Review: THE SALVATION - Alte Rache währt am Besten

Erstellt am 6. September 2014 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Fakten:
The Salvation
Dänemark, Groß Britannien, Südafrika. 2014. Regie: Kristian Levring. Buch: Anders Thomas Jensen, Kristian Levring. Mit: Mads Mikkelsen, Eva Green, Jeffrey Dean Morgan, Jonathan Pryce, Mikael Persbrandt, Eric Cantona, Sean Michael, Langley Kirkwood, Robert Hobbs, Alex Arnold, Toke Lars Bjarke u.a. Länge: 100 Minuten. FSK: noch nicht bekannt. Ab 9. Oktober im Kino.

Story:
Amerika in den 1870ern: Der eigentlich friedlich gestimmte Siedler John (Mads Mikkelsen), der in einer korrupten Gemeinschaft lebt, will Rache für die Ermordung seiner Familie nehmen. Er bringt die Täter zur Strecke, doch einer von ihnen war der Bruder des einflussreichen Anführers Delarue (Jeffrey Dean Morgan). Delarue und seine Gang sind nun hinter John her.


Meinung:
Das gibt's ja nicht so oft - einen dänischen Western. ZENTROPA dreht die Wüste dabei vor allem im ergiebigen Südafrika auf, um das Wild-West-Americana wieder auferstehen zu lassen und die verdammte Hitze spürbar zu machen. Und Junge, haben die wirklich Wert darauf gelegt, eine ganz saubere Genre-Affäre zu präsentieren. THE SALVATION gestaltet sich nämlich wie so viele Vertreter seiner Art als fiese Rachegeschichte zwischen Blut, Staub und Blei - Mads Mikkelsen versucht darin als Siedler und ehemaliger, dänischer Söldner Jon endlich seinen Seelenfrieden mit einem guten Stück Land inkl. Frau und Kind in der weiten Prärie des Amerikas um 1870 zu finden. Aber wie der böse Zufall es so will, steigen in ihre Heimfahrt-Kutsche ein paar schmierige, jüngst aus dem Knast entlassene Halunken ein, die pöbeln, saufen und Jon's Gattin Marie (Sängerin und Songwriterin Nanna Øland Fabricius) zwischen die Beine fassen. Wahrhaft unangenehme Zeitgenossen und recht ungemütlich-inszeniert auf den einengenden Pfaden fiesester Rape-&-Revenge-Ausgangslagen wie 'MÄDCHEN IN DEN KRALLEN TEUFLISCHER BESTIEN'.

Mads Mikkelsen, gut abgehangen

Knarren haben die auch noch, um ihre 'Gäste' in Schach zu halten, doch zunächst scheint es so, als ob Jon sie überlisten könnte - doch da schnappt die Falle zu und die Beiden treten ihn in die dunkle Nacht hinaus. Man mag sich kaum vorstellen, was den beiden Verbliebenen passiert, ganz bittere Sache, doch Jon rast ungebremst und wutentbrannt hinterher, kann zwar nur Leichen aufsammeln, aber immerhin seine schnelle Rache ausführen. Doch er bleibt ein gebrochener Mann, begräbt seine Familie in der Erde, die ihre neue Heimat werden sollte und entschließt sich mit seinem Bruder Peter (Mikael Persbrandt), ebenfalls ein ausgelaugter Kriegs-Veteran, alles zu verkaufen und wegzuziehen. Kein schöner Land. Doch so einfach sind sie nicht aus dem Rache-Kreislauf raus, schließlich ist der Bruder von einem der Getöteten niemand Geringeres als Geldeintreiber Delarue (Jeffrey Dean Morgan), ein unbarmherziger Terror-Kerl, der das eingeschüchterte Städtchen Black Creek ausnimmt und mit korrupten Regierungs- bzw. Geschäftsmännern die Öl-Lage des Gebiets als erpresserisches Verhandlungsmittel benutzt, nachdem sie Jahre zuvor die Indianer von dort vertrieben haben.

