Klappentext:
Wie es im Jahr 2084 auf der Erde aussieht, wenn wir so weitermachen wie bisher – das erlebt die 16-jährige Nora in ihren Träumen. Sie träumt von ihrer Urenkelin Nova, die ihr in einem Brief ihre Welt schildert: Der Meeresspiegel ist gestiegen, Klimaflüchtlinge ziehen umher, im Norden grasen Kamele, zahlreiche Arten sind ausgestorben. Im wirklichen Leben weiß Nora Bescheid über Ökologie, Klimawandel und Artensterben. Gemeinsam mit ihrem Freund gründet sie eine Initiative, um die Erdatmosphäre zu schützen. 20 Jahre nach „Sofies Welt“ stellt Jostein Gaarder in diesem spannenden Jugendbuch eine der drängendsten Fragen unserer Zeit: Können wir unsere Umwelt und das Klima retten?
Ich gebe es zu, auch wenn "Sofies Welt" schon seit Jahren ein Kultbuch ist und mich die Story auch immer interessiert hat, habe ich nach fünf vergeblichen Versuchen doch nie mehr als die Hälfte geschafft. Diesmal wollte ich mit Jostein Gaarder eine andere Erfahrung machen.
Wenn wir die Chance bekämen in die Zukunft zu sehen, all das zu erblicken, was sich aus unserer heutigen Lebensweise ergeben wird, so würden sicherlich viele über ihre Taten und Untaten nachdenken. Denn es ist nicht mehr unser Leben, was auf dem Spiel steht, sondern das unserer Kinder und Kindeskinder. Viele vergessen, dass es für unsere Erde nicht nur ein heute gibt - nicht nur eine Zeit, in der wir leben - es werden auch die Tage kommen, die wir auf diesem Planeten nicht mehr erleben werden. Und dennoch ist es unsere Aufgabe die Natur im Hier und Jetzt zu schützen, damit sie auch für unsere Nachkommen noch so schön und rein bleibt wie heute.
Es ist lobenswert ein Buch über ein so aktuelles und wichtiges Thema zu schreiben, welches häufig in den Medien besprochen, aber doch kaum mehr wahrgenommen wird. Der Klimawandel scheint ein Trend von gestern, das Artensterben ein ferner Prozess von geringem Ausmaß zu sein und schon schieben wir das umweltbewusste Handeln auf morgen, das muss reichen.Solange wir nicht mit den Resultaten unseres Nichtstuns konfrontiert werden, lebt es sich eigentlich ganz gemütlich. Aber stellen wir uns nur einmal vor unserer Urenkelin im Jahre 2084 zu begegnen, die uns böse Blicke zuwirft, weil sie in einer sterbenden Welt lebt für die es scheinbar keine zweite Chance gibt. Klingt eher unglaubwürdig, und dennoch geschieht der 16Jährigen Nora genau das.
Die Idee hinter Gaarders Buch fand ich wieder mal genial. Nicht nur die Jahreszahl seines Ziels (2084, was eine "kleine" Erinnerung an "1984" von George Orwell sein soll), auch die Geschichte um dieses brisante Thema waren mehr als interessant. Nora und der Leser müssen sich gleich mit zwei Problemen auseinandersetzen: die Zerstörung der Umwelt und die Rechtfertigung vor den eigenen Kindern, welche in dieser leben müssen. Sich die Frage mal aus dieser Perspektive zu stellen, war wirklich ein kluger Schachzug von ihm, denn vermutlich gibt es nicht viele Menschen, die sich bereits um das Wohl ihrer Urenkel sorgen. Zu fern scheint diese Zeit, die allerdings irgendwann - wahrscheinlich früher als später - kommen und uns einholen wird. So ist dieses Buch nun auch eine Ansage an unser Gewissen, welches sich nicht mehr nur um uns, sondern auch um andere Personen zu kümmern hat.
Leider scheiterte es auch bei diesem Buch oftmals an der Umsetzung (genauso, wie ich es schon bei "Sofies Welt" erlebt hatte). Gaarder neigt dazu sehr sachliche Texte in die Geschichte mit einzubauen, sodass es wirkt, als würden wir nicht einen Roman zu diesem Thema lesen, sondern eher ein Sachbuch um das herum eine romanartige Erzählung gesponnen wurde. Zu oft hatte ich das Gefühl man würde mich mit dem erhobenen Zeigefinger belehren wollen, was doch eigentlich vermieden werden sollte, wenn man einen Roman zu einem so schwierigen Thema schreibt. Viele Ideen und Gedanken waren hervorragend ausgearbeitet, wirkten auf mich sogar sehr schlüssig, nur leider fehlte ihnen die richtige Verpackung. Anstelle von Zeitungsartikeln und Vorträgen hätte sich der Autor vielleicht etwas Anderes einfallen lassen sollen um dem Ganzen die richtige Note zu verpassen. Dann hätte ich mich auch nicht immer so gefühlt, als würde ich durch ein Schulbuch blättern.
Keine Frage, es ist großartig wenn sich Autoren trauen auch mit unangenehmen Themen zu arbeiten und den Leser damit zum Nachdenken bringen. Meiner Ansicht nach hat Herr Gaarder das nur auf die falsche, etwas uninteressante Weise getan. Seine fantasievollen Ideen sind schön, seine Texte manchmal aber zu gewollt lehrreich.
Ich finde einen kreativen Weg mit dem Inhalt einen Buches umzugehen sowieso immer besser, als wenn hilflos irgendwas draufgeklatscht wird.
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Der Autor:
Jostein Gaarder, 1952 in Norwegen geboren, studierte Philosophie, Theologie und Literaturwissenschaften. Er war lange Philosophielehrer und lebt heute als freier Schriftsteller in Oslo. 1993 erschien bei Hanser der Weltbestseller Sofies Welt.