Review: THE CHASER - Gefangen im abgründigen Moloch von Seoul

Review: THE CHASER - Gefangen im abgründigen Moloch von Seoul
Fakten:
The Chaser (Chugyeogja)
Süd-Korea. 2008. Regie: Na Hong-jin. Buch: Na Hong jin, Hong Won-chan, Lee Shin-ho. Mit: Kim Yoon-seok, Ha Jeong-woo, Seo Yeong-hee, Kon Bon-woong, Kim Yu-jeong, Jeong In-gi, Park Hyo-ju, Choi Jeong-woo, Min Kyeong-jin. Länge: 123 Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD erhältlich.

Story:
Das Zuhälter Joong-ho mal Polizist war, ist kaum zu glauben, dafür führt er sein Unternehmen mit zu harter Hand. Als zwei seiner Mädchen spurlos verschwunden sind, geht Joong-ho davon aus, dass ein Freier sich diese geschnappt und weiterverkauft hat. Er geht der Sache nach und kommt so einem Serienkiller auf die Schliche, der bereits ein Dutzend Frauen brutal ermordet hat. Es gelingt Joong-ho den Psychopathen zu fassen, doch dies ist erst der Anfang eines perfiden Wettlaufs gegen die Zeit.


Meinung:
In Na Hong-jins "The Chaser" scheint das Leben in Südkoreas 10 Millionen Metropole Seoul für alle Bewohner ein nihilistischer Marsch durch den zermürbenden Dauerregen zu sein; ein abartiger Sündenpfuhl, in dem die Polizei an ihrer eigenen Unfähigkeit versagt und das pulsierende Klima der Hauptstadt einzig durch das unvermeidliche Verbrechen bestimmt wird. Hier gibt es keine echte Freude, nur verlogene Masken; keine zwischenmenschliche Innigkeit oder unbekümmerte Sorglosigkeit, nur Kälte und Abstumpfung. Das Herz der Stadt ist längst von unausweichlicher Düsternis intoxikiert worden und alle Einwohner fallen dem schwarzen Dunst der immer bleibenden Nacht langsam zum Opfer. Mitten in diesem verruchten Moloch fristet der ehemalige Polizist Joong-ho-Eom nun sein Dasein als Zuhälter, während ihm die Frauen langsam verloren gehen und die blutverschmierte Spur zum bestialischen Serienmörder Young-min Jee führt.

Review: THE CHASER - Gefangen im abgründigen Moloch von Seoul

Das wird eine lange Nacht für Joong-ho

Wer nun einen konventionellen Cop-vs-Killer-Thriller erwartet, der täuscht sich durchaus, denn »The Chaser« weiß durch die Konstruktion seiner Charakter durchgehend zu gefallen: Während der misanthropische und profitgierige Joong-ho-Eom durch den Verlust seiner Prostituierten den Weg zurück zu vergessen Emotionen findet, ist sein Gegenüber Young-min Jee kein überlegender Antagonist, der jeden seiner Schritte penibel plant und der Polizei so immer einen Schritt voraus ist. Ganz im Gegenteil: Er gibt seine Taten mit hämischen Grinsen offen zu, agiert vollkommen unkontrolliert wie fehlerhaft und ist seinem Drang zu Töten vollständig ausgeliefert. Dabei ist der Knackpunkt der Handlung, dass der Zuschauer bereits nach wenigen Minuten erfährt, wer hier wirklich Täter ist, der Film seine Spannung allerdings aus der Suche nach seinen Opfern zieht, obgleich der Zuschauer hier ebenfalls weiß, wo der Psychopath die Frauen verscharrt hat - "The Chaser" mischt Suspense-Elemente mit knallhartem Psycho-Thriller und evoziert eine Atmosphäre, die beinahe durchgehend ohne Lücken auskommt.

Na Hong-jin gewährt seinen Figuren genügend Zeit, um mit neuen Facetten aufzuwarten, während sich die Anspannung der Situation kontinuierlich verdichtet und der Zuschauer, wie auch die Beteiligten, nur auf die eruptive Detonation warten. Wenn sich die Polizei dann aber als untauglich erweist und einem Massenmörder, der alle seine Taten detailliert schildert, nie mit der richtigen Aufmerksamkeit entgegen tritt, dann ist die Kritik am südkoreanischen Polizeiapparat und dem bürokratischen Unvermögen im korrupten Brennpunkt der systematischen Hierarchie in ihrer ganzen Schärfe greifbar. Obgleich die Humorspitzen in der Inszenierung nie außer Acht gelassen werden, wird die verzogene Abgründigkeit der Moderne nie aus dem Gedächtnis verdrängt. Na Hong-jin spielt gelegentlich mit den Erwartungen des Zuschauers, schlägt neue Wege ein und verdeutlicht dadurch nur das qualvolle Elend der Lage. Joong-ho-Eom darf ein stückweit zu sich selbst finden, doch verändern wird er sich nicht und immer in seiner peinigenden Existenz gefangen sein. Der Realismus ist unverkennbar, Erlösung bleibt ein bloßer Wunschtraum und das Leid zieht bis tief in die Knochen. Eine Welt voller Verlierer.

8 von 10 mysteriösen Zeichnungen

von Souli


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