|Rezension| "Ach wie gut, dass niemand weiß..." von Alexa Henning von Lange



 http://www.randomhouse.de/cbt/ http://www.amazon.de/Ach-wie-dass-niemand-wei%C3%9F/dp/3570162842/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1399635605&sr=8-1&keywords=ach+wie+gut%2C+dass+niemand+wei%C3%9F
 "Los! Raus mit dir! Du hast lange genug depressiv rumgesessen."
Das Leben der siebzehnjährigen Sina ist wie aus einem Bilderbuch - sie lebt in einer großen Villa, hat unvorstellbar reiche Eltern und gehört zu der beliebtesten Mädchenclique der Schule. Bis auf die Tatsache, dass sich ihr Freund gerade von ihr getrennt hat und Sina kaum mehr weiß, was sie machen soll. Als eines Abends ihre Freudinnen auf dem Parkplatz von KFC überfallen werden und sie selbst von einem gutaussehenden jungen Mann gerettet wird, beginnt sich ihr Leben zu verändern. Denn plötzlich merkt Sina, dass nicht alles so perfekt ist, wie es scheint und sie merkt in was für einer Scheinwelt sie eigentlich lebt. Doch die Liebe, die sie sogleich für den jungen Mann empfindet, darf nicht sein - schließlich ist ihr Vater Oberstaatsanwalt und der junge Mann scheint eine geheimnisvolle Vergangenheit zu haben...
Von Bücher, die damit werben, dass sie "mitten ins Herz treffen" und "zart, wild und voller Gefühl" sind, erwarte ich eigentlich genau das. Eine prickelnde Liebesgeschichte, die Emotionen und Leidenschaft an den Leser bringt, ein wenig Drama am Rande kann auch nicht schaden. "Ach wie gut, dass niemand weiß" wirbt mit genau diesen Attributen und liefert letztendlich eine grauenhafte bis mittelmäßige Geschichte, die aufgesetzter und unglaubwürdiger kaum sein könnte - aber der Reihe nach. Das Grundgerüst des Romans kennt man nur zu gut und erinnert zwangsweise an Bücher von Simone Elkeles - reiches, gut situiertes Mädchen + gutaussehenden Verbrechertyp = Liebe = Familie ist dagegen = Drama. Das Schema funktioniert, dagegen kann man nun wirklich nichts sagen, aber in diesem Fall ist es nicht nur schlecht umgesetzt, sondern auch absolut überzeichnet. Alexa Henning von Lange schreibt nicht nur viel zu übereilt von den ganz großen Gefühlen und der immerwährenden Liebe, sondern schafft es nicht einmal diese ach so tiefgehenden Gefühle überhaupt an den Leser zu bringen. Warum das der Fall ist und wie wenig ich dieses Buch empfehlen kann, erfahrt ihr im Folgenden...
Erst einmal hätten wir da die Protagonistin Sina, die, wie wir ja bereits wissen, ziemlich reich und ziemlich beliebt ist. Sie tanzt nach der Pfeife ihrer Mutter und ist immer ziemlich brav gewesen, weswegen es noch viel unrealistischer erscheint, dass sie sich plötzlich unsterblich (!) in einen jungen Mann verliebt, mit dem sie zwei Worte gewechselt hat. Noch dazu in einer Zeit, in der sie um ihren Exfreund trauert. Das ist aber nicht das schlimmste, viel schlimmer ist die Tatsache, dass Sina tatsächlich der platteste und blasseste Charakter ist, von dem ich je in einem Buch gelesen habe. Sie ist, obwohl sie die Geschichte aus ihrer Perspektive erzählt, unglaublich passiv und denkt die meiste Zeit seitenweise über Belanglosigkeiten nach, wechselt dabei ständig sprunghaft das Thema und beschäftigt sich unnötigerweise ewig mit Fragen, die der Leser längst gelöst hat. Leider ist sie auch nicht sonderlich helle, ordnet sich alles und jedem unter und überrascht den Leser auf jeder Seite mit ihrer anwesenden Abwesenheit - wenn das in irgendeiner Art und Weise logisch klingt. Auch Noah, der junge Mann, bleibt sehr blass. Von ihm erfährt man so gut wie gar nichts, zumal es auch nicht unbedingt allzu viel Interaktion zwischen ihm und Sina gibt. Hier fehlt einfach der Zauber, das Erlebnis.

