Review: VIEL LÄRM UM NICHTS – Shakespeare meets Screwball

Erstellt am 14. Dezember 2013 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Fakten:
Viel Lärm um nichts (Much Ado About Nothing)
Großbritannien, USA. 1993. Regie und Buch: Kenneth Branagh. Mit: Kenneth Branagh, Emma Thompson, Denzel Washington, Kate Beckinsale, Sean Robert Leonard, Keanu Reeves, Michael Keaton, Richard Briers, Imelda Staunton, Brian Blessed u.a. Länge: 106 Minuten. FSK: ab 6 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.
Story:
Nach einer siegreichen Schlacht treffen auf dem Gut von Signor Leonato die junge Hero (Kate Beckinsale) und Claudio (Sean Robert Leonard) aufeinander und verlieben sich unsterblich ineinander. Parallel dazu scheinen die kratzbürstige Beatrice (Emma Thompson) und der überzeugte Junggeselle Benedikt (Keneth Branagh) wie für einander geschaffen, doch bei jedem Aufeinandertreffen werfen sie sich verschiedene schnippische Beleidigungen an den Kopf. Doch Don Pedro von Aragon (Denzel Washington), ein guter Freund der Männer, will helfen, dass die Paare zueinanderfinden. Doch keiner hat die Rechnung mit dem zuvor im Kampf besiegten Halbbruder Don Pedros, Don Juan (Keanu Reeves) und das junge Glück droht zu scheitern.


Meinung:
Schon die Eröffnungsszene lässt durchblicken, in welche Richtung sich dieser Film entwickeln wird. Einige junge und ältere Frauen sitzen im frischen Gras und erzählen sich in merkwürdig und gleichzeitig edel klingender Sprache Geschichten, während ein Kurier die Rückkehr der Männer aus einer siegreichen Schlacht ankündigt. Nach einigen bissigen Kommentaren machen sich die Frauen auf, um die Männer zu begrüßen und es herrscht, passend zur sommerlichen Umgebung und den weißen Gewändern aller Beteiligten, eine traumhaft schöne und ausgelassene Stimmung. Anschließend geht es um das Werben und das Geworben werden, um Liebe, um Witz, um Tanz und um die plötzliche Eskalation der Situation, die aus heiterem Himmel geschah. Und so entstand letztlich, wie der Titel schon sagt, viel Lärm um nichts.

Aussgelassene Stimmung, den ganzen Film hindurch

Aber wenn ein Mann wie Kenneth Branagh, fast schon Experte auf dem Gebiet der Shakespeare-Verfilmungen, bei dem Film nicht nur Regie führt, sondern auch das Drehbuch schreibt, mitproduziert und zusätzlich auch noch eine der Rollen übernimmt, dann kann man davon ausgehen, dass er genau weiß, was er hier tut. Branagh rafft das über fünfstündige Theaterstück des großen englischen Schriftstellers zusammen, behält aber die originalen Dialoge bei. Allerdings bringt er ordentlich Tempo in die Inszenierung. Fast schon im Stil einer Screwball-Komödie von Billy Wilder oder eines Howard Hawks heizt er die Szenerie immer weiter an, hält das Tempo hoch und höher und schafft so ein wunderbares Ambiente für den Sprachwitz Shakespeares.

Die Darsteller scheinen allesamt von dieser Grundstimmung des Films befruchtet zu werden. Wie auf einer Theaterbühne gibt es neben den spritzigen Dialogen auch geschliffene Monologe, gerne in einem Take gefilmt und durchaus auch direkt in die Kamera hinein. Und wie auf einer Theaterbühne spielen sie alle herrlich übertrieben. Leute, die mit diesem theatralischen Schauspiel nichts anfangen können, sollten lieber gleich die Finger von diesem Film lassen. Aber man sieht und spürt, wie viel Freude es allen Darstellern macht, sich gehen zu lassen und vor der traumhaft schönen Kulisse in Italien miteinander zu spielen. Vor allem Branagh und seine damalige Gattin Emma Thompson fallen hier besonders positiv auf, wenn sie sich giftige Wortspitzen um die Ohren schlagen. Schön zu sehen, dass Shakespeares Sprache auch heute noch gut funktioniert. Daneben sind Denzel Washington als schneidiger Kuppler und Michael Keaton als verblödeter und schleimiger, naja, so ne Art Polizist ebenfalls wunderbar.

Es ist etwas faul, im Staate.. oh, falscher Text.

Die bereits erwähnte saftig grüne Landschaft, die opulenten Kulissen und die oft ebenso bombastische Musik umgarnen die Themen des Films. Hauptsächlich geht es um die Differenzen und die Beziehungen zwischen Männlein und Weiblein. Dabei werden alltägliche Dinge angesprochen genauso wie Ehre, Stolz und letztlich sogar eine fast schon teuflische Intrige von Badass Keanu Reeves. Eine Rolle, die ihm ausgesprochen gut steht, übrigens. Und dann ist da noch und vor allem die Liebe. Die Liebe, vor allem ihre Irrungen und Wirrungen sind es, die den Film beherrschen, denn es dreht sich im Grunde darum, wie und ob zwei verliebte Paare zusammenkommen. Klar, in diesem Ausmaß, in dieser Übertriebenheit und dann auch noch in Kombination mit Shakespeares Sprache, da kommt man gar nicht umhin, als von Kitsch zu sprechen. Aber Kitsch ist manchmal gut, manchmal sogar richtig toll. Und hier ist der Kitsch einfach nur wunderbar. Weil man ihn glaubt, weil die Darsteller ihre Figuren so wunderbar aufleben lassen, dass es auch beim Zuschauer ankommt.
Schon mit den ersten Minuten schafft es „Viel Lärm um nichts“ eine wunderbar ausgelassene Stimmung zu vermitteln, die uns die Figuren sympathisch macht und uns mittanzen und mitlachen lässt. Und Regisseur Branagh feuert diese Stimmung immer weiter an, lässt sie immer turbulenter, schneller, hitziger und komischer werden, sodass man kaum zu Atem kommt. In Kombination mit den Originaltexten und dem sprachlichen Humor Shakespeares, ein paar dramatischen Situationen und vor allem den wunderbar überdrehten und perfekt harmonierenden Schauspielern kann man dann auch über die phasenweise etwas dünne Story hinwegsehen und einfach einen wundervollen Film genießen.

8 von 10 weiße Gewänder im Wind