Review: THE WORLD'S END - Freundschaft, Bier und ein grandioser Eddie Marsan

Review: THE WORLD'S END - Freundschaft, Bier und ein grandioser Eddie Marsan
Fakten:
The World’s End
GB, 2013. Regie: Edgar Wright. Buch: Simon Pegg, Edgar Wright. Mit: Simon Pegg, Nick Frost, Martin Freeman, Paddy Considine, Eddie Marsan. Rosamund Pike, David Bradley, Thomas Law, Pierce Brosnan, Rafe Spall, Alice Lowe, Reece Shearsmith, Mark Heap u.a. Länge: 109 Minuten. FSK: ab 12 Jahren. Im Kino.


Story:Fünf Freunde. Ein Abend. Zwölf Pubs mit je ein Pint Bier. So lautete der Marathon der Jungen nach ihrem Schulabschluss. Doch sie haben es nicht bis ins letzte Pub „The World’s End“ geschafft. Zwanzig Jahre später soll der Trinkmarathon gelingen. Doch das Erreichen von „The World’s End“ ist auf ihrer Tour nicht die geringste ihrer Sorgen…



Meinung:„The World's End“ beginnt so unfassbar vielversprechend: Edgar Wright löst sich mit löblichen Mut vom parodistischen Duktus seiner gefeierten Vorgänger „Shaun of the Dead“ und „Hot Fuzz“ und flickt dem Abschluss seiner Cornetto-Trilogie eine seriöse, (zwischen-) menschliche Note an. Im Zentrum steht eine fünfköpfige Gruppe bestehend aus ehemaligen Schulfreunde, die sich seit dem Abschluss entfremdet haben und den Schritt in ein standhaftes (=konventionelles) Leben verwirklichten. Sie gingen alle ihrer Wege, gründeten Familien und beugten sich den gesellschaftlichen Konsonanz, bis auf Gary King (Simon Pegg), der sich schon zu Schulzeiten für sein späteres Dasein zum Ziel setze, einfach nur Spaß zu haben – Nur ging die Rechnung nicht auf. Gary hat nichts erreicht und wird seinem Nachnamen nicht im Ansatz gerecht; aber auch wenn Gary ein Loser ist, so ist er auch sympathischer, kindischer Nostalgiker, der die Vergangenheit nicht loslassen kann und das alte Rudel noch einmal auf eine Sauftour einladen möchte, um die verrosteten Beziehungen eventuell wieder zu retten.


Review: THE WORLD'S END - Freundschaft, Bier und ein grandioser Eddie Marsan

Gary und seine Jungs

Das Ziel ist klar: Die „Goldene Meile“ soll endlich bezwungen werden; dass bedeutet 12 Pubs, 12 Bier – bis hin zum Kneipentempel „The World's End“, der anvisierte Schlusspunkt des derben Saufgelages. Vor 20 Jahren scheiterte die Gruppe an diesem Vorhaben, auch wenn in diesem Misserfolg der schönste Moment der Freundschaft der Jugendlichen verankert werden durfte. Aber Menschen verändern sich mit den Jahren, ihre Ansichten konvertieren, ihre Erfahrungen lassen sie reifen und die Verhaltensweisen passen sich dementsprechend dem geistigen, intellektuellen Alter an. Auch hier fällt Gary besonders auf, denn es scheint, als würde er sich standhaft gegen diesen Prozess wehren, um sich den jugendlichen Esprit seiner „glorreichen“ Tage zu bewahren, um nie zum alten Eisen gezählt werden zu müssen. Nur ist es vollkommen natürlich, dass diese innere Uhr in jedem Menschen nach und nach lauter von Kapitel zu Kapitel springt – bis es irgendwann 12 schlägt. All diese Gefühle, die Ängste, der Kampf gegen die Veränderung und das Festhalten an Traditionen reflektieren sich – vorerst – in Gary wieder, was ihn eben genau zu der greifbaren, substanziellen Figur macht, die Wright in „Shaun“ und „Hot Fuzz“ vermieden hat.

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Sie warten gespannt auf das nächste Bier

Wenn dann auch noch der brillante Eddie Marsan für weitere dramatische Referenzen sorgt – und das gerne auch nur durch sein hervorragendes Mienenspiel - dann fühlt sich „The World's End“ so logisch und balanciert an, wie es im Kontext der Trilogie zwar nicht gänzlich konform wirkt, aber für der Abschluss einer liebenswerten Reihe nur richtig sein kann: Man wird eben nicht jünger. Folgt jedoch der schwere Umbruch – und das ist kein Spoiler, der Trailer zeigt diesen in vollem Ausmaß – und schlägt die Geschichte um in sein waschechtes Sci-Fi-Szenario, dann verliert „The World's End“ schlagartig seinen erwachsenen Reiz, auch wenn das Motiv der Freundschaft, wie es die gesamte Cornetto-Trilogie durchzieht, immer weiter aufrecht erhalten wird und einige weitere wirklich ansprechende Szenen zur Fundierung dieser Emotionalität gewährleistet bekommt. Dieser Wechsel, oder besser gesagt, das Einfügen einer neuen Orientierung in das Geschehen erfolgt so ruckartig, dass diese schwerwiegende Einleitung von versierter Narration zu ruckeliger Inszenierung dem Zuschauer symptomatisch dient und vorwarnt.

Wirklich schade, auch wenn der Überlebenskampf immer wieder Tempo aufnehmen kann und seinen Charakteren eben doch die nötige Aufmerksamkeit entspricht, fehlt die Intimität, die „The World's End“ zu Beginn ausstrahlen durfte, weil die Schwerpunkte eben umfunktioniert wurden und nicht mehr ausnahmslos auf das Innenleben der Figuren, sondern auf der selbstreferenziellen Sci-Fi-Auseinandersetzung lastet. Zum Glück aber begehen Wright und Pegg hier nicht den Fehler, sich in Querverweisen und/oder persiflierenden Andeutungen wie Anspielungen zu suhlen; „The World's End“ bleibt weitestgehend eigenständig, allerdings kann ein Mindestmaß an künstlerischer Autarkie nicht davor bewahren, dass der Film die Ausarbeitung der Essenz vom Wert einer Freundschaft in seiner essentiellen Würze zu sehr in den Hintergrund rückt und durch effektuierte Schauwerte austauscht – jedenfalls stückweise. Aber „The World's End“ bleibt ein solider Film, weil die Figuren liebenswert sind und Wrights Humorverständnis unverkennbar.
5 von 10geschmacksverirrten Autoren (Grüße von stu)von souli

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