Ebenso sprunghaft und platt sind die Gefühle, die man hier vermitteln wollte, die aber bis zum Ende nicht bei mir angekommen sind. Die Beziehung zwischen Sina und Noah ist derart überzeichnet und überspitzt und hat dabei den Anspruch ernst genommen zu werden, dass man wirklich nur genervt ausatmen kann. Es ist schon schlimm genug, wenn Kinder von ewiger Liebe zu einem Menschen sprechen, aber wenn sie diesen Menschen nicht einmal kennen (in keinster Weise), weil sie lediglich zwei mal mit dieser Person Kontakt haben, entschließt sich das einfach völlig meinem Verständnis. Neben dieser Liebesgeschichte, die in meinen Augen die Bezeichnung absolut nicht verdient, versucht Alexa Henning von Lange die Geschichte durch Freundschaftsprobleme und eine in diesem Fall sogar doch relativ interessante Familienthematik aufzuwerten, was ihr zwischenzeitlich sogar gelingt. Während ich die Freundschaften von Sina ebenso aufgesetzt wie ihre Beziehung zu Noah empfand, hat mir die Familiengeschichte umso besser gefallen. Zwar werden auch hier einige Dinge enorm überzeichnet, dafür stimmen die Emotionen und entwickeln sich immerhin in einer glaubhaften Geschwindigkeit.
Ansonsten war ich aber dann doch sehr froh, die letzte Seite gelesen zu haben, denn leider gibt es kaum etwas, dass dieses Buch lesenswert macht - es sei denn man steht auf wirklich plumpe Unterhaltung und Insta-Love, die nicht einmal ansatzweise glaubwürdig ist. Es ist schon schade genug, wenn man ein oft besprochenes Thema immer wieder aufwärmen muss, aber wenn man das schon tut, kann man es dann nicht wenigstens originell und glaubwürdig umsetzen? Henning von Lange ist dies leider nicht gelungen und so bleiben am Ende Banden- und Gangstergeschichten, Liebe, Freundschaft und Familie Buchstaben und Wörter, schaffen ihren Weg aber nicht ins Leserherz und konnten nicht einmal wirklich zu einer bestimmten Unterhaltung beitragen. Hinzu kommt ein wirklich sehr simpler und gefühlloser Schreibstil, der kaum Gefühle an den Leser bringen konnte und lediglich kurze und plumpe Sätze aneinanderreiht. Sehr Schade!
Ach wie gut, dass Geschmäcker verschieden sind, denn in diesem Fall kann ich "Ach wie gut, dass niemand weiß" wirklich nicht weiterempfehlen. Eine unglaubwürdige und aufgesetzte Geschichte, die, gewürzt von einer überzeichneten Liebe und einigen anderen Intrigen und Geheimnissen, kaum Anspruch hat und noch dazu nicht einmal wirklich unterhalten kann. In dem Genre gibt es eindeutig besserers und vor allen Dingen echteres. "Ach wie gut, dass niemand weiß" ist eine plumpe Geschichte mit einer extrem blassen und passiven Protagonistin, die seitenlang sinnlosen Gedankengängen hinterher jagt und sich nicht entscheiden kann, was sie eigentlich will. Für sehr junge Leser könnte das Buch eventuell noch etwas sein, allen anderen möchte ich von diesem Buch abraten.

Alexa Hennig von Lange wurde 1973 geboren und begann bereits mit acht Jahren zu schreiben. 1997 erschien ihr Debütroman Relax, mit dem sie über Nacht zu einer der erfolgreichsten Autorinnen und zur Stimme ihrer Generation wurde. 2002 bekam sie den Deutschen Jugendliteraturpreis. Es folgten zahlreiche Romane für Erwachsene wie Jugendliche und Kinder, außerdem Erzählungen und Theaterstücke. Alexa Hennig von Lange lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in Berlin. [via Randomhouse]
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