Steven Spielberg und kleine Kinder in Welten voller Wunder. Das ist bisher doch immer ein Erfolgsrezept gewesen. Bereits 1982 freundete sich der kleine Elliot mit dem außerirdischen E. T. an, flog mit ihm im Fahrrad vor dem Mond her und stellt damit sogar das Symbol von Spielbergs Produktionsfirma Amblin Entertainment. In „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ bekommt Indy nicht ohne Grund den kleinen aufmüpfigen Shorty zur Seite gestellt, während Spielberg für „Das Reich der Sonne“ mit einem damals 13 Jahre jungen Christian Bale in der Hauptrolle arbeitete. „A. I. – Künstliche Intelligenz“ entführt ein Kind in eine technologisch überentwickelte Zukunft, „Jurassic Park“ schickt Kids zurück in die prähistorische Vergangenheit und „Hook“ zeigt uns das Kind im Manne, das niemals verloren gehen soll.
Eigentlich ist es durchaus verwunderlich, dass sich Steven Spielberg nicht schon viel früher dem Kinderbuchautoren Roald Dahl angenommen hat, dessen Geschichten ebenso regelmäßig verfilmt werden, wie Spielberg auf Kind-im-Wunderland Thematiken zurückgreift. Und so ist auch „The BFG“ gänzlich im Spielbergischen Stile eine Geschichte um ein junges Mädchen namens Sophie – zuckersüß von Ruby Barnhill in ihrer ersten Kinorolle gespielt – die auf den Big Friendly Giant trifft, der anders als seine Artgenossen nicht viel davon hält, Kinder zu verspeisen. Viel mehr ist dieser BFG daran interessiert, Träume einzufangen, die wie kleine bunte Irrlichter durch eine Traumwelt schwirren, die durch einen Sprung in einen gigantischen Teich erreicht werden kann. Natürlich wird Sophie von ihrem neu gefundenen Freund mit in diese wundervolle Welt genommen, wo es allerhand für sie zu entdecken gibt.
Keine Märchenatmosphäre in „The BFG“
So schön das klingt, fehlt es „The BFG“ an allerhand dieser Momente, die eigentlich Spielberg-typisch sind. Das Eintauchen in diese Traumwelt mag noch ein kleines „Aw“ erzeugen, darüber hinaus fehlt es dem Märchenfilm aber an dieser gewissen Atmosphäre, die ins Staunen versetzen kann. Die Inszenierung unterkühlt zu nennen, ginge einen Schritt zu weit, aber weder die Bilder noch die Freundschaft zwischen Sophie und dem Giganten können das Herz erwärmen.
An den Darstellern liegt das aber nicht. Ruby Barnhill spielt mit ihren 12 jungen Jahren hervorragend gegen all die CGI an. Es ist immer wieder beeindruckend, wie solche Jungdarsteller mit dem Spiel gegen das Nichts zurecht kommen – allen voran natürlich Neel Sethi, der erst vor kurzer Zeit in „The Jungle Book“ komplett ins Grüne getaucht wurde. Es ist leider eher der gestandene und für Spielberg neu gefundene Lieblingsschauspieler Mark Rylance, dem die viele CGI schadet. Er verkörpert dem Giganten, komplett aus dem Computer entstanden, leiht ihm seine Körpersprache, Mimik, seine Stimme, was allerdings allzu oft aus dem Film herauszieht.
Ruby Barnhill und Mark Rylance als CGI-Riese in „BFG – Big Friendly Giant“Mark Rylance in „The BFG“
Der CGI-Mark Rylance funktioniert immer dann, wenn das Bild nur Teile seines Körpers zeigt. Hier mal eine Hand, dessen Oberfläche mit kleinen Härchen versehen ist. Dann eine Nahaufnahme ins Gesicht, das Haare, Falten, Grübchen, allesamt zu bieten hat. Der Film scheitert allerdings an den Ganzkörper-Aufnahmen, als auch an den Interaktionen mit der kleinen Sophie. Immer dann sieht der BFG künstlich aus und reißt uns aus diesem CGI-Traum, indem er uns ungewollt die Künstlichkeit dieser Figur vor Augen führt. Beides hat allerdings denselben Effekt. Entweder wir wundern uns über die Qualität der CGI-Effekte oder es stört uns, wenn sie einmal nicht echt genug wirken. Immer zieht es uns aus der Handlung in die reale Welt zurück, in der wir über das Gesehene nachdenken müssen, ohne uns in die Filmwelt vertiefen zu können.
Mit „The BFG“ muss man sich außerdem bewusst machen, dass man hier einen Steven Spielberg Film mit Furzwitzen schaut. Natürlich orientiert sich auch ein Spielberg in diesem Falle nur an der entsprechenden Kinderbuchvorlage, aber irgendwo ist es einfach kein Spielberg mehr, wenn grüne Dampfwolken mit enormen Pupsgeräuschen aus allerhand Hinterteilen strömen – von der kleinen Sophie, über den Big Friendly Giants, bis hin zur Queen von England. Hier darf sich niemand zu Schade sein, eine grüne, unangenehm duftende Dunstwolke aus dem Popo zu schießen.
Die Kinder werden allerdings ihren Spaß haben. Hier muss man „The BFG“ als das sehen, was es nun einmal ist. Ein Kinderfilm von vorne bis hinten ohne auch nur ein Element, dass den Erwachsenen Spaß bereiten könnte. Es ist im positiven Sinne äußerst schlichte Unterhaltung, bei dem der Anspruch auf ein absolutes Minimum reduziert worden ist. Je mehr man sich vom Alter eines Zehnjährigen nach oben entfernt, desto weniger ist „The BFG“ vermutlich als unterhaltsam zu bezeichnen.
Dafür gibt es dann den zögerlichen Daumen in die Höhe.