Come to where the flavour is

Der politische Subtext dabei greift natürlich sehr stark auf den jüngsten Irak-Krieg zurück und was daraus geworden ist, fühlt sich ein bisschen schwerfällig-naiv eingearbeitet an, erdet das Geschehen aber in eine ideologische Nachvollziehbarkeit, die noch immer passend zum Genre und seinen Formalitäten harmonisiert. Schließlich fürchten die Einwohner so sehr die Rache Delarues, der solange Unschuldige umbringen wird, bis man den Täter gefasst hat, dass sie Jon schließlich schnappen und ihm widerstandslos überlassen - Hauptsache die Machtverhältnisse bleiben erhalten, damit sie nicht irgendwann daran zugrunde gehen. Doch bitter bleibt es für sie alle - nicht nur für diejenigen, die ihre Familien an Delarues Willkür verloren haben, sondern auch Sheriff Mallick (Douglas Henshall), der gleichzeitig als Priester der Gemeinde wirkt und sich ebenso seit Langem die titelgebende Erlösung wünscht. Diese christliche Symbolik führt sich sodann fort, als Jon von Delarues Bande an den Armen aufgehängt wird, um in der glühenden Sonne zu vertrocknen und gleichzeitig reichlich Prügel einzustecken - Albert Pyuns CYBORG lässt grüßen.

Mach et Madse

Dort begegnet er auch von Angesicht zu Angesicht der Ehefrau des Mannes, der seine Familie getötet hat: Madeleine (Eva Green), von Delarue stolz die 'Prinzessin' genannt und als Buchführerin seiner ertragreichen Verbrechen tätig. Doch ganz freiwillig ist sie nicht bei der Sache dabei, eher scheint sie nur aus Verpflichtung zu bleiben, nachdem Delarue sie von den Indianern befreit hat, die ihr die Zunge rausschnitten und eine tiefe Narbe am Mund hinterließen - zärtlich ist er aber nicht gerade zu ihr, schließlich ist sie auch nur ein Besitztum des selbstgerechten Machthabers dieses eroberten, ölverschmierten Kaffs. Drum flüchtet sie auch, sobald Jon von Peter im nächtlichen Nebel befreit wird - doch die Flucht ist für beide Parteien vergebens: sie kann den Tod erwarten, während Jon mit ansehen muss, wie sein Bruder von Pferden am Boden entlang geschleift wird. Damit ist das Maß aber endgültig voll und folglich kennt er keine Gnade mehr, endgültig blutige Gerechtigkeit walten zu lassen. Ab dem Zeitpunkt wirkt die 'Erlösung' leider reichlich vorhersehbar und konventionell, zudem mit gefaketen CGI-Flammen ausgestattet, aber immerhin angenehm straight-faced und Genre-gemäß kathartisch. Eine ziemlich naive Angelegenheit im Selbstjustiz-Modus, aber vom Karma her durchaus berechtigt und wie der gesamte Film stilvoll-unexplizit ausgeführt.

Und weils so eine Erinnerung an schönes, klassisches Männerkino ist, bleibt der Ritt in den Horizont mit der Frau unserem Helden ebenso nicht erspart, doch hat man mit der Gewalt dieses Landes und vorallem dem Öl abgeschlossen - die Zukunft heißt hier nicht Amerika, auch wenn man sich vom Filmischen her gerne an die Jahrhunderte-alten Versatzstücke jener Geschichten orientiert hat, aber doch einen guten Einschlag italienischer Trostlosigkeit und demaskierender Härte einbaut, die nicht nur schlicht einen Hauptbösen als Ursache alles Schrecklichen auserwählt, sondern auch das System des normalen Volkes, welches seine Handlungen aus Furcht und auch Respektabilität unterstützt. Gewiss werden dadurch keine neuen Ebenen im Western-Kino eröffnet, stattdessen so ehrfürchtig im Altbewährten aufbereitet, dass die Intensität der Enge vom terrorisierendem Anfang im Verlauf immer mehr abnimmt, bis nur noch ganz gefälliges Publikums-Beruhigen übrig bleibt - aber so, als geradlinige und ruppige, Bullshit-freie Erlöser-Fantasie im staubig-dreckigen Wilden Westen ist THE SALVATION ein recht ordentlicher Reißer fürs Rechtschaffene.

6 von 10 Leichen im Öl

vom Witte