Review: THE CAPTIVE - SPURLOS VERSCHWUNDEN - Atom Egoyan versagt als Thriller-Regisseur

Erstellt am 26. Januar 2015 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Fakten:
The Captive – Spurlos verschwunden (Queen of the Night)
USA, Kanada. 2014. Regie und Buch: Atom Egoyan.
Mit: Ryan Reynolds, Mireille Enos, Kevin Durand, Rosario Dawson, Scott Speedman, Alexia Fast, Bruce Greenwood, Aaron Poole, Payton Kennedy, Ian Matthews, Christine Horne, William MacDonald u.a. Länge: 112 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Ab 27. Januar auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Er war nur kurz im Laden, doch als er wieder zu Auto kommt ist seine kleine Tochter weg. Für Vater Matthew bricht eine Welt zusammen, genau wie für seine Frau, die ihrem Mann die Schuld für das Verschwinden gibt. Die Polizei sucht vergeblich nach dem Kind, glaubt sogar das Matthew etwas damit zu tun hat. Doch die Wahrheit sieht anders aus und noch viel schlimmer als erwartet.


Meinung:
Der kanadische Regisseur Atom Egoyan hat Filme gemacht wie „Das süße Jenseits“, „Wahre Lügen“, „Felicia, mein Engel“ oder „Exotica“. Die Behauptung, dass Egoyan ein durchaus beachtliches Schaffenswerk vorzuweisen hat, ist also quasi unbestreitbar. Doch was er nun mit dem Thriller „The Captive – Spurlos verschwunden“ abliefert, lässt leider nicht darauf schließen, dass er einst gute Filme und kleine Meisterwerke schuf. Der Thriller mit Ryan Reynolds („Safe House“) und Mireille Enos („The Killing“) weckt sogar eher den Eindruck eines ziemlich verkorksten Regiedebüts, denn hier will einfach nichts so richtig funktionieren.

Hat Matthew seine Tochter gefunden?

Zunächst einmal die größte Verfehlung von „The Captive – Spurlos verschwunden“: das überaus düstere wie ernste Thema verfehlt jede Art von emotionalen Berührungspunkten. Dass der dandyhafte Psychopath Mika (Kevin Durand, „Ich bin Nummer Vier“) die Tochter von Matthew (Reynolds) gefangen hält, lässt einen ähnliche kalt wie die verschneite Bergwelt, in der sich das Thriller-Drama gemütlich und faul an der Thematik des Kindesentführung ergötzt und dabei immer spastisch zwischen versteifter Seriosität und fast schon epileptischem Genre-Überspitzungen umher irrt, ohne dabei aber jemals einen Punkt zu finden, um eine feste inszenatorische Linie zu ziehen. Kurz: „The Captive – Spurlos verschwunden“ springt zwischen zu vielen Stilen umher und keiner davon weiß zu überzeugen. Als wäre das nicht schlimm genug dichtet Egoyan seinem Film auch noch Figuren an, die aus dem Kuriositätenkabinett stammen zumindest im Kontext mit der doch sehr ernsten wie tragisch-bitteren Thematik. Der bereits erwähnte Mika wirkt eher wie die Parodie eines Pädophilen und wenn Polizistin Nicole (Rosario Dawson, „Sin City“), eine Frau die ähnlich wie ihre Darstellerin in ihren 30ern ist, als Lockvogel eine Teenagerin in einem Diner spielen muss, ist das ertragbare Maß an Akzeptanz erreicht. Dass Atom Egoyan es dazu nie wirklich gelingt, dass man mit der trauernden Mutter des entführten Mädchens sowie dem verzweifelten Vater mitfühlt ist eine weitere Schwachstelle. Allgemein ist der Film durchzogen mit einschläfernder Redundanz.

„The Captive – Spurlos verschwunden“ sieht hübsch aus. Überall die karge Welt aus massiven Stein und Schnee und als Kontrastpunkt schick eingerichtete Häuser, in dem entweder die Wahrheit verschwiegen oder versteckt wird. Doch mehr als diese Fingerübung bringt Atom Egoyan mit seinem Thriller-Drama nicht zu Stande. Trotz der emotional aufgeladenen Handlung wirkt alles viel zu weit entfernt, weil die Figuren letztlich nicht mehr sind als verhunzte Charaktermodelle. Es bleibt zu hoffen, dass „The Captive – Spurlos verschwunden“ irgendwann aus Atom Egoyans Filmographie verschwindet, am besten spurlos.

2 von 10 hohen Singstimmen