Review zu Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging | Nintendo Switch

Von Sebastian Gaebelein @Japaniac

Herr Doktor, wie dumm bin ich eigentlich", fragte ich meine Nintendo Switch. Der Doktor schmunzelte und sprach: „Wir müssen ein paar Tests zur Bestimmung Ihres geistigen Alters machen, wobei sie aller Wahrscheinlichkeit sowieso ein Rentner sind."

Mit dem Spiel Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging bringt uns Nintendo einen alten Bekannten auf die Switch-Konsolenfamilie. Versprochen werden spannende Denkübungen, die möglicherweise auch unsere Denkleistung und Konzentrationsvermögen verbessern können.

Seit dem Jahre 2006 gibt es nun schon die Spielereihe rund um den Namensgeber und Hirnforscher Ryūta Kawashima in Europa. Ziel des Projekts war es, Daten für verschiedene Studien zu sammeln und auszuwerten. Innerhalb des Spiels, welches nur wenige Minuten täglich gespielt werden soll, gibt es Übungen, welche aus einer Kombination von kognitiven und motorischen, sprachlichen oder haptischen Elementen bestehen, die verschiedene Gehirnareale stimulieren sollen.

Was der neuste Ableger der Spielserie zu bieten hat und ob unsere Redaktion wirklich dadurch schlauer geworden ist, haben wir für euch getestet.

Gameplay

Das Gameplay ist sehr vielseitig und nutzt viele eigentlich unbekannten Funktionen der Nintendo Switch. Neben den klassischen Übungen, die mit dem Rechnen zu tun haben, gibt es auch verschiedene Übungen, die mit Handzeichen gelöst werden sollen. Hierfür nutzt man den Infarotsensor der Joy-Con Controller.

Die Nintendo Switch wird überwiegend im Hochformat genutzt, was der Handlichkeit dienen soll. Das gibt dem Spielerlebnis eine neue Seite hinzu.

Andere Übungen sind ebenfalls geliefert. So gibt es die Gelegenheit ein kleines Klavierstück zu spielen. Dabei kommen besonders Spieler, die kein Instrument spielen, auf ihre Kosten. Die Übungen selbst sind im Übermaß nicht schwer gehalten. Die Erklärungen sind klar verständlich und die Ergebnisse sind immer mit interessanten Informationen seitens Kawashima begleitet.

Neben den täglichen Übungen gibt es auch Spiele, die dem reinen Zeitvertreib beziehungsweise der Entspannung dienen. Da wäre zum einen das Sudoku; es wird in diesem Spiel viel Wert auf ausdifferenzierte Schwierigkeitsgrade gelegt, was Einsteigern und echte Sudoku-Kaiser freuen wird. Zum anderen gibt es auch ein an Doktor Mario angelehntes Denkspiel

Besonders hervorzuheben ist der Mehrspielermodus. In diesem gibt es kurze Übungen bei denen man sich 1 gegen 1 lokal seinen Widersachern, also den Geschwistern, den Eltern oder Freunden, stellen kann. Dabei kann es dann doch schnell furios hergehen, wenn es darum geht, wer schneller die Vögel zählen kann.

Am Gameplay als problematisch einzustufen ist wohl die Schrift- und Zahlenerkennung. Leider ist es beim Test oft aufgefallen, dass Zahlen wie 5 nur dann erkannt wurden, wenn man sie auf eine bestimmte Art geschrieben hat. Auch wenn es die Möglichkeit gibt, die Schrifterkennung zu ändern, hat das nicht sonderlich viel geholfen. Auch zweistellige Zahlen sind nicht immer fehlerfrei erkannt worden.

Insgesamt ist das Grinsen von Kawashima gerechtfertigt. Das Spiel verdient sich für sein vielseitiges Gameplay eine Wertung von 8,5 Punkten.

Präsentation

Wie wir es von Spielen von Nintendo gewohnt sind, steckt viel Liebe im Layout des Spiels. Wie es bisher typisch für die Spielereihe ist, wurde auch hier nichts überladen. Man hat sich an den klassischen Elementen bedient und diese einfach ein wenig modernisiert.

Unser lieber Herr Doktor wurde auch Mal wieder einer kleinen Schönheitsoperation unterzogen. Als, im wahrsten Sinne des Wortes, Gesicht des Spiels, bringt er viel Freude und vor allem Informationen mit sich. Besonders beeindruckend erscheint hier die Quellenlage. Bei vielen „wissenschaftlichen" Aussagen werden entsprechend Fußnoten der passenden Studien angegeben. Inwiefern diese aber wirklich inhaltlich passen, haben wir nicht geprüft.

