„.. uns allen ist doch sowas von klar, warum all das geschieht. Warum die ganze Welt überwacht wird, warum alle jetzt mal Drohgebärden inszenieren, warum jeden Tag weltweit völlig bedenkenlos Verfassungen und Gesetze gebrochen werden, die Umwelt zerstört wird, die Pressefreiheit egal ist, warum weltweit Gewalt eskaliert und niemand etwas unternimmt, warum Nazis vor Asylanten den Hitlergruß zeigen.
Weil sie es können.
Und weil niemand sie daran hindert. Weil niemand sie daran hindern kann, geschweige denn will. Und mit “sie” meine ich Politiker, Regierungen, Geheimdienste, Verfassungs”schutz”, Polizei, Diktatoren, die Banken, die Wirtschaft, Nazis mit aus-der-Mitte-der-Gesellschafts-Hintergrund. Es ist nicht, dass wir all das nicht verstünden. Die Dimensionen der Ungerechtigkeit, der alltäglich gewordenen Rechtswidrigkeit, der “uns doch scheißegal”-heit der Mächtigen, der Geldgeilheit, der Feindlichkeit, der “alles für die Diplomatie!”-heit um uns herum sind nur inzwischen so groß, dass wir sie einfach nicht mehr fassen können. Begreifen können.
Die offiziell wichtigsten Werte der meisten Länder sind immer noch die Würde, Freiheit und Gleichberechtigung jedes Menschen, Frieden und Gerechtigkeit, Freiheit der Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit. Diese Werte sind aber, inzwischen sogar offiziell, den meisten Ländern einfach nur total egal. Weil längst andere Werte wichtig und zur Entscheidungsgrundlage geworden sind. Es läuft hinaus auf die altbekannten: Geld, Macht und Wissen. Und weil in diesem System Geld gleichzeitig auch Macht und Wissen nach sich zieht oder direkt zu selbigen führt, ist das, worauf es immer hinausläuft, Geld. Geld, Geld, Geld, Geld, Geld. Antrieb, Schmiermittel, Erhalter des Systems, in dem wir leben. Ja, ich spreche hier über
Das System™
Das war mal ein Kampfbegriff, inzwischen ist es zum belächelten Schlagwort dahingeschrumpft. Wer nimmt denn heute noch Systemkritik ernst? Mal ehrlich – bislang konnte es in diesem System noch ganz behaglich haben: sich mal ein bisschen ärgern, dass es wieder so scheiße läuft um uns herum, angefangen bei den ganz kleinen Dingen, endend beim großen Ganzen. Sich ärgern, dass die Gebühren für den öffentlichen Nahverkehr in der eigenen Stadt wieder steigen und die Augenbrauen hochziehen, weil schon wieder irgendwo auf der Welt Bürgerkrieg herrscht. Dann hat man die Zeitung zugemacht, ist mit dem eigenen Auto zur Arbeit gefahren, hat seine acht Stunden abgesessen, fuhr zum Abendbrot nach Hause, schaute irgendwas im Fernsehen und ging ins Bett. Und am nächsten Tag alles auf Anfang. So ging das ein paar Jahre lang ganz gut, es war zwar irgendwie ärgerlich, dass der Blick in die Zeitung oder in die Nachrichten immer so einen Schatten auf das eigene, zwar nicht immer himmelhochjauchzende, aber doch ganz hübsch eingerichtete Dasein warf.
Nachrichten als Störfaktor zum Zuschlagen oder Ausschalten.
So war das mal. Und so funktionierte das ganz lange, wenn man nur rechtzeitig ausschaltete und nicht länger nachdachte. Ein guter Freund hat letztens gesagt “es ist schwer, eine Revolution zu starten, wenn der eigene Job daran hängt”. Die meisten von uns haben sich in die wohl am weitesten verbreitete Abhängigkeitsspirale begeben – a job you hate to buy crap you don’t need to impress people you don’t like. Wer Glück hat, macht das alles wenigstens für einen Job, der sowas wie “Sinn” verspricht, persönliche Entfaltung, Verwirklichung verheißt. Also haben wir uns irgendwie eingerichtet. In unseren netten kleinen Jobs, Wohnungen, Filterbubbles, Freundeskreisen, Communities, Netzwerken. Wir haben uns eine kleine, heile Welt gebaut, die immer wichtiger wurde, je mehr die Welt da draußen durchdrehte. Weil wir Schutzräume brauchen. Weil wir sonst durchdrehen würden, und weil jeder, der mehr als eine Gehirnzelle und eine Minute pro Tag darauf verwendet, über die gegenwärtigen Zustände nachzudenken, binnen kürzester Zeit dem Wahnsinn anheim fallen muss.
…
Wir leben in einer Zeit, in der es für jedes “Ja” ein “Aber” gibt, für jedes digitale, einst Freiheit und Unabhängigkeit versprechende Internet eine Überwachung und für jeden freien Menschen eine Repression. Es ist eine Zeit, in der wir entweder unsere letzte Hoffnung und unseren letzten Veränderungswillen der Resignation zum Fraß vorwerfen. Oder endlich mal den Arsch hochkriegen und anfangen, etwas zu verändern.
Es ist an der Zeit.
Es ist an der Zeit, aus dem Bett aufzustehen.”
Quelle und gesamter Text: http://diesistkeineuebung.com/2013/08/20/revolutio-oooh-ein-eichhornchen/
Ein ähnlicher Text (“Aufruf an die Blogger-Gemeinde”) wurde auch hier bereits vor ca. zwei Jahren veröffentlicht: http://globalinformations.wordpress.com/2011/11/07/aufruf-an-die-blogger-gemeinde-2/