eine konservative, hochgeschlossene Protagonistin enthält, die ihn a) zähmt und b) durch ihn aufgewertet wird und... die süchtig macht. Bis zur letzten Seite und ein wenig darüber hinaus.
Ja, ich wollte mich von dem Genre fernhalten, weil ich mich meistens über die Geschichten lustig mache und weder Adrenalin, Spannung, noch sonst etwas in diesen Büchern zu finden vermag, aber irgendwie musste ich es mit "After Passion" probieren - noch ein letztes Mal (sagte ich mir!). Als die ersten Seiten dann, wie vermutet, eher lächerlich waren und Hardin (der Bad Boy) sich eher wie ein sechsjähriger ungezogener Junge verhält, während Tessa wie eine verklemmte Pfarrerstochter auftritt, habe ich mich auf eine nervige, aber zumindest schnelle Lektüre vorbereitet. Eins davon traf dann auch tatsächlich zu (schnell ging es wirklich - viel zu schnell), aber der Rest hat mich irgendwie gefangen genommen und nicht mehr losgelassen. Das ewige Hin und Her zwischen Hardin und Tessa, das mich in anderen Büchern in den Exitus getrieben hätte, fand ich in diesem Fall absolut prickelnd und spannend. Hardin, der, entgegen aller Erwartungen, nicht nach hundert Seiten zum Schäfchen mutiert, hat mich fasziniert, denn wenn ihr wirklich einen "Bad Boy" sucht (also einen richtigen, keiner der innerhalb kurzer Zeit zum Weichei mutiert!), dann dürftet ihr ihn hier gefunden haben. Hardin ist so ziemlich das größte "hier Wort mit A einfügen", dass ich kennenlernen durfte und das tatsächlich bis zur letzten Seite.
Denn nicht genug, dass kurz vor dem Ende noch ein riesiger Plottwist das Geschehen völlig durcheinanderwirbelt, - ein Plottwist übrigens, den ich unter normalen Umständen vermutlich schon auf der ersten Seite gewittert hätte, in diesem Fall aber überraschenderweise völlig übersehen habe (was macht dieses Buch nur aus mir?) - auch das Ende  des Buches selbst, hat mich etwas baff zurückgelassen. Das Wort Cliffhanger bekommt eine völlig neue Dimension. Das Verrückte ist, dass ich genau weiß, wie diese Geschichte arbeitet, wie sie einen bekommt und nicht mehr loslässt, aber ich kann trotzdem nicht die Finger davon lassen. "After Passion" ist der Bad Boy und ich bin das Good Girl und irgendwie, egal, wie oft ich es weglege und es skeptisch beäuge, muss ich immer wieder danach greifen. "After Passion" macht süchtig, abhängig und versetzt einen in einen Zustand ständiger innerer Spannung, sodass ich einfach nicht aufhören konnte, zu lesen. Und das, obwohl es nicht so viele neue oder originelle Dinge mitbringt - vielmehr scheint es eine ähnliche Geschichte zu sein, wie man sie aus vielen anderen Büchern kennt, aber "After Passion" ist gut umgesetzt (zumindest nach den ersten fünfzig Seiten!) und auch wenn es immer wieder Dinge gab, die mich zum Augenrollen verführt haben (da gab es wirklich viele Szenen, aber das würde hier den Rahmen sprengen!), hat das nichts daran geändert, dass ich aktuell nur noch eins möchte: den nächsten Band!

"After Passion" hat all die schlechten Eigenschaften, die ein Buch aus dem Genre New Adult so mitbringt: eine konservative Protagonistin, einen Bad Boy, der gezähmt werden will und ein ewiges Hin und Her voller Kitsch, Klischee und Sex. Und es macht süchtig. Wenn "After Passion" der Bad Guy ist, dann bin ich das Good Girl, welches aus mir unverständlichen Gründen einfach nicht die Finger von diesem Buch lassen kann, obwohl ich mir geschworen habe, das Genre links liegen zu lassen. Wer einen echten Bad Boy sucht, der einen wirklich (!) in den Wahnsinn treibt, wird mit "After Passion" definitiv seinen Spaß haben - mir kam das ganze wie eine extremere Version von "Beautiful Disaster" vor. Und jetzt, bevor ich es mir aus Würdegründen anders überlege (ich wollte es wirklich nicht mögen, aber manchmal kommt es eben anders als man denkt!), bekommt das Buch vier Herzen. Oh man, was ist nur los mit mir...


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