Review: THE CONGRESS - Der schöne Kern der Selbst-Perversion

Erstellt am 5. Juni 2014 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Fakten:
The Congress
Israel, Frankreich. 2013. Regie und Buch: Ari Folman. Mit: Robin Wright, Paul Giamatti, Danny Huston, Harvey Keitel, Kodi Smit-McPhee, Sami Gayle, Jon Hamm u.a. Länge: 122 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 13. Juni 2014 auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Das Showgeschäft ist gnadenlos – zumindest für Frauen. Robin Wright sieht sich mit einem Schicksal konfrontiert, das vor ihr schon Generationen von Schauspielerinnen teilen mussten: Mit zunehmenden Alter wird das Rollenrepertoire immer eingeschränkter, immer seltener gibt es passende Filmangebote, denn wer will schon Frauen fortgeschrittenen Alters in Hollywood sehen? Dazu kommt noch, dass sie in der Vergangenheit viele Rollen kurzfristig absagte, stets die Krankheit ihres Sohnes Aaron vorschützend. Über ihren Agenten Al erhält sie ein letztes lukratives Angebot, das so oder so das endgültige Ende ihrer Schauspielkarriere bedeutet: Der Studio-Verantwortliche von Miramount, Jeff Green, bietet ihr eine stattliche Summe, um im Gegenzug einen vollständigen Scan ihres Körpers und Geistes durchzuführen, auf dessen Grundlage eine digitale Kopie Robins erzeugt würde. Es ist die Zukunft des Kinos und Robins Ende ihres Schauspieler-Ichs. Sie lässt sich auf den Deal ein – mit unvorhersehbaren Folgen für das Leben, das sie bisher ihr Eigenes hieß…


Meinung:
Ari Folman's Passionsprojekt und Nachfolger zu WALTZ WITH BASHIR verfällt nur fast den Verführungen des "größeren Budgets" und "mehr kreativer Freiheit", die schon so vielen anderen "One-Hit-Wondern" und deren Zweitarbeiten zuviel Pump und wenig Substanz gaben (jüngstes Beispiel: Neill Blomkamp's ELYSIUM). 
 

Wahrheit? Illusion? Drogentrip? Traum? Oder doch nur ein Film Folman?

Auch wenn er hier für sich erstmals Realszenen mit Animationssequenzen vermengt und sein Charakteruniversum recht üppig ausstattet, bleibt der Kern, das Herz der Erzählung im Vordergrund, auch wenn das leicht zerfahren-experimentelle Animationssegment etwas gewöhnungsbedürftig ständig neue Elemente einwirft - für den emotional packenden Payoff im letzten Akt des Films hat es sich dann doch alles gelohnt. Zudem liefert er wie zuletzt HOLY MOTORS (nur eben weit indiskreter, mit einigen allzu aufdringlichen Insider-Gags) eine recht pessimistische Beobachtung und Aussicht zur Lage des Kinos und des Lebens an sich, anhand des zynischen Schönheitswahns und Realitäts-verdrängenden Egomanien, dessen Opfer Protagonistin Robin Wright mit zunehmendem Alter wird. Viel wichtiger im Fokus des Films steht allerdings ihre Liebe zu ihrem Sohn Aaron, dem statt der Schönheit die Sinne schwinden und für den sie alle Perversitäten der spaßgesellschaftlichen Dystopie auf sich nimmt, um seine Persönlichkeit aufscheinen zu lassen - in einer jahrzehntelangen Odyssee, in der sie sich aus der halluzinogenen Cartoon-Welt auf der Suche nach ihm in die reale Tristesse zurückbegeben muss/will.
Eigensinnig, innerlich feinfühlig und von außen hin total verkünstelt. Folman wirft alles, was er für diese Stanislaw-Lem-Adaption zu bieten hat, auf die Leinwand und Gottseidank bleibt genug kleben, um dem Zuschauer am Ende eine wohlig-melodramatisch-charakterstarke Katharsis zu verpassen, trotz einigen ablenkenden Mindfuck-Abstechern. Im Endeffekt doch richtig schön.

8 von 10 Promi-Cameos

vom Witte