Revolution von rechts: Die autistische Kanzlerin

Erstellt am 12. November 2011 von Jacobjungblog

12.11.2011 – Die gestrige Ausgabe des ZDF heute Journals markiert den Beginn einer Revolution in der Union. Lange haben konservative CDU Mitglieder die Versammlungen und Aufmärsche empörter Bürger nur neidvoll beäugt. Jetzt proben sie selber den Aufstand gegen Parteispitze und Kanzlerin, der sie einen „autistischen Regierungsstil“ vorwerfen, der sich am „demokratischen Zentralismus“ orientiert.

Die Plattform: Initiative „mach-mit-partei.de“. Die Vorbilder: Konrad Adenauer, Franz-Josef Strauß und Helmut Kohl. Das Ziel: Das „überlegene Konservative“ soll wieder im Zentrum der Betrachtung stehen. Die Gegner: Angela Merkel, Ronald Pofalla und Hermann Gröhe. Das Credo: Die Union braucht keine neuen Wähler sondern eine neue Führung.

Nach der Ausstrahlung eines Berichtes des heute Journals war die Internetseite der „Initiative Mach-Mit-Partei“ über längere Zeit nicht erreichbar. Die Initiatoren hatten selber wohl nicht mit sonderlichem Interesse gerechnet. „Wir hatten pro Sekunde mehr Zugriffe als beispielsweise YouTube“ war auf der Website kurzfristig zu lesen. So entschuldigte sich die Initiative bei Parteifreunden und Mitstreitern für den vorübergehenden Ausfall.

Initiative „mach-mit-partei.de“

Die Initiative „mach-mit-partei.de“ ist ein Verein in Gründung mit Sitz im hessischen Eltville. Unter dem Vorsitz von Thomas Stein, Roland Lederer, Bernward Löwenberg und Sebastian Reischmann betreibt die Gruppe eine gleichnamige Internetseite.

Die späteren Gründer der Initiative erlebten am 19. September 2011 die CDU Regionalkonferenz in Alsfeld und stellten dort den „verlorenen Draht zu Mitgliedern und Wählern“ fest. In dem Versuch, die politische Willensbildung von „unten nach oben“ in der CDU wiederherzustellen, wandte sich Thomas Stein, seit 30 Jahren Mitglied der Partei, an Hermann Gröhe. In einer Mail vom 23. September 2011 bat Stein seinen Generalsekretär darum, die Initiative in das CDU Mitgliedernetz aufzunehmen. In seiner Antwort vom 6. Oktober 2011 lehnte Gröhe dies ab. Als Reaktion hierauf wurde die Initiative „mach-mit-partei.de“ am 27. Oktober als Verein gegründet.

Am 11. November berichtete das ZDF heute Journal über die Initiative und ihren Internetauftritt. Der Server war dem daraus resultierenden Ansturm nicht gewachsen. Die Seite war über längere Zeit nicht erreichbar. Wohl selber von der starken Nachfrage überrascht, entschuldigten sich die Betreiber bei ihren Besuchern.

In einer ersten Erklärung hieß es, die Zugriffszahlen hätten das Volumen von YouTube erreicht. Der Videodienst bringt es auf rund 1,5 Millionen Zugriffe pro Minute. Bei gut drei Millionen heute Journal Zuschauern und weniger als 500.000 CDU Mitgliedern in Deutschland dürfte diese Einschätzung deutlich übertrieben sein. Und so korrigierte man heute auf „Hunderttausende“, deren Nerv von der Initiative getroffen wurde.

Neu ist die Kritik an Angela Merkel nicht. Prominente Vertreter wie Friedrich Merz, Erwin Teufel oder Helmut Kohl hatten den neuen Kurs der Union in der Vergangenheit bereits deutlich infrage gestellt.

Für welche politischen Ziele setzt sich die neu gegründete Initiative ein? Wer sind ihre prominenten Unterstützer und droht der Union in nächster Zeit eine Spaltung?

Das „überlegene Konservative“

Die Initiative „mach-mit-partei.de“ ist von großer Unzufriedenheit und Empörung über die Parteispitze der CDU getragen. Man bedauert hier vor allem, dass „charismatische Köpfe mit klarem politischen Kompass (…) verdrängt oder vergrätzt“ wurden und sehnt sich nach Führungspersonen wie „Konrad Adenauer, Ludwig Erhard, Franz-Josef Strauß und Helmut Kohl“ zurück. Mehr Mitbestimmung „von unten“ soll den Kurs der Union künftig bestimmen.

Resigniert zieht man Bilanz und rechnet mit der Kanzlerin ab, ohne ihren Namen auch nur ein einziges Mal zu erwähnen:

„Wir glaubten mit dem Mauerfall den Sozialismus überwunden und müssen jetzt mitansehen, wie unsere Parteispitze mit geschickter Regie jedwede ergebnisoffene Diskussion verhindert und stattdessen Positionen von oben nach unten durchdrückt. Wie einst im „Demokratischen Zentralismus“ lässt man abnicken.“

Man wünscht sich eine Wiederbelebung des „überlegenen Konservativen“, das „wieder im Zentrum der Betrachtung steht“.

Die Initiative fordert im Einzelnen:

Union mit Wahlergebnissen von 40 Prozent oder mehr

Wir möchten die UNION von innen heraus erneuern und so zu alter Stärke zurückführen. Dazu gehört für uns auch der Anspruch, bei bundesweiten Wahlen 40 Prozent plus X der Stimmen auf die UNION zu vereinigen. Ein Anspruch, den die Parteiführung in einem schleichenden Prozess seit 2005 mehr und mehr aufgegeben hat.


Ende der „Unterstützung“ Griechenlands

Während hierzulande seit Jahren Themen wie Rentenversicherung, Gesundheitssystem, Pflegeversicherung und Energie ungelöst bleiben, verteilt Frau Merkel mit der Gießkanne EUROs über Europa und erlaubt planwirtschaftliche Verwerfungen. Nicht mediterrane Kost verlängert das Leben sondern findige Südländer lassen ihre Ahnen rententechnisch fortleben.


Ende der Sozialdemokratisierung der Union

Von den Erfolgen im Arbeitsmarkt haben in den letzten Jahren insbesondere nicht- oder nur geringqualifizierte Mitbürger profitiert und wie hunderttausende Langzeitarbeitslose den Weg in ein Beschäftigungsverhältnis finden können. Dies alles würde durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns gefährdet und konterkariert.


Rückkehr zur Kernenergie

Energiepolitik darf nicht länger das Ergebnis emotionaler Entscheidungen sein. Das Abschalten weiterer Kernkraftwerke ist verantwortungslos. Wir brauchen mehr Wettbewerb statt mehr Planwirtschaft im Energiesektor.

Die Initiative „mach-mit-partei.de“ geht davon aus, dass der Kurs der Union ganz von selber zu früheren Positionen zurückkehrt, wenn man nur die Auffassungen von Mitgliedern, Anhängern und Wählern stärker in Entscheidungsprozesse einbezieht.

Diese Vermutung dürfte allerdings ein wesentliches Merkel Credo außer Acht lassen, dass da lautet: Keine öffentliche Festlegung auf einen bestimmten Standpunkt, ohne vorher die Meinungsforscher zu befragen.

Immerhin sprechen sich nach aktuellen Umfragen 73 Prozent der Bevölkerung für einen flächendeckenden Mindestlohn aus. Fragt man nach Mindestlöhnen in allen oder in bestimmten Branchen, dann votieren selbst 87 Prozent der Anhänger von CDU und CSU für eine entsprechende gesetzliche Regelung.

Auch in Sachen Kernenergie kann sich die Initiative nicht auf eine breite Mehrheit in der Bevölkerung stützen. Bereits im April 2011 war nur noch ein Fünftel der Bevölkerung für eine Fortsetzung der Atomenergie zu haben.

Prominente Unterstützer

Prominente Unterstützung erfährt die Initiative derzeit von verschiedenen Seiten. Zu ihnen zählt der Journalist und frühere FAZ Redakteur Karl Feldmeyer, der seit seinem Ruhestand Gruppen wie „Allianz für den Rechtsstaat e.V.“ oder „Zivile Koalition für Deutschland“ unterstützt und gelegentlich für die „Junge Freiheit“ schreibt. Politikwissenschaftler, die sich mit dieser Zeitung befasst und hierzu publiziert haben, ordnen sie mehrheitlich als zentrales Sprachrohr der Neuen Rechten sowie als Medium mit „Scharnier-“ oder „Brückenkopf“-Funktion zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus ein. (vgl. Wikipedia)

Auch der ehemalige Innenminister von Brandenburg, Jörg Schönbohm (CDU), gehört zu den Unterstützern der Initiative. Schönbohm etablierte das politische Schlagwort „Leitkultur“ und geriet unter anderem in die Schlagzeilen, nachdem er 2005 „die vom SED-Regime erzwungene Proletarisierung“ zur Ursache „für die Zunahme von Verwahrlosung und Gewaltbereitschaft“ in Brandenburg erklärt hatte. Darüber hinaus hatte Schönbohm Günther Oettinger öffentlich in Schutz genommen, nachdem dieser den früheren CDU Bundesvorsitzenden Hans Karl Filbinger, der von 1943 bis 1945 als NS-Marinerichter tätig war, als einen „Gegner des NS-Regimes“ gewürdigt hatte.

Bei der dritten Unterstützerin im Bunde handelt es sich um die frühere Beraterin von Helmut Kohl und Dieter Althaus, Gertrud Höhler.

Im April 2007 stellte sich heraus, dass der sächsische Landtagsabgeordnete Peter Klose in einem ihrer Häuser ein NPD-Bürgerbüro betrieb. Höhler hatte zunächst bestritten, hiervon gewusst zu haben, räumte dies jedoch später ein und rechtfertigte die Vermietung mit dem Argument, dass die NPD eine zugelassene Partei sei.

Occupy Rechtsaußen

Kennzeichnet die Gründung der Initiative tatsächlich eine tiefe Spaltung innerhalb der Merkel-Union oder hat man es hier nur mit einen versprengten Grüppchen „neuer alter“ Rechter zu tun, die das Zielpublikum der Christdemokraten in Richtung äußerer Rand des politischen Spektrums erweitern wollen?

Der jetzt anstehende Parteitag der CDU in Leipzig wird Klarheit darüber bringen, wie zerrissen die Partei im Innern tatsächlich ist. Hier wird unter anderem der künftige Kurs der Union in Sachen Mindestlohn festgelegt. Eine gute Gelegenheit für die Initiative, sich der Partei und ihrer Führung zu präsentieren und um Zustimmung zu werben.

In Bezug auf einige weitere Anträge zum Parteitag dürften sich die rechten Streiter dabei schon deutlich wohler fühlen, als mit den zahlreichen Wünschen der Mitgliedsverbände zum Thema Lohngerechtigkeit und Würde der Arbeit.

So werden sich die Delegierten unter anderem mit einem Verbot des Tragens von DDR-Symbolen, der „Errichtung einer zentralen Gedenkstätte zur Erinnerung an die Opfer und Verbrechen der DDR-Diktatur“ und der Einführung eines bundesweiten, verbindlichen Lehrplans zum Thema „Widerstand gegen den Kommunismus“ an allen Schulen beschäftigen.

Auch die kostenlose und unbürokratische Überlassung von Videoüberwachungsanlagen, Bahnhöfen und Flughäfen an die Bundespolizei, die kategorische Ablehnung von Eurobonds, Vermögenssteuern oder einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes, eine höhere Mindeststrafe (Freiheitsstrafe) für Gewalt gegen Polizisten, eine Fahrradhelmpflicht für Kinder in ganz Deutschland oder die Stärkung der Rechte von Vermietern stehen auf der Tagesordnung.

Freuen dürfte sich die Initiative um Thomas Stein über einen Antrag, der die Erhaltung der Kompetenz zum Bau und Betrieb von Kernkraftwerken in Deutschland fordert. Für die ewig Gestrigen in der Union besteht so immerhin noch die Hoffnung auf eine weitere Energiewende, wenn die öffentliche „Fukushima-Hysterie“ erst einmal abgeklungen ist.

Alles in allem ist die Initiative „mach-mit-partei.de“ wohl vor allem auf den allgemeinen Trend zur Empörung zurückzuführen. Wütende CDU-Urgesteine aus einem „kleinen, unbeugsamen, hessischen Dorf“ wollen nicht länger unbeachtet und ungehört bleiben und besetzen, mit Verstärkung durch die ZDF heute Redaktion, die äußerste rechte Ecke des Wählerspektrums der Union.

Sie bezichtigen die Kanzlerin des „demokratischen Zentralismus“ und sehen ihre Partei einer zunehmenden „Sozialdemokratisierung“ ausgesetzt. Karl Feldmeyer attestiert Angela Merkel gar einen „autistischen Führungsstil“.

An Angela Merkel haben sich bereits die erste und zweite Riege der traditionsbewussten Unionspolitiker die Zähne ausgebissen. Einige von ihnen verbringen den Vorruhestand in Brüssel, andere hat es einflusslose politische Ämter oder in die private Wirtschaft verschlagen. Wieder andere haben sich ganz aus der Politik zurückgezogen. Wenn sich jetzt die dritte und vierte Reihe empörter CDU-Mitglieder erhebt, dann dürfte das die Kanzlerin kalt lassen.

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang: Angela Merkel im TV Duell für den Bundestagswahlkampf 2005 auf die Frage, warum die Menschen ihr in diesen schwierigen Zeiten vertrauen sollten:

Ich weiß mich, im Gegensatz zum Bundeskanzler, doch meiner Truppen, meiner Parteifreunde sicher. Dass wir gemeinsam diesen Modernisierungskurs tragen und nicht das Vertrauen zwischen dem Bundeskanzler – wie es bei der SPD ist – und der eigenen Fraktion fehlt.

So bleibt der Initiative am Ende nur das, was bereits lange im Raum steht: Die Gründung einer neuen rechten Partei. Auf deren Programm und seine Auswirkungen auf künftige Wahlergebnisse der Union, kann man sich jetzt schon einmal freuen.