Review: YOUNG ONES – Blaues Gold und graue Seelen

Review: YOUNG ONES – Blaues Gold und graue Seelen
Fakten:
Young Ones
USA. 2014. Regie und Buch: Jake Paltrow. Mit: Michael Shannon, Nicholas Hoult, Kodi Smit-McPhee, Elle Fanning, Aimee Mullins, Alex McGregor, Robert Hobbs, Carel Nel, Liah O’Prey, Christy Pankhurst, Andy McPhee u.a. Länge: 100 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahen. Ab 18. November 2014 auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Nachdem sich das Klima auf der Erde dramatisch verändert hat, herrscht Dürre. Aus dem einstigen blauen Planeten ist eine karge Wüste geworden. Wasser ist von nun an das wertvollste Gut der Menschheit. Gemeinsam mit seinen beiden Kindern lebt Ernest Holm (Michael Shannon) am Rande der bewohnbaren Zone und versucht in dieser unwirtlichen Umgebung zu überleben, Notfalls unter Einsatz von Gewalt. Flem Lever (Nicholas Hoult), der unliebsame Freund seiner Tochter, hat anderes im Sinn, als einfach nur zu überleben. Mit allen Mitteln will er die Farm und das dazugehörige Land der Familie übernehmen - und wenn er dafür über Leichen gehen muss...


Meinung:
Dass Dystopien schon immer ein wesentlicher Bestandteil unserer Kinolandschaft waren, wird uns dieser Tage erst so richtig bewusst gemacht: Adaptionen jedweder Young-Adult-Belletristik finden ihren Weg in die Lichtspielhäuser und versetzen Teenager auf der ganzen Welt in Verzückung. Dass sich hinter Filmen wie „Die Tribute von Panem – The Hunger Games“, „Seelen“, „Die Bestimmung – Divergent“ oder auch „Hüter der Erinnerung – The Giver“ zumeist eine abstoßend seelenlose Mechanik verbirgt, die sich mit jedem neuen filmischen Erguss dieser Gattung in das exakte Muster des Vorgängererfolges pressen lässt, mag den euphorisierten Heranwachsenden womöglich durch die volle Bandbreite an konstruierten Plastikgefühlen im Verborgenen bleiben, hat man das pubertäre Stadium allerdings verlassen, offenbart sich dieser zielgruppenorientierte Output als ermüdende Tortur. Ein Segen sind daher Künstler, die Dystopie nicht als Projektionsfläche für schmalzige Rührstücke verstehen, sondern den klinisch-handzahmen Gestus gegen ein gesundes Maß an physischer wie psychischer Härte auswechseln.

Review: YOUNG ONES – Blaues Gold und graue Seelen

Die Zukunft ist kein schöner Ort

David Michod ist es beispielsweise mit „The Rover“ zuletzt in famoser Fasson geglückt, ein Endzeitszenario in all der Orientierungslosigkeit einzufangen, welches es nun mal auch darstellen würde, das moralische Brachland jener Tage aber nicht nur über die allgegenwärtige Rohheit zu definieren, sondern den Menschen immer noch als fühlendes Lebewesen zu porträtieren, anstatt sich in einem überhobenen Nihilismus zu suhlen. Der Vergleich mag zwar in gewisser Weise hinken, doch Jake Paltrow beschreitet mit „Young Ones“ ähnliche Pfade, denn auch für ihn ist das postapokalyptische Ambiente keine Kulisse, die zum aufgeblasenen Pathos fungieren muss, sondern sich vor allem durch die Charaktere entschlüsselt, durch die Paltrow veranschaulicht, dass jeder emotionale Konflikt immer noch die tiefsten Furchen in einer jeden menschlichen Existenz hinterlässt. Jake Paltrow (übrigens der Bruder von Schauspielerin Gwyneth Paltrow) ist es vor allem daran gelegen, die ökonomische Entwicklung durch Wasserknappheit einzufangen, um diese Extremsituation dann auch symbiotisch auf die Charaktere zu verlagern und zu potenzieren.

Review: YOUNG ONES – Blaues Gold und graue Seelen

Ob Mary wirklich glücklich werden kann?

Der Kampf um das Wasser hat die Region, die Städte und selbst die direkten Nachbarn zu Feinden gemacht. Während die letzten Menschen von Außerhalb unlängst in die Stadt gezogen sind, hat Ernest Holm (Michael Shannon) noch lange nicht den Glauben daran aufgegeben, dass das Land auf dem er aufgewachsen ist immer noch fruchtbar ist. „Young Ones“ visualisiert sein dystopisches Szenario, in dem Wasser logischerweise der kostbarste Rohstoff ist, als ausgetrocknetes Ödland und all die Personen, die der ausgedörrten Situation ausgeliefert sind, sind nicht nur von poröser Haut gezeichnet, sondern durch die Hitze auch mürbe im Kopf. Das Narrativ von „Young Ones“ gliedert sich in Kapitel, um den jeweiligen Hauptcharakteren auf den Zahn zu fühlen. Neben Ernest Holm gehören dazu auch sein Sohn Jerome (Kodi Smit-McPhee) und der Nachbarsjunge Flem (Nicholas Hoult), der eine heimliche Liebelei mit Ernests Tochter Mary (Elle Fanning) führt. Sie alle folgen einer archetypischen Charakterkonstellation und bäumen sich vom Opfer zum Täter und schließlich auch zum Rächer auf. Einzig Elle Fanning fällt etwas aus dem Rahmen und ist in ihrer eindimensionalen Rolle gefangen.

So gut wie jede Szene endet in einer Überblende, um den nächsten Schritt zu bahnen: Und wenn Jerome zu Anfang durch den Schnitt aus seinem heimatverbundenen Vater Ernest entwächst, erst schemenhaft, dann ganz deutlich, wird konkret eingefangen, in welch dramatische Dimensionen sich „Young Ones“ noch aufschwingen wird. Schwierige Zeiten ändern die Menschen hier in jeder Lage, selbst die ehrenwerten Gestalten müssen das Unrühmliche in Betracht ziehen. Wenn Jerome durch das Aufnahmegerät des Hausroboter aber eine erschütternde Wahrheit erkennt, sieht sich der Sohnemann dazu gezwungen, die Ordnung im familiären Gefüge nach archaisch-reaktionären Prinzipien wiederherzustellen – So wie es der unbändige Drang nach Vergeltung von ihm verlangt. „Young Ones“ ist in seiner Themenbeschreibung vielleicht etwas überladen und zeitweise zu gemächlich, seiner pointiert-poetischen Visualität (natürlich wird auch mit Western-Elementen hantiert) und der hochdramatischen Dimension innerhalb des Charaktergefüges aber gibt man sich nur zu gern geschlagen.
6 von 10 trabenden Hausrobotern
von souli


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