Review: WESTWORLD - Cowboys & Cyborgs

Erstellt am 19. November 2013 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln



Fakten:
WestworldUSA, 1973. Regie & Buch: Michael Crichton. Mit: Richard Benjamin, Yul Brynner, James Brolin, Norman Bartold, Alan Oppenheimer, Victoria Shaw, Dick Van Patten, Linda Scott, Majel Barrett, Anne Randall u.a. Länge: 89 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:In der nahen Zukunft bietet ein Konzern ein neuartiges Urlaubsvergnügen an. Für 1000 Dollar pro Tag wird den Gästen ein Trip in eine andere Epoche angeboten, in den wilden Westen oder das Mittelalter. Vor authentischen Kulissen erleben sie diese Zeit am eigenen Leib. Der Clou: Die Statisten sind keine Menschen, nur lebensechte Cyborgs, die auch mal im Duell niedergeschossen werden können, alles im Preis inbegriffen. Die Freunde Peter und John wollen sich auch als echte Cowboys fühlen und genießen das Leben als schießwütige Helden. Doch dann treten Fehler bei den programmierten "Darstellern" auf. Aus dem Spaß wird Ernst.
    
Meinung:"Wir haben vor gut zwei Minuten in die Königin Untreue programmiert."

 
Mit seinem Regiedebüt schuf Michael Crichton einen sehr interessanten Science Fiction-Film, bei dem es fast schon an ein Wunder grenzt, dass er bisher noch nicht der Remake-Maschinerie zum Opfer gefallen ist. Bisher, geplant ist es bereits. Potenzial genug wäre da und mit den richtigen Leuten an den entscheidenden Stellen könnte das sogar was werden. Wäre sogar ausnahmsweise kein automatisch schlechtes Vorhaben, denn das was sich an "Westworld" kritisieren lässt, fällt fast ausschließlich in die Kategorie "Zeitbedingt".

Erst wie bei Bonanza...

Die Idee rund um einen Luxus-Erlebnis-Park, in dem sich gutbetuchte Sesselpuper und gelangweilte Möchtegern-Helden sich mal wie echte Männer fühlen dürfen, ist großartig und von Crichton stimmungsvoll umgesetzt. Für einen Debütanten erstaunt er durch eine abgeklärte Inszenierung, die eine gesunde Mischung verschiedener Genres, Humor, Unterhaltung und Spannung bietet. Crichton's ließ sich viele kleine, gut durchdachte Details einfallen, die so manch moderner Genrevertreter schmerzlich vermissen lässt. Allein die Kreuzung von Western, Mittelalter- und Science Fiction-Film ist ungewöhnlich, kreativ und selbst heute noch so unverbraucht, dass "Westworld" nach 40 Jahren noch ein kleines Unikum darstellt. Wie viele Filme können das noch von sich behaupten?

 

...dann wie bei Corbucci.

Einziger, und dabei leider recht deutlicher, Schwachpunkt: Bei einer kompakten Laufzeit von nicht ein mal 90 Minuten lässt sich "Westworld" etwas zu viel Zeit, um den eigentlichen Mainplot zu starten. Bis dahin unterhält der Film zweifellos und wenn das der ausgedehnte Prolog für ein zweistündiges Werk wäre, gar kein Thema. Hier stimmt dann einfach die Verhältnismäßigkeit nicht ganz. Wie schon erwähnt, das kann sicherlich seiner Zeit zugesprochen werden. In den 70ern war so was nicht unüblich, für heutige Sehgewohnheiten ist das etwas dünn. Würde gar nicht so schwer ins Gewicht fallen, wenn da nicht noch so irre viel möglich gewesen wäre. Etwas mehr Zeit, mehr Hauptfiguren, das mit einigen Einfällen versehen, trotzdem so knackig um gut gemacht wie das letzte Drittel hier, da ginge richtig die Post ab. Ein Wehrmutstropfen, denn sonst macht das Teil richtig Laune und hat mit Charakter-Glatze Yul Brynner einen tollen Antagonisten zu bieten. Der Held unzähliger Western geht als 70er Jahre Terminator mit Cowboyhut an den Start und ist somit eine Art Blaupause für eine der wichtigsten Figuren der jüngeren Filmgeschichte. Allein deshalb ist "Westworld" leicht wegweisend, für seine Zeit schon beeindruckend visionär und heute noch wirklich gute Unterhaltung.

 
7 von 10 Cyborg-Outlaws