Review: WITCHING & BITCHING - Nichts als Ärger mit den Weibern

Erstellt am 9. Mai 2014 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln


Fakten:Witching & Bitching (Las brujas de Zugarramurdi)ES, FR, 2013. Regie: Álex de la Iglesia. Buch: Jorge Guerricaechevarria, Álex de la Iglesia. Mit: Hugo Silva, Mario Casas, Carmen Maura, Pepón Nieto, Carolina Bang, Terele Pávez, Jaime Ordónez, Gabriel Angel Delgado, Santiago Segura, Macarena Gómez, Secun de la Rosa, Javier Botet, Enrique Villén u.a. Länge: 114 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:José ist der Anführer einer aus der Not geborenen Räuberbande. Als Straßenkünstler getarnt landen sie einen spektakulären Coup und erbeuten einen großen Schmuckschatz. Doch ihre Flucht steht unter keinem guten Stern: Auf dem Weg nach Frankreich passieren sie die in Navarre gelegene Stadt Zugarramurdi. Die Stadt ist fest in den Händen eines Hexenkults, der just einen Sabbat abhält. Angesichts der Horde von Hexen ist die José und Co. verfolgende Polizei nun noch das geringste Problem…

Meinung:Wenn ein silberner Christus, ein menschlicher Spielzeugsoldat, Mini Maus, SpongeBob, der Unsichtbare und ein kleiner Junge, der eigentlich seine Hausaufgaben machen sollte, einen Schmuckhändler ausrauben, sich eine blutige Schießerei mit der Polizei liefern und bei ihrer Flucht mit einem entführten Taxi mitten in einem Hexensabbat geraten, können dafür eigentlich nur Robert Rodriguez (dessen „From Dusk Till Dawn“ ganz leicht Pate stand) oder eben Spaniens Enfant terrible Álex de la Iglesia verantwortlich sein.

Niemand verarscht Jesus!

Das ist anfangs nicht weniger rasant, turbulent und unterhaltsam wie sich anhört. Der furiose Auftakt schürt die Hoffnung, dass sich Kindskopf Iglesia hier ähnlich hemmungslos und stilsicher geschmacksbefreit austoben wird wie bei seinem letzten Werk, dem bewusst polarisierenden Vorschlaghammer „Mad Circus“, der in seiner rabiaten Zügellosigkeit wohl das bisher beste Werk des unberechenbaren Spaniers darstellte. Diese Erwartungen kann sein neuester Streich „Witching & Bitching (ähnlich „sinnvoll übersetzt“ wie schon „Mad Circus“) im weiteren Verlauf leider nicht gänzlich erfüllen. Wie immer bei Iglesia und seinem Stamm-Co-Autor Jorge Guerricaechevarria werden eine gute Grundidee und zahlreiche nette Einfälle zusammengeschmissen, können dabei jedoch kein rundum stimmiges Skript ergeben. Besonders ihr Hang zu Albernheiten und dem fehlenden Gespür, wann man lieber mal gezielt auf den Punkt kommen sollte, wird ihnen gelegentlich zum Verhängnis. Altbekannte Probleme der Herren, die hier zu deutlich sichtbar sind.

"Erst noch eine Folge Bibi Blocksberg, dann gehts auf die Jagd."

Mit seinen 114 Minuten ist „Witching & Bitching“ nicht nur schlicht viel zu lang und zieht sich somit im Mittelteil stellenweise arg, er verpasst einfach oft den perfekten Zeitpunkt, um knackig ins Ziel zu kommen. Der Humor schwankt zwischen ganz lustig, nervtötent und unpassend kindisch (die beiden Polizisten, deren Zickerein untereinander nicht mal ein müdes Lächeln erzeugen können), schafft nur ganz selten dieses bösartige Niveau, was Iglesia in seinen besten Filmen auszeichnete. Im ausgiebigen Schlussspurt zieht das Tempo wieder drastisch an, das hektische Treiben erreicht dann allerdings schnell einen Punkt, der des Guten einfach zu viel ist. Der Gedanke, einen überdrehten Geschlechterkrieg zwischen südländischen Chauvis und mehr als emanzipierten Teufelsweibern in einem wilden Genre-Mix auf die wenig subtile Spitze zu treiben (inklusive einem Peter-Jackson-Gedächtnis-Finale) ist einerseits herrlich ruppig, andererseits schon extrem an der Grenze zum ausufernden Blödsinn. Feintuning ist nicht das Ding von Iglesia, der selbst seine Fans hier mit seinem teilweise pubertären Verständnis von Humor droht zu verschrecken.
Deutliche Kritikpunkte, die ganz klar stellen sollten: Wer mit dem Mann bisher wenig anfangen konnte, sollte einen großen Bogen um „Witching & Bitching“ machen. Der Rest sollte aber durchaus einen Blick riskieren, denn wenn man Iglesia eines zusprechen kann, dann Leidenschaft, Kreativität und Spaß an der Sache. Trotz Hängern und Rohrkrepierern, sein Hexenzirkus ist durchaus einfallsreich, zitiert gerne und ausgiebig aus dem okkulten Genre und versprüht diesen überdrehten Charme, den jeden seiner Filme auszeichnet. Dazu erstaunlich gut getrickst und mit spielfreudigen Darstellern besetzt, die über so manche Problemchen hinwegtäuschen können, wenn auch nicht durchgehend. Am Ende hätte man sich sicher mehr erwartet, aber wer bei Iglesia etwas voraussetzt, ist selber schuld. Dafür ist er zu wenig 08/15. Und das ist gut so.
6 von 10 Fingern im Schlafrock.