Erst einmal hätten wir da die Protagonistin Sina, die, wie wir ja bereits wissen, ziemlich reich und ziemlich beliebt ist. Sie tanzt nach der Pfeife ihrer Mutter und ist immer ziemlich brav gewesen, weswegen es noch viel unrealistischer erscheint, dass sie sich plötzlich unsterblich (!) in einen jungen Mann verliebt, mit dem sie zwei Worte gewechselt hat. Noch dazu in einer Zeit, in der sie um ihren Exfreund trauert. Das ist aber nicht das schlimmste, viel schlimmer ist die Tatsache, dass Sina tatsächlich der platteste und blasseste Charakter ist, von dem ich je in einem Buch gelesen habe. Sie ist, obwohl sie die Geschichte aus ihrer Perspektive erzählt, unglaublich passiv und denkt die meiste Zeit seitenweise über Belanglosigkeiten nach, wechselt dabei ständig sprunghaft das Thema und beschäftigt sich unnötigerweise ewig mit Fragen, die der Leser längst gelöst hat. Leider ist sie auch nicht sonderlich helle, ordnet sich alles und jedem unter und überrascht den Leser auf jeder Seite mit ihrer anwesenden Abwesenheit - wenn das in irgendeiner Art und Weise logisch klingt. Auch Noah, der junge Mann, bleibt sehr blass. Von ihm erfährt man so gut wie gar nichts, zumal es auch nicht unbedingt allzu viel Interaktion zwischen ihm und Sina gibt. Hier fehlt einfach der Zauber, das Erlebnis.
Ebenso sprunghaft und platt sind die Gefühle, die man hier vermitteln wollte, die aber bis zum Ende nicht bei mir angekommen sind. Die Beziehung zwischen Sina und Noah ist derart überzeichnet und überspitzt und hat dabei den Anspruch ernst genommen zu werden, dass man wirklich nur genervt ausatmen kann. Es ist schon schlimm genug, wenn Kinder von ewiger Liebe zu einem Menschen sprechen, aber wenn sie diesen Menschen nicht einmal kennen (in keinster Weise), weil sie lediglich zwei mal mit dieser Person Kontakt haben, entschließt sich das einfach völlig meinem Verständnis. Neben dieser Liebesgeschichte, die in meinen Augen die Bezeichnung absolut nicht verdient, versucht Alexa Henning von Lange die Geschichte durch Freundschaftsprobleme und eine in diesem Fall sogar doch relativ interessante Familienthematik aufzuwerten, was ihr zwischenzeitlich sogar gelingt. Während ich die Freundschaften von Sina ebenso aufgesetzt wie ihre Beziehung zu Noah empfand, hat mir die Familiengeschichte umso besser gefallen. Zwar werden auch hier einige Dinge enorm überzeichnet, dafür stimmen die Emotionen und entwickeln sich immerhin in einer glaubhaften Geschwindigkeit.
Ansonsten war ich aber dann doch sehr froh, die letzte Seite gelesen zu haben, denn leider gibt es kaum etwas, dass dieses Buch lesenswert macht - es sei denn man steht auf wirklich plumpe Unterhaltung und Insta-Love, die nicht einmal ansatzweise glaubwürdig ist. Es ist schon schade genug, wenn man ein oft besprochenes Thema immer wieder aufwärmen muss, aber wenn man das schon tut, kann man es dann nicht wenigstens originell und glaubwürdig umsetzen? Henning von Lange ist dies leider nicht gelungen und so bleiben am Ende Banden- und Gangstergeschichten, Liebe, Freundschaft und Familie Buchstaben und Wörter, schaffen ihren Weg aber nicht ins Leserherz und konnten nicht einmal wirklich zu einer bestimmten Unterhaltung beitragen. Hinzu kommt ein wirklich sehr simpler und gefühlloser Schreibstil, der kaum Gefühle an den Leser bringen konnte und lediglich kurze und plumpe Sätze aneinanderreiht. Sehr Schade!
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