Review: THE BAY - Öko-Horror vom "Rain Man"-Regisseur

Erstellt am 19. Juli 2013 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Fakten:
The Bay
USA. 2012. Regie: Barry Levinson. Buch: Michael Wallach, Barry Levinson. Mit: Keither Donahue, Frank Deal, Nansi Aluka, Christopher Denham, Kristen Connolly, Will Rogers, Murat Erdan u.a. Länge: 85 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
An einem wunderschönen Sommertag im Jahre 2009 geschehen merkwürdige Dinge in Claridge, Maryland. Wie aus dem Nichts befällt eine Art Parasit viele Einwohner der kleinen Küstenstadt. An Hand von Archivaufnahmen, Amateurbildern und TV-Berichten wird der Zuschauer Zeuge, was an diesem schrecklichen Tag wirklich geschah.


Meinung:
Regisseur Barry Levinson, bekannt für klassische Filmstoffe wie „Rain Man“ oder „Sleepers“ ist nicht gerade der Mann, von dem der geneigte Zuschauer einen Film im Found-Footage-Format erwartet. Nach vielen Jahren, in dem er scheinbar in der Development-Hell diverser Projekte feststeckte kehrt er nun mit „The Bay“ zurück, einem Horrorfilm, für den er statt wie sonst mit großen Stars mit unbekannten Schauspielerin vor der Kamera und den erfolgsverwöhnten Machern von „Paranormal Activity“ hinter der Kamera zusammenarbeitete. Levinson, ein Regisseur alter Schule, oscarprämiert und lange Zeit erfolgsverwöhnt, versucht sich nun also an einem Horror-Subgenre, welches im Grunde für eine moderne, kosteneffiziente Art steht Filme zu machen. Eine Art die aktuell einer der Film-Hypes schlechthin ist, ihren Zenit mittlerweile aber krampfhaft festhält, um ihn nicht zu überschreiten. Kann jemand wie Levinson mit seinem „The Bay“ noch etwas bieten?

Wenn es doch nur ein Sonnenstich wäre...

Ja, das kann er, wenn auch nicht in dem Umfang, um seinen Horrorfilm als durchweg gelungen zu bezeichnen. Allerdings ist „The Bay“ durchaus in der Lage mulmige Augenblicke zu generieren. Dadurch dass Levinson bei seiner Inszenierung nicht nur auf typische Aufnahmen mit Amateurkameras zurückgreift, sondern auch auf angeblich echtes Material eines TV-Senders und von Polizeikameras zurückgreift, besitzt sein „The Bay“ mehr als die schnell verblassende Faszination wackelnder Bilder, sondern kann somit durchaus ein recht authentisches Flair erzeugen, welches die gezeigte Bedrohung sowie deren drastische Ausmaße in deren Wirkung unterstützt. Levinson und sein Autor Michael Wallach denken sogar an so etwas wie eine Identifikationsfigur. Journalistin Donna (Keither Donahue) darf rudimentär durch die Ereignisse führen. Entweder als Off-Sprecherin oder als direkte Betroffene. Dennoch fixiert sich „The Bay“ nicht zu statisch auf ihre Person und präsentiert fast dutzende Schicksale. Problem hierbei ist, das Donna als Überlebende des Vorfalls ihr Wissen vom Verbleib der einzelnen Personen ohne Umschweife mit dem Publikum teilt. Das kappt einen großen Teil der simplen aber effektiven Spannungsschraube, die sich alleine durch die Frage „Wer wird überleben?“ in Bewegung setzt. Bei „The Bay“ steht sie jedoch zu oft still und verweilt auf einem stetigen Level. Die gegen Ende fast schon inflationär genutzten Jump Scares und Ekelszenen können dies nicht richtig kompensieren, vor allem auch deswegen, weil Levinson auf den typischen Budenzauber setzt und dabei weder etwas wagt, noch Neues generiert.

Welch zauberhafte Idylle. Wie lange das hält?

Es gibt bei „The Bay“ durchaus Anzeichen dafür, dass hier ein Mann wie Levinson am Steuerruder saß und kein junger Filmemacher, denn „The Bay“ impliziert hinter all dem Horror eine ökologische Botschaft. Das wahre Monstrum, welches hier auf Opferfang geht ist die Umweltverschmutzung. Ohne Wenn und Aber werden die Ereignisse des Films als Ergebnis von öko-feindlichen Kapitalismus dargestellt. Wirklich clever ist das nicht, im einseitigen Found-Footage-Pool aus dämonischer Besessenheit und anderem Teufelszeug bietet es aber zumindest eine einigermaßen anspruchsvolle Abwechslung. Nicht nur wegen seiner kritischen Aussage, sondern auch weil Levinson nicht erst bis zum letzten Drittel wartet, um Horror und Chaos die Normalität überrennen zu lassen, wirkt sein Genre-Beitrag etwas befriedigender und wirksamer als andere Vertreter. Ja, im Gegensatz zum völlig repetitiven „Paranormal Activity 4“ ist „The Bay“ fast schon erfrischend anders. In seinen richtig guten Momenten erinnert er sogar an Eli Roths Debüt „Cabin Fever“, auch wenn dieser durch seine klare Erzählform und die Fixierung auf eine Personengruppe weit aus packender war.

„The Bay“ ist trotz seines anderen Grundtons auch nicht mehr als ein weiterer Vertreter der aktuellen Found-Footage-Welle. Nimmersatte Genre-Fans sollten damit zufrieden sein, alleine schon deshalb weil die zunächst unsichtbare Bedrohung diesmal keinen allzu realitätsfremden Kern hat. Hoffentlich findet Barry Levinson aber noch einmal einen Stoff, der zu ihm passt. Als Finger- und Umgangsübung mit einer neuen Art des Filmens kann sich sein „The Bay“ ja sehen lassen. Dennoch ist er nicht mehr als einer von vielen und auch wenn Levinson vielleicht nie ein Regisseur mit dem künstlerischen Ausmaß eines Scorsese war, so wäre es dennoch mehr als bedauerlich, wenn seine Karriere einen Film wie „The Bay“ als Schlusspunkt hätte.

4,5 von 10 Skype-Konferenzen