Review: THE COTTAGE – Old MacDonald Had a Farm

Review: THE COTTAGE – Old MacDonald Had a Farm
Fakten:
The Cottage
UK. 2008. Regie und Buch: Paul Andrew Williams. Mit: Andy Serkis, Reece Shearsmith, Jennifer Ellison, Doug Bradley, Dave Legeno, Johnny Harris, Eden Groome, Danny Nussbaum, Eden Watson u.a. Länge: 88 Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Die Gangsterbrüder Peter und Dave haben eine Geisel im Kofferraum und verstecken sich vor der Polizei auf dem Land, in einem scheinbar verlassenen Cottage. Doch so verlassen ist es nicht. Für die Brüder und ihre Geisel beginnt rasch ein Kampf ums Überleben.


Meinung:
Man würde sich vermutlich nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen, würde man das Horrorgenre aus motivischer wie stilistischer Perspektive als 'ausgeschöpft' erklären: Die Protagonisten jeweiliger Vehikel bekamen es nicht nur mit den klassischen Schreckensgespenstern zu tun, die vom Untoten bis zum Meuchelmörder alles inbegriffen, sondern auch schon mit einem zur Telekinese befähigten Reifen (siehe „Rubber“ von Quentin Dupieux) oder der eigenen Hand, wie sie Devon Sawa in „Die Killerhand“ einige Sorgen bereitete. Die Kunst also ist es, wenn schon alles Originäre verloren geglaubt scheint, Altbekanntes originell aufzubereiten, ohne die inhärente Recycling-Duftmarke zu penetrant durch den Raum säuseln zu lassen. Die britische Genre-Produktion „The Cottage“ von Paul Andrew Williams (der u.a. das Buch zum Film „The Children“ verfasste) veranschaulicht diese mehrwertige Maßnahme ziemlich gut: Eigentlich abgegriffene Elemente des Horror- respektive Slasher-Films werden durch eine gehörige Portion schwarzen Humor erfrischend aufgemischt.

Review: THE COTTAGE – Old MacDonald Had a Farm

So ein Cottage hat einen eigenwilligen Einrichtungsstil

„The Cottage“ hat gewiss nicht das Zeug zum Klassiker, dafür fehlt ihm ein Stück weit der schöpferische Gedanke, die innere Eingebung, der Filmgeschichte den persönlichen Stempel aufzudrücken und das eigene Genre als Initiator einer neuen Zeitreichnung zu revolutionieren. Paul Andrew Williams (der auch das Drehbuch schrieb) hingegen hat sich viel mehr auf die Agenda geschrieben, eine 90-minütige Spaßgranate zu zünden, die zwei Sparten symbiotisch verbindet: Die Gangster-Komödie (very british) und den deftige Slasher (nicht nur die Gorehounds werden sicher hin und wieder applaudieren und schallend Lachen). Zuerst einmal werden wir mit dem ungleichen Geschwisterpaar David und Peter in ein abgelegenes Häuschen im englischen Nirgendwo geparkt, nachdem sich die Entführung von Tracey nach und nach zum echten Desaster formiert und die charakteristischen Diskrepanzen süffisant in komödiantischer Tonalität ausschöpft. David, der von einem sehr gut aufgelegten, durchweg genervten Andy Serkis verkörpert wird, sieht seine Fälle (jede Menge Moneten!) langsam davonschwimmen und muss sich dazu noch die trotteligen Kommentare seines Bruders (amüsant gespielt von Reece Shearsmith) anhören.

Review: THE COTTAGE – Old MacDonald Had a Farm

Entführer und Geisel müssen zusammen arbeiten

Die Reibereien sorgen für reichlich Pläsier, vom bedeckten Schmunzeln bis zum brüllenden Lachflash ist alles dabei, nicht zuletzt deswegen, weil Serkis und Shearsmith, der übrigens auch noch an einer heftigen Mottenphobie leidet, wunderbar harmonieren und sich die Bälle exzellent zuspielen. Wenn die Beiden ihren Unterschlupf verlassen haben (später gesellen sich jenes Entführungsopfer Tracey und ihr unterbelichteter Stiefbruder Arnie dazu) und einen alten Bauernhof aussuchen, wird „The Cottage“ zu Paul Andrew Williams' ganz persönlicher Interpretation von Robert Rodriquez' und Quentin Tarantinos Splatter-Kult „From Dusk Till Dawn“ (1996). Ein irrer und (natürlich!) entstellter Farmer nämlich treibt dort sein Unwesen und lässt die Brüder samt Anhang Zeuge davon werden, was es bedeutet, einem echten Blutrausch verfallen zu sein. Dass der Tonfall weiterhin immer so herrlich augenzwinkernd, ganz und gar britisch bleibt, ist der Aspekt, der „The Cottage“ über Wasser hält und nicht ins Sammelbecken ewiger Epigonen stürzen lässt. Williams besitzt ein ungeheures Gefühl für Timing, nimmt dann Tempo raus, wenn der Zuschauer verschnaufen muss und geht im nächsten Augenblick wieder in die Vollen.

„The Cottage“ macht in seinem Kosmos daher auch verdammt viel richtig, zeigt eine ausgeprägte Genreaffinität, die keine Scheu vor extremer wie zynischer Brutalität offenbart. Dass der Film allerdings nicht für sich stehen wird, lässt ihn Teil des Fluches seines Sujets werden, denn, egal was man sieht, kennen scheint man alles so oder so ähnlich doch schon. Dafür macht „The Cottage“ zweifelsohne viel Freude, ist sich seiner Grenzen bewusst, schöpft dieser aber mal mit Leidenschaft aus und bewegt sich ganz weit über dem verwässerten Mittelpunkt: Ein spritziges (ja, zweideutig gemeint, gut aufgepasst) Kleinod.

6,5 von 10 Überraschungen im Keller

von souli

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