Review: WIR SIND DIE NEUEN – 1968 vs. 2014: Studenten verändern sich - oder doch nicht?

Review: WIR SIND DIE NEUEN – 1968 vs. 2014: Studenten verändern sich - oder doch nicht?
Fakten:
Wir sind die Neuen
Deutschland. 2014. Regie und Buch: Ralph Westhoff. Mit: Gisela Schneeberger, Heiner Lauterbach, Michael Wittenborn, Karoline Schuch, Patrick Güldenberg, Claudia Eisinger u.a. Länge: 92 Minuten. FSK: Ohne Altersbeschränkung freigegeben. Ab 17. Juli 2014 im Kino.
Story:
Die drei Alt-68er Anne (Gisela Schneeberger), Johannes (Michael Wittenborn) und Eddi (Heiner Lauterbach) beschließen aus Geldmangel, ihre alte Studentenzeit wieder aufleben zu lassen und gemeinsam in eine WG zu ziehen. Doch aus der in ihrer Vorstellung so wunderbaren Idee erwächst schon bald Ernüchterung. Das Zusammenleben ist halt doch nicht mehr so wie vor über 40 Jahren und dann haben sie die Rechnung auch nicht mit der heutigen Generation von Studenten gemacht – die achten nämlich penibel auf Sauberkeit, Ordnung und Ruhe. Diese Spießer.


Meinung:
Kennen Sie das? Da wollen Sie einfach mal in aller Ruhe etwas Wichtiges machen, sei es nun Entspannen, einen Film kucken oder ein Buch lesen, und ständig plärren die Nachbarn unter Ihnen so sehr, dass man unmöglich in der Lage ist, sich auf seine Beschäftigung zu konzentrieren? Ja, natürlich kennen Sie das. Ist ja auch etwas, das durchaus häufiger vorkommt. Meist sind es, dem Klischee nach, Jugendliche oder junge Erwachsene, die sich viel zu laut aufführen, ohne Rücksicht auf andere. So scheint es zumindest, aber in „Wir sind die Neuen“ ist das nicht so. Hier sind es ein paar alte 68er, die sich entschließen, ihre ehemalige ausgeflippte Studentenzeit aufleben zu lassen und in eine schicke Altbau-WG ziehen. Problem ist nur, dass über ihnen drei junge, eifrige Studenten wohnen, die sich entweder aufs Staatsexamen vorbereiten müssen oder an ihrer Bachelorprüfung feilen. Da kommen die drei Gestalten, die ihre Jugend wieder entdecken wollen, so gar nicht recht. Jaja, Zeiten ändern sich.

Review: WIR SIND DIE NEUEN – 1968 vs. 2014: Studenten verändern sich - oder doch nicht?

Diese Alten sind neu...

Leider beginnt der Film doch sehr zäh. Zwar führt er die drei Hauptfiguren Anne (Gisela Schneeberger), Johannes (Michael Wittenborn) und Eddi (Heiner Lauterbach) sehr schön in den Film ein und wir merken schnell, wie sie ticken, welche Typen sie verkörpern, aber dennoch geht so einiges einfach zu schnell. Man merkt die Konstruktion der Situation schon enorm an. Macht aber nichts, so kommen wir auch schneller an den Punkt, an dem der Film seine wahre Stärke entfalten kann, nämlich wenn die drei in ihre Alters-WG eingezogen sind und auf ihre drei jungen Obermieter treffen. Da ist der Konflikt zwischen den unterschiedlichen Fraktionen vorprogrammiert. Die sechs Hauptdarsteller, neben den genannten Senioren sind hier noch Karoline Schuch, Patrick Güldenberg und Claudia Eisinger mit von der Partie, haben einfach Spaß und lassen sich richtig schön in den Film und in ihre Rollen fallen. Dazu gelingt es dem Film, uns genau das erleben zu lassen, was auch die Figuren erleben, nämlich die Konfrontation mit etwas anderem, etwas Ungewohntem, was aber, wenn man sich näher mit diesem Fremden beschäftigt, plötzlich doch sympathisch wird und gar nicht mehr so fremd erscheint.

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...weil diese Jungen alt sind. Ganz schön kompliziert.

Ralf Westhoffs Komödie dreht also das Prinzip einfach mal um. Die jungen Studenten sind die Spießer, die Alten sind die aktiven, locker-lässigen Figuren. Hier liegt auch die Komik des Films. Ein Spiel mit Klischees, aber auch deren Umkehrung und sogar kritische Reflexion kann man eindrucksvoll beobachten. Es wird mit Vorurteilen aufgeräumt, gerade indem sie teilweise vehement bedient oder eben ad absurdum geführt werden. Dazu zeigt der Film auf sehr amüsante Weise, wie es ist, zur jeweiligen Generation zu gehören und dass es wunderbar sein kann, wenn man nicht nur in seinen altbekannten vier Wänden sitzt, sondern sich für Ideen, für Ansichten und Einstellungen anderer Generationen, anderer Zeiten öffnet. So profitieren alle, wenn man die jeweiligen Stärken und Schwächen erkennt und das Beste daraus macht. Ein menschliches Miteinander anstatt nur (negative) Vorurteile weiter zu bedienen. Öffnung für andere Menschen, wirkliches Interesse für deren Gefühle und Ansichten, das ist es doch, was uns alle verbinden sollte. Über Generationen (wie in diesem Film), aber auch über Landesgrenzen und Kontinente hinweg.

Untermalt wird der Film von einem teilweise sehr eingängigen Soundtrack älterer Rock- und Popsongs, der typisch für die 68er war, und auch das Setting wirkt bei aller Einfachheit sehr sympathisch und gemütlich. Vielleicht ist es von Vorteil, zu einer dieser beiden Gruppen zu gehören, wenn man diesen Film kuckt, da man so die Sichtweisen besser übernehmen kann, da so, frei nach Lessing, eine stärkere Identifikation mit den Figuren stattfinden kann, doch dürften auch für die übrigen Kinobesucher 92 Minuten prächtig unterhalten werden.

7 von 10 Frisbees in der Wohnung


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