REVIEW | Wiener Dog

 
Zwei Dinge fallen nach dem Anschauen von “Wiener Dog” deutlich auf. Nummer 1: der kleine Dackel, der in allen Episoden von Regisseur Todd Solondz’ Indie-Ensemble-Film eine wichtige Rolle spielt, gibt sich gleich in der ersten Szene als hervorragender Kammerspiel-Schauspieler. Nummer 2: Jeder Hunde-Mensch wird garantiert eine Szene des Films schlimmer als jeden Horrorfilm finden, geradezu unausstehlich – nie wieder möchte man einen solchen Filmmoment erleben. Allerdings findet man sich auch in der argen Bredouille, dass “Wiener Dog” einfach ein herrlich skurriles Filmchen ist, das von Hunde-Menschen gesehen werden sollte.

Todd Solondz erzählt eigentlich nicht von seinem kleinen Dackel, dieser begleitet die Figuren und uns eigentlich nur durch vier Episoden, die von der Sterblichkeit und dem Lebensende erzählen. Da ist Julie Delpy als Mutter, die das kleine Hundchen für ihren Sohn in ihre High Society Wohnung lässt. Da sind Greta Gerwig und Kieran Culkin, die den Hund in ihre absonderliche “falling in love”-Geschichte einbinden. Oder Danny DeVito als gescheiteter Drehbuchautor, der den Dackel für eine kleine Frust-Attacke auf die Gesellschaft missbraucht. Und auch bei Zosia Mamet spielt der kleine Wiener Dog eine Rolle, wenn sie zu ihrer Großmama Ellen Burstyn geht um nach ein wenig finanzielle Unterstützung zu fragen.

Wenn Solondz etwas gelingt, dann ist es seine Cast genau richtig auszuspielen. Julie Delpy zeigt nicht nur ihr Gesicht, sondern darf auch ihren bissig-derben französischen Humor zeigen. Greta Gerwig versetzt sich ausnahmsweise mal nicht in die Rolle des verlorenen Großstadt-Girls, bleibt aber ihrem quirky Indie-Style treu und wird hierbei sogar noch von Kieran Culkin unterstützt. Derweil nimmt sich “Wiener-Dog” den gestandenen Darstellern Danny DeVito und Ellen Burstyn von einer tragisch-dramatischen Seite an, eine willkommene Abwechslung innerhalb des Films.

Schade ist nur, dass diese Episoden nicht weiter ineinander verstrickt worden sind, so dass es sich wirklich um vier abgeschlossene Geschichten um dasselbe Thema handelt. Nur zu gerne hätte man einmal Greta Gerwig neben Zosia Mamet gesehen, was sicherlich einiges an Dynamik hergegeben hätte. Oder einmal DeVito neben Burstyn. Einmal hätte der kleine Dackel die Menschen, deren Leben er begleitet, zusammen bringen dürfen.

Dennoch ist es amüsant mit anzusehen, wie dieser kleine Wiener-Dog einfach nur dasitzt und das Leben über sich ergehen lässt, während um ihn herum alle über das Sterben philosophieren – mehr oder minder dazu gezwungen werden. Dabei ändert sich allenfalls sein Name: mal wird er direkt “Wiener Dog” getauft, dann wieder “Kacka” (nach einem extremen Fall von Durchfall) oder “Tumor”. Nett sind diese Namen irgendwie nie. Von Einfallslosigkeit bis Krankheiten, spiegeln seine Namen oftmals ebenso wieder, was im Inneren dieser Menschen vor sich geht. Damit wird er zugleich nie wirklich zu einem Familienmitglied, eigentlich führt er lediglich eine herumgereichte Existenz.

Danny DeVito führt sein kleines Hundchen Gassi.Danny DeVito führt sein kleines Hundchen Gassi.

Nicht zuletzt wegen Greta Gerwig erinnert “Wiener-Dog” an die filmischen Werke eines David Gordon Green – diese kleinen, ruhigen Dramen mit bittersüßem Witz, die sich mit den Innenwelten des menschlichen Daseins beschäftigen: “Prince Avalanche” mit Emile Hirsch und Paul Rudd, “Joe” mit Nicolas Cage und Tye Sheridan als Gordon Green “Must Watch”-Empfehlungen.

Aber man darf “Wiener Dog” nicht auf die leichte Schulter nehmen, hier wird sowohl im Witz als auch im Drama äußerst derbe gearbeitet. Wem rassistische Kommentare oder terroristische Attentate zur Belustigung abstoßend findet, wird hier mit gerunzelter Stirn aus dem Kino marschieren. Hier wird politische Korrektheit über Bord geworden, ebenso wie jeglicher Sinn für guten Geschmack. Wer sich damit arrangieren kann oder es gar unterhaltsam findet, erlebt einen obskur-philosophisches, kleines Hunde-Episodenfilmchen.

Daumen hoch.


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