Review: YVES SAINT LAURENT – Ein Revolutionär mit geschundener Seele

Review: YVES SAINT LAURENT – Ein Revolutionär mit geschundener Seele
Fakten:
Yves Saint Laurent
Frankreich. 2014. Regie: Jalil Lespert. Buch: Jacques Fieschi, Jalil Lespert, Marie-Pierre Huster.Mit: Pierre Niney, Guillaume Gallienne, Charlotte LeBon, Nikolai Kinski, Laura Smet, Ruben Alves, Marie de Villepin u.a. Länge: 101 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 5. September auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Yves Saint Laurent gilt über seinen Tod hinaus, als einer der größten Modeschöpfer unserer Zeit. Wie es dazu kam und mit welchen privaten Problemen er sich umgab, erzählt diese filmische Biographie.


Meinung:
Wem sich schon automatisch die Nackenhaare gen Himmel aufstellen, weil die Herzallerliebste mal wieder eine ihrer berühmt-berüchtigten Shopping-Touren einleiten möchte, der wird wohl einen Teufel tun und sich freiwillig einen Film namens „Yves Saint Laurent“ anschauen – Was ja auch irgendwo verständlich ist, schließlich trägt dieser Mann irgendwo Teilschuld daran, dass im Monat schon mal schneller Ebbe im Portemonnaie vorherrschen kann, als man es sich eigentlich vorgenommen hatte. Aber Jalil Lespert hegt mit „Yves Saint Laurent“ keinerlei Absichten dahingehend, eine Modeshow für das Kino zu inszenieren, sondern kümmert sich vordergründig um den Menschen hinter dem visionären Künstler, der die Damenmode mit seinen legendären Kollektionen auf ein neues Level hieven konnte. Ihm ist es letztlich auch anzurechnen, dass die Frau von Welt nun heute ganz selbstverständlich einen Smoking tragen darf, anstatt für die auserlesene Abendgarderobe mal wieder das kleine Schwarze aus dem Schrank zu fischen: Eine Herausforderung an das Geschlecht.

 

Review: YVES SAINT LAURENT – Ein Revolutionär mit geschundener Seele

Yves, der stille Beobachter

Yves Saint Laurent wurde Zeit seines Schaffens zum vorbildlichen Symbol der französischen Haute Couture-Mode und prägte die Modewelt wie auch ihre folgenden Künstler wie wenige andere. Mit Boutiquen, die sich um den gesamten Globus erstrecken, hat der Mann sich ein Denkmal für die Ewigkeiten errichtet. Aber das Drehbuch „Yves Saint Laurent“ empfindet es für kaum erstrebenswert, ein romantisierendes Loblied auf Saint Laurent zu halten oder sich streng in seinen extravaganten Modestücken zu verankern. Seine Weltkarriere geschieht quasi auf der narrativen Nebenstrecke, hier wird mal ein Etuikleid in die Kamera gerückt, dort spenden die überwältigten Zuschauer dem jungen Mann mal stehende Ovationen. Natürlich macht es uns „Yves Saint Laurent“ unmissverständlich klar, dass wir es hier mit einem wahren Genius seiner Gattung zu tun haben, mit einem Menschen, dessen Klasse angeboren scheint, der sich auf seinen Instinkt verlassen kann. Was „Yves Saint Laurent“ hingegen brennend interessiert, ist die Person, die die Bühne verlässt, die in ihren Kreis des Vertrauens zurückkehrt und mit seelischen Problemen zu ringen hat, die der massenmedialen Öffentlichkeit verborgen bleiben sollten.

Review: YVES SAINT LAURENT – Ein Revolutionär mit geschundener Seele

Das Genie bei der Arbeit

Freilich fällt Jalil Lespert Inszenierung höchstgradig gediegen aus und überzeugt durch edle Aufnahmen, immer wieder unterstützt von Pianoklängen, die sich ob der emotionalen Geschehnisse im Leben von Yves Saint Laurent und seinem Lover Pierre Bergé sukzessiv intensivieren. Und damit haben wir auch das zentrale Thema des Films gefunden: Die unstete Beziehung zwischen Yves und Pierre. Yves' Talent ist ihm nicht gewiss nicht zu nehmen gewesen, doch ohne Pierre, der eben nicht nur sein Lebensgefährte war, sondern auch Mentor und Stütze, wäre ihm die internationale Reputation wohl nicht über diese Lebenszeit zuteil geworden. Von seinem Armeeeinzug und dem Aufenthalt in Algerien, wo er schlussendlich in einer Nervenanstalt eingeliefert wurde und mit Elektroschlägen behandelt, hat sich Saint Laurent nie erholt und konnte seine psychischen Schmerzen nur medikamentös unterbinden. Aus der Vita des gemobbten Seminaristen, der bereits mit jungen 26 Jahren Leiter eines Modehauses wurde und schließlich den Thron der modernen Modewelt für sich in Anspruch nahm, spinnt „Yves Saint Laurent“ ein intimes Charakter-Drama und Zeitporträt, das die Charakteristika seiner inzwischen musealen Kollektionen verbindet.
Trauer, Beklommenheit, Stolz und Freude lassen sich vorfinden. Der dem Drogenrausch einmal zu oft verfällt, den in den Frühling vernarrt ist und dessen Angst es angeblich ist, irgendwann mit einer Glatze aufzuwachen. Irgendwann fühlen wir uns diesem Yves tatsächlich nahe, so intelligent nutzt Lespert den Effekt, seine Geschichte aus der Perspektive des Pierre Bergé zu entfalten. Dass „Yves Saint Laurent“ am Ende aber wirklich so blendend funktioniert, liegt an der hervorragenden Schauspielriege. Pierre Niney verlieht dem Genie ein Gesicht und eignet sich Saint Laurents Positur mit erschreckender Akkuratesse an – Und hält ebenso dessen mysteriöse Aura in Ehren! Ihm gegenüber steht Guillaume Gallienne als Pierre Bergé, Saint Laurents Felsen in der Brandung, seine oftmals rettende Bastion, die ihn aus dem Tief von Halluzinogenen und suizidalen Gedanken befreite. Und genauso spielt Gallienne diesen Menschen aus: Jemanden, der keine Prinzipien besitzt, aber zu seinem Wort steht. In diesem Sinne: Auch wenn die Streifzüge durch die Geschäfte mit dem Frauchen gerne zur Qual werden, „Yves Saint Laurent“ ist dennoch eine klare Empfehlung. Auch für echte Männer, wie auch immer die aussehen sollen.7 von 10Ausflügen ins Freie
von souli

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