Das Spiel spielt grafisch in einer anderen Liga als andere Titel. Das liegt überwiegend am gewollten Minimalismus. Es ist sehr verwunderlich, dass ein Spiel mit so wenigen Elementen so glaubhaft wirkt. Anders würde das Spiel aber auch nicht funktionieren, denn der Sinn besteht ja darin, sich auf die Übungen zu konzentrieren - nicht auf das Spieldesign oder nutzloser Dekoration.

Die Präsentation ist sehr angemessen gewählt und strahlt sowohl die Dr. Kawashima-Klassik und die heute aktuelle Modernität aus. Am dieser Stelle wird die Lösung wohl 10,0 Punkten sein.

Sound

Ähnlich wie das Spieldesign, ist auch der Sound sehr sparsam eingesetzt worden. An dieser Stelle weiß es unsere Redaktion besonders zu schätzen, dass Effekte aus den älteren Teilen übernommen und nur leicht überarbeitet wurden. Beispiele hierfür wären der Countdown oder die musikalische Untermalung des Endergebnisses.

Dr. Kawashima spricht nicht mit einer Stimme. Man muss also den Text lesen. Dies ist seit jeher eines der Dinge, die generell ein Nintendo-Problem zu sein scheint. Natürlich ist es in diesem Spiel nicht besonders schlimm dem Doktor die Worte aus dem Mund zu lesen aber es würde dem Spiel ein gewisses Etwas verleihen, wenn er mit uns direkt sprechen würde. Das würde die Anbindung des Spielers an das Spiel und durchaus ein regelmäßiges Spielen fördern.

Wie würde wohl Dr. Kawashima den Sound bewerten. Wahrscheinlich würde er es mit einem Auto vergleichen. 7,0 Punkte gibt es für den Sound.

Umfang

Das Spiel hebt sich beim Umfang in der physischen Variante mit einem ganz besonderen Element hervor: einen Touchpen für die Nintendo Switch ♡(˃͈ દ ˂͈ ༶ ) Diese fast schon banale Kleinigkeit macht das Spiel so viel lohnenswerter beim Kauf. Der Vorteil des Stiftes im Gegensatz zum plumpen Finger ist, dass man detaillierte die Zahlen schreiben und auch genauer sein Sudoku lösen kann.

Mehrwert bekommt man aber durch die Tatsache, dass es Spiele gibt, die diesen Stift sehr gut gebrauchen könnten. Ein Beispiel hierfür ist wohl das Spiel Super Mario Maker 2 für die Nintendo Switch. Dank des Stiftes macht das Bauen dort noch viel mehr Spaß.

Zurück zum eigentlichen Spiel. Das Spiel liefert eine große Auswahl an Übungen, welche man durch regelmäßiges Spielen freischalten kann. Hier könnte man nun einschlagen und kritisieren. Hin und wieder möchte man doch mehr Übungen ausprobieren. Dies ist jedoch nur möglich, wenn man sich täglich dazu bewegt, das Spiel auch zu spielen. Touché, Herr Doktor - Motivation ist hier geglückt.

Durch ein aktuelles Update kam eine neue Übung zum Portfolio hinzu. Man geht davon aus, dass weitere kostenfreie Updates erscheinen werden.

Das Spiel glänzt nicht durch 100 Stunden Spielspaß. Es zeigt seine Stärke durch kontinuierliche Übungen, die man täglich machen sollte, wenn man voll auf seine Kosten kommen will.

Der Touchpen, welcher auch auf dem Smartphone nutzbar ist, und die große Auswahl an Übungen bringt dem Spiel satte 10,0 Punkte in dieser Kategorie.

Fazit

Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging ist wahrscheinlich das einzige Spiel auf der Welt, dass als sympathisch gilt, während es Spieler offensichtlich als dumm bezeichnet. Die Ambition diesem Spiel das Gegenteil zu beweisen ist nun schon über ein Jahrzehnt bei vielen Fans weltweit verankert.

Das Spiel brilliert mit einer sehr außergewöhnlichen und durchaus gelungenen Aufmachung in seiner physischen Version. Digital lohnt es sich definitiv weniger, da man keinen Touchpen downloaden kann. Der Sound und das Design sind klassisch im gewohnten Stil der Spielereihe. Diese Elemente wurden nur leicht nachbearbeitet.

Wer Spaß an Rätseln hat oder sich einfach aufrichtig einmal am Tag konzentrieren will, sollte hier dringend zuschlagen. Man kann es eigentlich schon fast als ein Must-Have in der Nintendo Switch-Spielsammlung bezeichnen. Und um zur anfänglichen Frage zurückzukommen: Unsere Redaktion ist stolze über 20 Jahre alt im Geiste. ୧(^ 〰 ^)୨

Wir bedanken uns an dieser Stelle bei Nintendo für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Hier könnt ihr euch das Spiel beispielsweise zulegen: